Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
hierhergeflogen ist«, sagte Brophy. »Sie muss die Zeitung am Flughafen gekauft haben.«
    Queenan richtete sich auf. »Werfen wir mal einen Blick in den Kofferraum«, sagte er. Er ging um den Wagen herum zum Heck, wischte den Schnee weg und drückte den Knopf an der Fernbedienung, um die Zentralverriegelung zu lösen. Alle scharten sich um ihn, um zuzusehen, und Jane bemerkte, wie Queenan einen Moment zögerte, ehe er die behandschuhte Hand ausstreckte, um den Kofferraum zu öffnen. Wahrscheinlich schoss ihnen allen in diesem Augenblick der gleiche Gedanke durch den Kopf. Eine vermisste Frau. Ein verlassenes Fahrzeug. Zu viele unerfreuliche Überraschungen hatte es bei solchen Gelegenheiten schon gegeben, zu viele grausige Funde, eingerollt in einem Kofferraum wie ein Embryo in einer Gebärmutter aus Stahl. Bei diesen winterlichen Temperaturen würden sich keine verräterischen Gerüche bilden, die Passanten auf das grässliche Geheimnis aufmerksam machen könnten. Als Queenan den Deckel anhob, merkte Jane, wie sie unwillkürlich den Atem anhielt. Sie starrte in den offenen Kofferraum.
    »Leer und blitzsauber«, konstatierte Queenan, und sie hörte die Erleichterung in seiner Stimme. Er sah Gabriel an. »Wir haben also einen Mietwagen, der augenscheinlich in tadellosem Zustand ist, und kein Gepäck. Wo immer Ihre Bekannte hingegangen ist, sie hat ihre Sachen mitgenommen. Hört sich nach einem geplanten Ausflug an, wenn Sie mich fragen.«
    »Aber wo ist sie dann?«, fragte Jane. »Warum geht sie nicht an ihr Handy?«
    Queenan sah sie an, als wäre sie nur eine lästige Ablenkung. »Ich kenne Ihre Bekannte nicht. Sie sind vielleicht eher als ich in der Lage, diese Frage zu beantworten.«
    »Wann können wir den Wagen wiederhaben?«, meldete sich die Hertz-Mitarbeiterin zu Wort. »Er gehört schließlich zu unserer Flotte.«
    »Wir müssen ihn noch eine Weile behalten«, antwortete Queenan.
    »Wie lange?«
    »So lange, bis wir sicher wissen, ob tatsächlich ein Verbrechen begangen wurde. Im Moment bin ich mir da nicht sicher.«
    »Und wie erklären Sie sich dann ihr Verschwinden?«, fragte Jane.
    Wieder war da dieses Flackern in seinen Augen, als er sie ansah. »Wie ich schon sagte, ich bin mir nicht sicher. Ich bemühe mich, unvoreingenommen an die Sache heranzugehen, Ma ’ am. Wie wär ’ s, wenn wir das alle versuchen würden?«
    »Ich kann nicht wirklich behaupten, dass ich mich an diese Frau erinnere«, sagte Michelle, die an der Rezeption des Mountain Lodge arbeitete. »Aber wir hatten schließlich letzte Woche zweihundert Ärztinnen und Ärzte hier, zum Teil mit Familie. Da kann ich unmöglich jeden einzelnen Gast im Kopf behalten.«
    Sie hatten sich im Büro des Hoteldirektors versammelt, das kaum groß genug für sie alle war. Der Direktor stand an der Tür und verfolgte mit verschränkten Armen die Befragung. Es war seine Anwesenheit, die Michelle nervös zu machen schien, viel mehr als die Fragen selbst, und immer wieder wanderte ihr Blick zu ihrem Chef, als fürchtete sie, ihre Antworten könnten ihm missfallen.
    »Dann erkennen Sie sie also nicht auf dem Bild?«, fragte Queenan und tippte auf das offizielle Foto, das Jane von der Website des Rechtsmedizinischen Instituts ausgedruckt hatte. Es war das Porträt einer ernsthaften Akademikerin. Maura blickte unverwandt in die Kamera, die Miene neutral, keine Andeutung eines Lächelns auf den Lippen – durchaus passend zur Art ihrer Tätigkeit. Angesichts des Umstands, dass ihre Arbeit darin bestand, Leichen aufzuschneiden, hätte ein breites Grinsen auch eher verstörend gewirkt.
    Michelle betrachtete das Foto noch einmal mit demonstrativer Sorgfalt. Sie war jung, vielleicht Mitte zwanzig, und bei so vielen Zuschauern wäre es jedem schwergefallen, sich zu konzentrieren. Zumal, wenn einer der Zuschauer der eigene Chef war.
    Jane wandte sich an den Direktor. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, hinauszugehen?«
    »Das hier ist mein Büro.«
    »Wir müssen es nur kurz in Beschlag nehmen.«
    »Da diese Angelegenheit mein Hotel betrifft, bin ich der Meinung, dass ich über alles informiert sein sollte.« Er sah seine Angestellte an. »Erinnern Sie sich an sie oder nicht, Michelle?«
    Die junge Frau zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich kann es nicht sicher sagen. Gibt es keine anderen Fotos?«
    Es war eine Weile still, dann sagte Brophy leise: »Ich habe eins.« Er zog das Foto aus der Innentasche seiner Jacke. Es war ein Schnappschuss von Maura; sie saß an

Weitere Kostenlose Bücher