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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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Gewand der
schweren Gottesmutter. »Gartenarbeit, ich muss hinaus in den Garten.« Sie
drehte sich um. »Die Rosen, die gelben Rüben, die Frühlingszwiebeln, die Dings!
Was willst du? Ich hab keine Zeit. Es wird bald Abend, es muss gegossen
werden.« Für einen Moment erwog sie, die Madonna zu packen und sie der andern
mit Majakowski übern garstigen Schädel zu spachteln, ließ es dann aber.
    »Bei euch wird ja schwer gestorben«, schimpfte Marthel, die
vor einem Vierteljahrhundert zuletzt über die Schwelle gewankt war. Und nun tat
sie so beiläufig, als sei’s kein Überfall. »Draußen auf dem Weg liegt eine
kleine Amsel, noch nackend, und die Katz bringt schon wieder eine Maus.«
    »Kafka mag kein totes Tier.« Rosa hastete an Marthel vorbei,
hinaus. Glutheiß war es draußen. Dabei war Regen angekündigt. Garantiert gab es
Gewitter. »Er hat’s überhaupt nicht mit Viechern. Komm. Der tut niemand was. Er
frisst nur Dings.«
    »Was?«, rief Marthel. »Kafka heißt sie?«
    »Er«, meinte Rosa. »Kafka ist dings.«
    »Dings«, echote Marthel. »Ein Kater.«
    »Er ist wiedergeboren«, sagte Rosa. »Reinkarniert aus dem
Karma von Josef K.! Im Vorleben hingerichtet mit dem Metzgermesser.«
    »Josef Kern? Der Polizeispitzel, der die Zigeuner das Tal
hinabgejagt hat?« Marthel begriff nichts. Sie wollte wissen, wo Rosa das Geld
hatte. Klar. Die 5.000 Euro Pacht. Das war ja nicht abgemacht, und es war noch
lang nicht raus, ob Marthel überhaupt in das Familiengrab mit reinkam. Die war
angeheiratet und außerdem bei den Kommunisten. Neben so einer genierte man
sich. Sollte sie sich doch verbrennen lassen, die wunderfitzige Kuh. Sich den
Kamin hinaufjagen. Aber Rosa mit ihren Wortfindungsstörungen. Schlimm. Sie
konnte das Wort Urnenbeisetzung nicht mal denken. Dafür wusste sie plötzlich,
wofür sie die 5.000 brauchen konnte: Sie würde weiter für Leopolds und
Qualbertas Seelenruhe sorgen. Sie pachtete mit Karles Kohle weiter das Grab,
damit die Alten definitiv ihre Ruhe hatten und damit basta. Die Leichenschande
war vorbei. Rosa würde dafür sorgen, dass niemand mehr hineinkam und kein
Bagger die seligen Eltern aufscheuchte und widerwärtig in Stücke riss. Auf dem
Gottesacker wurde nicht mehr beerdigt, auch die Kernen und die Fehrles, die
Winterhalter und die Himmelsbachs würden nicht mehr beigesetzt, dafür würde sie
sorgen. Und bald würden auf dem Alten Mariabronner Friedhof die Gräser aus dem
Lehmboden wachsen, und schüttere Birken winkten vom Rand. Ein Kinderspielplatz,
dachte Rosa, Schaukeln über den Schlangen von Särgen, den Prozessionen von
Leibern, die hinunter zur Marialocher Straße fuhren und sich in den Wasseradern
stauten. Schaukeln, auf denen bezopfte Mädchen saßen und grashalmfein
lächelten.
    »So schön, so schön hast du’s da«, flötete Marthel, die noch
kein Mal im Leben die Wahrheit gesagt hatte, und man wusste nicht, redete sie
von den Lebenden oder den Toten. Klar. Die 5.000 Euro Pacht. Aber Marthel ließ
nichts raus. Keinen Ton.
    »Ha ja.« Rosa dachte an Onkel Franz-Ferdinand, den jüngsten
Bruder ihres Vaters Leopold. Er hatte die blütenweiße Jungfrau aufgebahrt, Anna
Magdalena Reinhardt, die Zigeunerin, die das Marienamulett trug mit ihrem Namen
und der Jahreszahl 1780. Der Straßenwart hatte die nach Maiglöckchen duftende
Gipsleiche aus der Kanalisation gefischt, und als er sie in den Sarg legte,
brach die wächserne Fettschicht; Suhle und Schlamm quollen aus dem Innern der
Leiche hervor und besudelten sie. Das war freilich dilettantisch, ein
folgenschwerer Kunstfehler eines besoffenen Totengräbers. Die Jungfrau, die als
Kandidatin zur Seligsprechung nach Rom unterwegs war, verweste binnen 24
Stunden. Der Altpfarrer regte sich so darüber auf, dass er schier den Verstand
verlor, und Onkel Franz-Ferdinand wäre um ein Haar seinen Job los gewesen.
    Es roch schwer nach Nektar und Gülle. Die Vögel brüllten sich
die Seele aus dem Leib. Birken schwängerten die grellgelbe Luft. Fleischfarbene
Kastanienblüten erigierten. Die rosaroten Apfelblüten schneiten nieder auf
Löwenzahn und Hahnenfuß. Bevor sie in sich zusammenkrachte, explodierte die
Natur. Marthel kratzte sich an dem entzündeten Grützbeutel, der eitrig am
oberen Rand der Ohrmuschel hockte. Sie stand im Dreck und studierte die
Radieschen. »Ich soll dir Grüße bestellen vom Karle. Er ist ganz durcheinander.
Vor lauter! Du weißt ja. Es ist so. Auf dem Grund

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