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Totengrund

Totengrund

Titel: Totengrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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richtete sich auf Gabriel. »Sie sind die Leute, die diese Frau als vermisst gemeldet haben?«
    »Wir hoffen, dass sie es nicht ist«, sagte Gabriel.
    »Sie wird seit Samstag vermisst, ja?«
    »Richtig. Zuletzt wurde sie in Teton Village gesehen.«
    »Nun ja, zeitlich würde es passen. Diese Leute haben am Samstag eingecheckt. Kommen Sie doch einfach mit.«
    Er führte sie einen Pfad aus zertrampeltem Schnee entlang, vorbei an anderen, offenbar leer stehenden Blockhütten. Außer in der Rezeption brannte nur in einem weiteren Gebäude Licht, einer Hütte, die am äußersten Rand des Geländes stand. Als sie Haus Nr. 8 erreichten, blieb der Sheriff stehen, um ihnen Latexhandschuhe und Schuhüberzieher auszuhändigen – die vorgeschriebene Mode an jedem Tatort.
    »Bevor Sie reingehen, muss ich Sie warnen«, sagte Fahey. »Es ist kein sehr erfreulicher Anblick.«
    »Das ist es nie«, meinte Gabriel.
    »Was ich sagen will, ist: Es dürfte schwierig sein, sie zu identifizieren.«
    »Die Leichen sind entstellt?«, fragte Gabriel mit so ruhiger Stimme, dass der Sheriff ihn verwundert ansah.
    »Ja, könnte man so sagen«, erwiderte Fahey schließlich und öffnete die Tür.
    Jane blickte über die Schwelle von Haus Nr. 8. Schon von hier aus konnte sie das Blut sehen, die alarmierenden Spritzer, die sich bogenförmig über die Wand zogen. Wortlos trat sie ein, und als das ungemachte Bett in ihr Blickfeld kam, sah sie, wo all das Blut herkam.
    Der Tote lag auf dem Rücken auf dem blanken Kiefernholzboden neben dem Bett. Er hatte schütteres Haar und gut zwanzig Kilo Übergewicht, und er trug eine schwarze Hose, ein weißes Hemd und weiße Baumwollsocken. Aber es war sein Gesicht – oder das, was davon übrig war –, das Janes entsetzten Blick auf sich zog. Es war bis zur Unkenntlichkeit entstellt.
    »Hier hat jemand in blindem Zorn gewütet. Das ist es, womit wir es hier zu tun haben, wenn Sie mich fragen«, sagte ein weißhaariger Mann, der gerade aus dem Badezimmer kam. Er trug Zivilkleidung, und seine Miene spiegelte das Entsetzen wider, das sie umgab. »Warum sonst sollte jemand einem Menschen das Gesicht mit einem Hammer zerschlagen? Jeden Knochen, jeden Zahn zertrümmern? Es ist nur noch ein einziger Brei. Knorpel, Haut und Knochen, alles zu einer blutigen Masse zerstampft.« Seufzend hob er eine Hand, die in einem blutigen Handschuh steckte, zum Gruß. »Ich bin Dr. Draper.«
    »Vom Rechtsmedizinischen Institut?«, fragte Gabriel.
    Draper schüttelte den Kopf. »Nein, Sir, bloß der Coroner des Bezirks. Wir haben in Wyoming kein Rechtsmedizinisches Institut. Aber es wird noch ein Rechtsmediziner aus Colorado hinzugezogen.«
    »Die beiden sind gekommen, um die Frau zu identifizieren«, erklärte Sheriff Fahey.
    Dr. Draper deutete mit dem Kopf zum Bad. »Sie ist da drin.«
    Jane starrte auf die offene Tür, doch sie brachte es nicht fertig, den ersten Schritt zu tun. Es war Gabriel, der sogleich auf das Bad zuging. Dann stand er lange Zeit da und starrte über die Schwelle, ohne ein Wort zu sagen, und Jane spürte, wie die Angst ihr den Magen umdrehte. Langsam trat sie näher – und erschrak, als ihr eigenes Ebenbild ihr aus dem Badezimmerspiegel entgegenstarrte, blass und mit angespannten Zügen. Gabriel trat zur Seite, und ihr Blick fiel auf die Duschkabine.
    Die tote Frau lehnte zusammengesunken mit dem Rücken an den verschimmelten Fliesen. Ihre nackten Beine waren gespreizt, ihre Scham nur von dem Plastikduschvorhang bedeckt, der quer über ihren Körper gefallen war. Ihr Kopf war nach vorn gesunken, sodass das Kinn fast auf der Brust ruhte, und ihr Gesicht war von den Haaren verdeckt. Schwarze Haare, verklebt mit Blut und Gehirnmasse. Zu lang für Maura.
    Jane registrierte noch andere Details. Den goldenen Ehering an der linken Hand. Die fleischigen Oberschenkel mit den Cellulitis-Dellen. Das große schwarze Muttermal am Unterarm.
    »Das ist sie nicht«, sagte Jane.
    »Sind Sie sich da sicher?«, fragte Fahey.
    Jane ging in die Hocke, um das Gesicht sehen zu können. Anders als bei dem Mann waren ihre Züge nicht entstellt. Der Schlag hatte sie seitlich am Kopf getroffen und den Schädel zertrümmert, aber diesem einen tödlichen Hieb waren keine weiteren gefolgt. Jane atmete tief aus, und mit der Luft, die aus ihrer Lunge entwich, fiel die Anspannung schlagartig von ihr ab. »Das ist nicht Maura Isles.« Sie richtete sich auf und sah durch die offene Tür nach dem männlichen Opfer. »Und das ist definitiv nicht

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