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Totenkönig (German Edition)

Totenkönig (German Edition)

Titel: Totenkönig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Siebert
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bereit sein, ein Leben zu opfern, um jenes zurückzugewinnen, dass dir wichtig ist. So bleibt das Gleichgewicht zwischen beiden Welten gewahrt. Du verstehst mich, nicht wahr?“ Der Totenflüsterer sah Larkyen lange an. „Ich sehe es in deinen Augen. Du willst den Tod verstehen, ihn begreifen, ihn kontrollieren. Deine Gründe sind vielfältig, doch berechtigt. An meiner Seite ist ein Platz frei geworden für einen Schüler mit deinen Sehnsüchten.“
    So sehr Larkyen auch von Neugierde erfüllt war, so entlockte ihm das Angebot des Totenflüsterers nur ein müdes Lächeln. „Ich eigne mich nicht als Schüler.“
    „Ich hatte gedacht, du würdest mein Angebot annehmen. Doch vermutlich wirst du dein Wissen an einem anderen Ort erweitern. Du bist in Richtung Süden unterwegs, nach Kyaslan. Welche anderen Gründe kann ein Unsterblicher schon für einen solch langen Weg haben?“
    „Aye. Auf Einladung von Imperator Rha-Khun ziehen Patryous und ich nach Süden.“
    „Rha-Khun ist weise und mächtig“, sagte der Totenflüsterer. „Im Hexenturm von Kyaslan wurden viele Experimente durchgeführt. Nicht alles was du dort erfährst, wird dir auch gefallen, doch du wirst viel Wissen erlangen.“ Er trat zurück in die Schatten, aus denen er gekommen war, und für einen Moment schien es, als würde der Totenschädel unter seiner Kapuze breiter grinsen als zuvor. „Wir werden uns wiedersehen“, sagte der Totenflüsterer. „Dort, wo Tausende tote Krieger aus Majunay und Zhymara in der Wüstensonne verfaulen, werde ich verharren und dem Lied des Todes lauschen. Eines Tages werdet auch ihr es hören können. Bis dahin, lebt wohl.“ Wieder krächzten die Krähen und umflatterten den Totenflüsterer, ihre schwarzen Flügel verdeckten für einen Moment seine Gestalt. Und als die Krähen gen Himmel aufstiegen, war er verschwunden, so als hätten sie ihn mit sich genommen.
     
    Patryous blickte Larkyen lange Zeit an, dann sagte sie: „Du bist dem Totenflüsterer sehr ähnlich. Jetzt erst erkenne ich es, diese Besessenheit, diesen Wahn. Viele sehnen sich danach, den Tod zu beherrschen, und ich dachte ich kenne deine Gründe dafür, doch ich habe mich geirrt. Du trägst eine Schuld mit dir herum, die größer ist als du ertragen kannst. Du hast mir erzählt, wie du in Eisenburg während des Krieges viele Ken-Tunesen töten musstest, damit sie nicht den vorrückenden Strygarern zum Opfer fielen und lebendig gefressen oder verwandelt werden konnten. Doch ich kenne dich mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass du mir nicht alles erzählt hast. Und nun bitte ich dich darum: Wenn ich dich weiterhin begleiten soll, dann teile deine Schuld mit mir. Erzähle mir alles.“
    Larkyen wich ihrem Blick keinen Moment lang aus, er ertrug den forschenden wie mahnenden Ausdruck ihrer bernsteinfarbenen Rau btieraugen. Er liebte sie zu sehr, um ihr edles Gemüt mit den Taten seiner Vergangenheit beflecken zu wollen, doch sie drängte darauf, die ganze Wahrheit zu erfahren, und viel zu viel hatte sie längst geahnt.
     
    Erinnerungen an jene tragischen Momente bei den Kornspeichern in Eisenburg bemächtigten sich Larkyen ein weiteres Mal. Plötzlich war der Himmel für ihn wieder so tiefschwarz, als wären Sonne, Mond und Sterne mit brutaler Gewalt hinfortgerissen worden, und als herrschte eine Eiseskälte wie im tiefsten Winter. Die Luft war so stark mit dem Geruch von Blut, verwesenden Leichen und verbranntem Fleisch geschwängert, dass jeder Atemzug in den Lungen schmerzte. Ununterbrochen erklang das Gebrüll der Strygarer. Vielleicht war es sogar eine von jenen Melodien des Todes gewesen, von denen der Totenflüsterer gesprochen hatte.
    „Deine Augen schimmern wie die Sterne.“
    Larkyen hielt den toten Jungen in den Armen und ließ ihn langsam zu Boden sinken. Das helle Himmelblau in den kindlichen Augen, jenes Zeugnis eines wolkenlosen Sommerhimmels verfinsterte sich. Die Sonne war gestorben. Der Junge war kein Fremder. Larkyen hatte ihn sofort wiedererkannt, wenngleich einige Zeit vergangen war, seit er das Land Laskun durchreist hatte. Der Junge hieß Verus.
    In der kleinen Stadt Wehrheim war Larkyen ihm und seiner Mutter Etain das erste Mal begegnet. Eine Schar Räuber hatten Etains Mann getötet und sie zur Witwe gemacht. Larkyen hatte ihr und dem Ju ngen geholfen und sie vor der Mittellosigkeit bewahrt. Und während Wehrheim damals noch vor dem Krieg als eine der ersten Städte von Strygars Terror heimgesucht wurde, hatten Larkyen und

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