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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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eine Hand in die Hosentasche und berührte den Zettel, den ihm seine Freunde bei seinem Aufbruch geschrieben hatten …
    ***
    Jules half Dominique erneut die Treppe hinauf, die zum Dachboden führte.
    »Ihr hattet also keinen Erfolg«, stellte er fest, während er Luft schöpfte.
    »Zumindest wissen wir, wer er ist«, sagte Daphne und ließ sich erschöpft in einen Sessel sinken. »Er heißt Luc Gautier und versteckt sich in der alten Familiengruft.«
    »Sie muss auf dem Père Lachaise sein«, behauptete Dominique. »Morgen finden wir ihn, bestimmt.«
    Daphne betrachtete unruhig den Himmel durch das Oberlicht.
    »Es ist dunkel, der Vampir ist bereits wach«, bemerkte sie. »Gut, dass wir jetzt nicht mehr da draußen sind. Aber hier …« Sie brach ab.
    Dominique und Jules schauten sie an und wussten, dass diese Nacht vielleicht nicht so ruhig verlaufen würde wie die letzte.
    »Glaubst du, dass er uns finden wird, heute?«, fragte Jules und genoss den Schauer, der ihm über den Rücken lief.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Daphne, »ich hatte dir ja schon erzählt, dass er Lehrer an eurer Schule ist. Zuerst wird er also auch heute unterrichten. Er will ja keine Aufmerksamkeit erregen. Danach wird er seine Suche fortsetzen.« Sie seufzte. »Meine Ahnungen sind recht vage, ich kann nicht genau sagen, ob er schon heute Nacht hier ankommen wird. Wir müssen jedenfalls darauf gefasst sein.«
    Alle drei ließen ihre Blicke über den Dachboden schweifen, der dank Jules stark an einen Bunker erinnerte: schwere Möbel, um die Tür zu blockieren, Matratzen, Lebensmittel und Wasser, Taschenlampen, Knoblauch, Kruzifixe …
    »Du hast gute Arbeit geleistet«, beglückwünschte ihn Daphne.
    »Danke, aber schließlich ist es nötig.«
    »Und deine Eltern?«, fragte Dominique. »Schöpfen sie irgendeinen Verdacht? Haben sie dich irgendetwas gefragt?«
    Jules lächelte.
    »Sie denken wahrscheinlich, dass ich die nächste Party vorbereite. Aber das spielt keine Rolle, sie sind nämlich nicht zu Hause. Sie sind auf einer Hochzeit in Fontainebleau und kommen erst morgen wieder.«
    Daphne ging jetzt mit dem prüfenden Blick eines Generals auf dem Dachboden umher.
    »Versuchen wir, das Dachfenster mit einer Decke abzudichten«, schlug sie vor. »Wir müssen nur sehen, wie wir sie daran befestigen.«
    »Wir sollten auch ausmachen, wer wann Wache hat«, schlug Dominique vor. »Es könnte sein, dass wir vor Müdigkeit einschlafen, falls der Vampir auf sich warten lässt.«
    Daphne und Jules stimmten zu.
    ***
    »Ich fühle mich leider nicht gut«, teilte Varney seinen Schülern mit, »also beenden wir den Unterricht für heute.«
    Die Schüler, alles Erwachsene, packten daraufhin ihre Sachen und wandten sich dem Ausgang zu. Als sie gegangen waren, nahm auch Varney seine Aktentasche und machte sich – geschmeidig und ohne ein Geräusch zu verursachen – auf den Weg.
    In der Eingangshalle verabschiedete er sich vom Pförtner und wollte gerade die Türklinke herunterdrücken, als er hinter sich eine Stimme hörte: »Monsieur Varney?«
    Seine schmale Hand mit den langen Fingernägeln ließ die Klinke los, und er drehte sich um. Vor ihm stand eine pummelige Frau mittleren Alters, mit einer Verletzung im Gesicht.
    »Ja, bitte?«, antwortete der Vampir mit einer gewissen Verdrossenheit, die Marguerite nicht entging. Seine Stimme klang tief und angenehm, doch angesichts der Eiseskälte, mit der seine Augen sie in Sekundenschnelle taxierten, musste sie einen Schreck überwinden.
    »Ich bin Kriminalkommissarin Marguerite Betancourt«, stellte sie sich vor.
    Die Augen des Lehrers verrieten auf einmal ein gewisses Interesse und Marguerite drückte seine eiskalte Hand.
    »Was gibt es?«
    Wieder diese Stimme, die sie wie ein böser Zauber umfing. Etwas an dem Mann passte nicht zu dem Foto, das sie in der Rue Camille Peletan gesehen hatte, doch sie konnte nicht genau sagen, was. Es war, als stimmte diese starke Persönlichkeit nicht mit der einfachen Fröhlichkeit des Mannes auf dem Foto überein.
    »Ich fürchte, jemand ist … in Ihre Wohnung eingebrochen.« Was war nur los? Sie hatte Mühe, den Satz zu beenden.
    Varneys Gesichtszüge entspannten sich, eine Reaktion, die Marguerite nicht verstand.
    »Oh«, machte er, doch seine Betroffenheit wirkte nicht sehr echt. »Das ist ja schrecklich. Ich schaue später nach, ob etwas fehlt, und erstatte morgen früh Anzeige. Vielen Dank.«
    Marguerite gab sich noch nicht geschlagen.
    »Wollen Sie nicht, dass wir

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