Totengrund
zur Aufgabe, zu wissen, wenn sie in der Stadt auftauchen.«
»Vielleicht sollten Sie sich zur Abwechslung auf Ihre eigenen Aufgaben konzentrieren und diese Leute in Ruhe lassen.«
Sie schnaubte abfällig. »Vielleicht solltet ihr lieber versuchen, euren Job zu erledigen, Bobby. Und wenigstens so tun , als ob ihr euch mit meinen Beschwerden befasst.«
»Verschwinden Sie jetzt. Los.«
»Sie können Sheriff Fahey ausrichten, dass ich ihn an rufen werde.« Die Frau schnaubte wütend, und eine Atemwolke hüllte ihr Gesicht ein, während sie sich abwandte. Sie hielt überrascht inne, als sie Jane und Gabriel direkt hinter sich stehen sah. »Ich hoffe, Sie haben mehr Glück mit den Typen«, brummte sie und stapfte die Einfahrt hinunter.
»War das eine Reporterin?«, fragte Gabriel mit kollegialem Mitgefühl.
»Nee, die Bezirkssozialarbeiterin. Diese Gutmenschen können einem wirklich gewaltig auf den Senkel gehen.« Der Deputy musterte Gabriel von Kopf bis Fuß. »Kann ich etwas für Sie tun, Sir?«
»Sheriff Fahey erwartet uns. Detective Queenan hat angerufen, um uns bei ihm anzukündigen.«
»Sind Sie die Leute aus Boston?«
»Ja, Sir. Agent Dean und Detective Rizzoli.« Gabriel schlug genau den respektvollen Ton an, der deutlich machte, dass er sehr wohl wusste, in wessen Zuständigkeitsbereich sie sich befanden. Und wer hier das Sagen hatte.
Der Deputy schien kaum älter als Mitte zwanzig zu sein – jung genug, um sich von Gabriels Worten geschmeichelt zu fühlen. »Kommen Sie mit, Sir. Ma ’ am?«
Sie folgten ihm in die Blockhütte, in der die Rezeption der Circle-B-Ranch untergebracht war. Drinnen brannte ein Holzfeuer im Kamin, und die niedrige Balkendecke aus Kiefernholz erzeugte die klaustrophobische Atmosphäre einer düsteren Höhle. Janes Gesicht war ganz taub von dem kalten Wind, der draußen blies, und sie stellte sich dicht vor den Kamin, während sie darauf wartete, dass das Gefühl in ihre Wangen zurückkehrte. Der Raum war wie eine Zeitkapsel aus den Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts; die Wände geschmückt mit Bullenpeitschen und Sporen und Cowboybildern in Erdfarben. Im Hinterzimmer hörte sie Stimmen – zwei Männer, vermutete Jane zunächst, doch als sie durch die offene Tür spähte, sah sie, dass eine der beiden eine blonde Frau mit wettergegerbter Haut und einem trockenen Raucherhusten war.
»… mit der Frau hab ich gar nicht geredet«, sagte sie gerade. »Die Anmeldung hat er gemacht.«
»Warum haben Sie nicht verlangt, dass er sich ausweist?«
»Er hat bar bezahlt und unterschrieben. Wir sind ja hier nicht in Russland. Soviel ich weiß, kann man sich in diesem Land immer noch frei bewegen. Außerdem schienen sie mir ordentliche Leute zu sein.«
»Das haben Sie ihnen angesehen?«
»Höflich und zuvorkommend. Sind in diesem Schneesturm am Samstag angekommen und haben gesagt, sie brauchten eine Unterkunft, bis die Straßen wieder frei wären. Hat sich für mich ganz plausibel angehört.«
»Sheriff?«, rief der Deputy. »Die Leute aus Boston sind da.«
Fahey winkte ihnen durch die offene Tür zu. »Augenblick noch«, sagte er und setzte sein Gespräch mit der Geschäftsführerin fort. »Die Leute haben also vor zwei Tagen eingecheckt, Marge. Wann haben Sie ihre Hütte das letzte Mal geputzt?«
»Bin gar nicht dazu gekommen. Die hatten den ganzen Samstag und Sonntag das Schild › Bitte nicht stören ‹ an der Tür hängen. Ich dachte mir, die wollen ihre Ruhe haben, also hab ich sie in Ruhe gelassen. Und heute Morgen ist mir dann aufgefallen, dass es nicht mehr da hing. Also bin ich so gegen zwei reingegangen, um das Zimmer zu putzen. Und da hab ich sie gefunden.«
»Das letzte Mal, dass Sie den Mann lebend gesehen haben, war also bei der Anmeldung?«
»Aber so lange können sie nicht tot sein. Sie haben doch schließlich das Schild von der Tür weggenommen, oder? Irgendjemand hat ’ s jedenfalls weggenommen.«
»Okay.« Fahey seufzte und zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch. »Die Kriminalabteilung schickt noch ein Team zur Unterstützung. Die werden sich auch mit Ihnen unterhalten wollen.«
»Ach ja?« Die Frau hustete rasselnd. »Vielleicht brauchen die ja Zimmer für die Nacht. Ich hätte noch was frei.«
Fahey kam aus dem Büro und begrüßte die Neuankömmlinge mit einem Nicken. Er war ein bulliger Mann in den Fünfzigern, und wie sein jüngerer Deputy trug er einen militärischen Bürstenhaarschnitt. Sein Blick ging glatt an Jane vorbei und
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