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Totennacht (German Edition)

Totennacht (German Edition)

Titel: Totennacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todd Ritter
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kaufe, erzähle ich dem Buchhändler, dass ich Sie schon kannte, als Sie noch so winzig wie ein Grashüpfer waren.»
    Entweder hatte Mrs. Santangelo heftige Gedächtnisprobleme, oder sie versuchte, den beiden einen Bären aufzubinden. Kat wusste von Eric, dass die Nachbarin kaum je ein Wort mit dem Jungen gewechselt hatte. Und nun tat sie so, als hätten sie sich bestens verstanden. Aber vielleicht gefiel es ihr auch nur, vor anderen Besuchern auf ihrer Veranda damit prahlen zu können, dass sie ihn kannte.
    «Aber ganz ehrlich», fuhr sie fort, «mir ist schleierhaft, wieso Sie mir nach all den Jahren diese Fragen stellen wollen.»
    «Wir glauben, dass Charlies Verschwinden kein Einzelfall war», erklärte Kat.
    Becky befingerte ihre Perlenkette. «Kein Einzelfall? Wie soll ich das verstehen?»
    «Es spricht einiges dafür, dass er und außer ihm noch mehrere andere Jungen entführt wurden.»
    «Das ist ja schrecklich. Grauenhaft.»
    «Von Ihnen würden wir nun gern wissen, ob Sie sich an die Nacht, in der Charlie verschwand, erinnern können und wenn ja, an was.»
    Becky, die immer noch an ihrer Perlenkette nestelte, blickte auf und zeigte sich überrascht. «Mein Mann hat der Polizei doch schon alles gesagt, vor langer, langer Zeit. Ich wüsste nicht, was ich dem noch hinzufügen könnte.»
    Kat hätte ihr am liebsten gleich mit dem Hinweis auf die ominöse Frau am Fenster auf die Sprünge geholfen, beschloss aber, noch eine Weile damit zu warten. Sie wollte Becky nicht überrumpeln und behutsam auf diese Frage zusteuern.
    «Chief Campbell möchte sicherstellen, dass bei den Ermittlungen damals nichts übersehen wurde», sprang Eric ein.
    Becky schien halbwegs beruhigt. Natürlich. Eine Berühmtheit wie er machte Eindruck auf sie.
    «Na schön. Stellen Sie mir Ihre Fragen», erwiderte sie. «Ich bin gern bereit, darauf zu antworten. Aber, wie gesagt, es ist schon so lange her.»
    «Woran erinnern Sie sich?», fragte Kat.
    «An nichts, was in diesem Zusammenhang von Bedeutung wäre. Ich war gar nicht zu Hause und habe erst am nächsten Tag erfahren, dass der arme Charlie verschwunden war. So ein netter Junge. Er kam oft zu uns herüber, um mit Lee zu reden oder um mein Gebäck zu probieren. Er liebte meine Erdnussbutterkekse.»
    «Wo waren Sie in dieser Nacht?»
    Ohne zu zögern, wiederholte sie, was auch schon im Polizeibericht festgehalten worden war. «Bei meiner Schwester. Sie wohnte damals in Harrisburg.»
    «Und wo war Mr. Santangelo?»
    «Zu Hause. Aber was hat das alles mit der Sache zu tun?»
    Kat sah Besorgnis in Beckys Augen aufflackern und hielt sich zurück, da sie fürchtete, sie könnte das Gespräch abbrechen.
    «Sie sagten, Charlie habe Ihren Mann gemocht. War er öfter bei Ihnen?»
    «Ständig. Er war ganz verrückt auf Lees Geschichten.»
    «Was für Geschichten?»
    Becky wollte gerade einen Schluck trinken, senkte das Glas aber wieder und schenkte Kat einen jener starren Lächelversuche, die alles andere als freundlich wirkten. «Bevor mein Mann zwanzig Jahre lang unserem wundervollen Staat diente, hatte er dem Land gedient.»
    «Ich weiß um die Verdienste Ihres Mannes», sagte Kat.
    «Charlie war sehr interessiert an Lees Arbeit. Er verbrachte oft Stunden in seinem Trophäenzimmer.»
    Kat räusperte sich. «Trophäenzimmer?»
    «Ja», antwortete Becky. «Wenn Sie wollen, zeige ich es Ihnen.»
    Sie stand auf, nahm Eric bei der Hand – eine Geste, die Kat sehr wohl registrierte – und führte ihn von der Veranda ins Haus. Kat folgte. Sie gingen durch die Küche, wo die Haushälterin sämtliche Oberflächen putzte, und durch den Flur in einen Raum, der auf den ersten Blick als Wohnzimmer genutzt zu werden schien. Es war dunkel darin. Als Becky die Vorhänge aufzog, flutete Morgenlicht über Wände voller gerahmter Fotos, Zeitungsausschnitte und anderer Memorabilien.
    Wieder ergriff Becky Erics Hand und zog ihn vor ein Ölgemälde, das die Stirnwand dominierte. In wilden bunten Strichen bildete es Lee Santangelo ab, der, in Uniform gekleidet, an einem Flugzeug lehnte. Daneben hing ein Foto, das dem Gemälde als Vorlage gedient hatte.
    «Das Foto ist im Life Magazine erschienen», sagte Becky. «Es wurde von Alfred Eisenstaedt aufgenommen. Von allen Piloten hat er einzig Lee vor die Linse gebeten.»
    Kat sah sich das Foto von nahem an. Es war, wie sie feststellte, weitaus besser geraten als das Gemälde, hatte aber ebenso wenig wie dieses das Charakteristische an Lee Santangelo eingefangen.

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