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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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was ich zum Abendessen vorhatte, denn dann hätte Devlin mich nicht gefunden. Dann hätte ich nichts erfahren von dem Mord. Hätte nicht in diese gebrochenen Augen geblickt.
    Doch ganz unabhängig davon, dass Devlin mich aufgespürt hatte, war ich in die Gewalt hineingezogen worden, als manmir meinen Aktenkoffer stahl. Auf dem Weg hierher hatte ich es geschafft, mir einzureden, dass der Diebstahl nur ein Zufall gewesen war. Jemand hatte durch die Heckscheibe meinen Aktenkoffer gesehen und spontan beschlossen, ihn zu stehlen. Jetzt, da ich die Leiche gesehen hatte, machte ich mich auf das Schlimmste gefasst. Falls sich der Mörder von etwas bedroht fühlte, was auf einem der Fotos abgelichtet war, handelte er unter Umständen ganz instinktiv und aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Was, wenn er versuchte, in mein Haus einzubrechen, um an meine Kamera und meinen Computer zu kommen? Um an mich heranzukommen?
    Ich zog meinen Mantel ganz fest um mich und beobachtete, wie Devlin zu den anderen trat, die im Kreis um die Leiche standen. Trotz meiner momentanen Bestürzung interessierte es mich doch, wie seine Kollegen sich ihm gegenüber verhielten. Sie erwiesen ihm Respekt, sogar Hochachtung, doch mir fiel auch auf, dass sie ihm mit einer gewissen Beklommenheit begegneten. Die anderen Cops hielten Abstand, was ich verblüffend fand. Devlin hatte aber eindeutig das Sagen, er war ganz in seinem Element, und für mich war es ein faszinierender Gegensatz, wie lebendig und kraftvoll er angesichts eines gewaltsamen Todes wirkte.
    Vielleicht lag das aber auch daran, dass seine Geister uns nicht durch das Tor gefolgt waren.
    Ich wandte mich um, ließ den Blick durch die geheimnisvolle Totenstadt schweifen und hie und da auf einer zertrümmerten Statue oder einer von Randalierern zerstörten Gruft ruhen. Während die meisten Friedhöfe tröstliche Orte waren, die zu stiller Andacht und Selbstbesinnung einluden, weckte Oak Grove düstere Gedanken.
    Mein Vater hatte mir einmal erzählt, dass ein Ort nicht heimgesucht zu werden brauchte, um böse zu sein. Das glaubte ich ihm, denn Papa kannte sich aus. Während meiner Kindheithatte er mir viel von seiner Weisheit vermittelt, doch es gab auch Dinge, die er mir verschwiegen hatte. Das war nur zu meinem Besten, davon war ich überzeugt, aber diese Geheimnisse trieben einen Keil zwischen uns, der vorher nicht da gewesen war. Der Moment, als ich zum ersten Mal in meinem Leben einen Geist sah, veränderte uns beide. Zum einen hatte Papa sich danach noch mehr in seine eigene Welt zurückgezogen, zum anderen hatte er mich noch mehr abgeschottet und beschützt als zuvor. Er war mein Vorbild, mein Anker, der einzige Mensch, der verstehen konnte, wie einsam ich war.
    Nach diesem einen Mal sah ich den weißhaarigen alten Mann nie mehr wieder. Doch ich sah viele andere im Laufe der Jahre, Legionen von wunderschönen, in der Luft schwebenden Geistwesen. Junge, alte, schwarze, weiße, alle schlüpften bei Einbruch der Dämmerung durch den Schleier und marschierten auf zu einer hauchzarten Parade der Geschichte der Südstaaten, die mich faszinierte und zugleich entsetzte.
    Nach einer Weile wurden diese unirdischen Reisenden einfach zu einem festen Teil meiner Welt, und ich lernte, mich zu wappnen gegen ihren frostkalten Atem in meinem Nacken und gegen die eisigen Finger, die durch meine Haare fuhren und mir über die Arme strichen. Es war richtig gewesen, dass Papa mich geschult und gedrillt hatte, doch auch wenn ich die Situation akzeptiert hatte, hatte ich darum nicht weniger Fragen. Ich verstand immer noch nicht, warum er und ich die Geister sehen konnten und Mama nicht.
    »Das ist das Kreuz, das wir tragen müssen«, erklärte er mir eines Tages, als er auf einem Grab kniete und Unkraut jätete, und sah mich dabei nicht an.
    Diese Erklärung stellte mich nicht zufrieden. »Kann meine richtige Mutter sie sehen?«
    Papa schaute immer noch nicht auf. »Die Frau, die dich großgezogen hat, ist deine richtige Mutter.«
    »Du weißt, was ich meine.« Wir sprachen nie über meine Adoption, obwohl ich es schon seit Langem wusste. Auch zu diesem Thema hatte ich jede Menge Fragen, aber ich hatte gelernt, sie für mich zu behalten.
    Papa verschloss sich schon wieder, also kam ich noch einmal auf das Thema Geister zurück. »Warum wollen sie uns anfassen?«
    »Das habe ich dir doch schon erklärt. Sie verzehren sich nach unserer Körperwärme.«
    »Aber warum?« Gedankenverloren pflückte ich einen Löwenzahn

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