Totenkünstler (German Edition)
erhob sich und begann im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ich verstehe das nicht. Wer sollte meinen Vater umbringen wollen? Er hatte Krebs. Er war doch … schon so gut wie tot.« Zum dritten Mal füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Noch immer sagte Hunter nichts.
»Wie?«, fragte sie.
Hunter sah sie an.
»Wie wurde er ermordet?«
»Für die genaue Todesursache müssen wir die Autopsie abwarten.«
Olivia runzelte die Stirn. »Woher wissen Sie dann, dass es Mord war? Wurde er erschossen? Erstochen? Erwürgt?«
»Nein.«
Sie machte ein verwirrtes Gesicht. »Woher wissen Sie es dann?«
Hunter stand auf und ging zu ihr. »Wir wissen es.«
Ihr Blick glitt zurück zur Treppe. »Ich will hoch in sein Zimmer.«
Hunter legte ihr sanft die Hand auf die linke Schulter. »Bitte, vertrauen Sie mir, Ms Nicholson. Wenn Sie in sein Zimmer gehen, wird das keine Ihrer Fragen beantworten. Und es wird Ihnen auch nicht in Ihrem Kummer helfen.«
»Wieso nicht? Ich will wissen, was mit ihm passiert ist. Was verheimlichen Sie mir?«
Hunter zögerte kurz, aber er wusste, dass sie ein Recht hatte, es zu erfahren. »Er wurde verstümmelt.«
»O Gott!« Ihre Hände flogen an ihren Mund.
»Ich weiß, dass Sie und Ihre Schwester gestern Abend hier waren. Sie haben mit Ihrem Vater zu Abend gegessen, ist das richtig?«
Olivia zitterte so heftig, dass sie es kaum fertigbrachte zu nicken.
»Bitte«, sagte Hunter. »Behalten Sie Ihren Vater so in Erinnerung, wie Sie ihn bei diesem Abendessen erlebt haben.«
Daraufhin brach Olivia in hemmungsloses Schluchzen aus.
7
Es war bereits Nachmittag, als Hunter und Garcia in ihrem Büro im fünften Stock des Police Administration Building in der West First Street ankamen. Das PAB hatte nach fast sechzig Jahren das Parker Center als Hauptquartier des LAPD abgelöst.
Nachdem sie die Neuigkeiten vernommen hatte, war Captain Barbara Blake ebenfalls an ihrem freien Tag ins Büro gekommen, wo sie die beiden Detectives mit jeder Menge Fragen erwartete.
»Stimmt es, was ich gehört habe?«, fragte sie, kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Jemand hat das Opfer zerstückelt?«
Hunter nickte, und Garcia reichte ihr einen Stapel Fotos.
Barbara Blake war seit drei Jahren Leiterin des Raub-und Morddezernats. Ihr Vorgänger, Captain William Bolter, hatte sie selbst für den Posten vorgeschlagen, und der Bürgermeister der Stadt hatte die Wahl abgesegnet. Blake hatte sich innerhalb kürzester Zeit einen Ruf als energische, durchsetzungsstarke Chefin erarbeitet, die in ihrer Abteilung ein straffes Regiment führte. Blake war eine aparte Person – elegant, attraktiv, mit langen schwarzen Haaren und kühlen dunklen Augen, von denen ein Blick ausreichte, um die meisten Menschen erzittern zu lassen. Sie fürchtete weder Tod noch Teufel, ließ sich von niemandem dumm kommen und hatte keinerlei Hemmungen, selbst hochgestellte Politiker oder Behördenvertreter vor den Kopf zu stoßen, wenn es darum ging, ihre Arbeit zu machen.
Captain Blake sah die Fotos durch, und mit jedem Bild wurde ihre Bestürzung größer. Beim letzten Bild angekommen, hielt sie inne und holte tief Luft.
»Was ist das, in Gottes Namen?«
»Eine … Art Skulptur«, antwortete Garcia.
»Aus den … Gliedmaßen des Opfers?«
»Genau.«
Einige Sekunden lang herrschte Schweigen.
»Hat sie irgendeine tiefere Bedeutung?«, wollte Captain Blake als Nächstes wissen.
»Ja, das hat sie«, sagte Hunter. »Wir wissen nur noch nicht, welche.«
»Wieso sind Sie sich dann so sicher?«
»Weil man, wenn man jemanden einfach nur tot sehen möchte, zu ihm hingeht und ihn erschießt. Man setzt sich nicht dem Risiko aus, entdeckt zu werden, indem man stundenlang am Tatort bleibt, um so ein Ding zusammenzubauen – es sei denn, es ist in irgendeiner Weise wichtig. Und wenn ein Täter etwas so Wichtiges am Tatort zurücklässt, dann tut er das normalerweise, weil er kommunizieren will.«
»Mit uns?«
Hunter zuckte die Achseln. »Mit wem auch immer. Bevor wir die Frage beantworten können, müssen wir erst mal rausfinden, was das Gebilde zu bedeuten hat.«
Captain Blake richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Foto. »Das würde also heißen, dass es keine willkürliche Tat war. Der Täter hat dieses Ding nicht aus seinem plötzlich übersprudelnden sadistischen Schaffenstrieb heraus gebastelt.«
Hunter schüttelte den Kopf. »Höchstwahrscheinlich nicht. Ich würde sagen, er hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, was er mit
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