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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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und zuckte mit den Schultern.
    ***
    Als Jules die Tür aufstieß und den Dachboden betrat, saß Pascal gerade rittlings auf dem Truhenrand, um herauszuklettern. Er war sehr blass.
    »Ha … hallo, Jules«, stammelte er. »Ich … ich hab gefunden, wonach ich suchte, vielen Dank.«
    Jules nickte.
    »Was hast du denn gemacht? Bist du in die Truhe geklettert?«
    »Ich wusste nicht mehr, wo ich noch suchen soll«, verteidigte sich Pascal. »Am Ende der Party herrschte ein solches Durcheinander …«
    »Klar.« Jules konnte seine Neugier nicht verbergen. »Gar nicht so leicht, etwas in dem alten Teil zu finden. Was war es denn?«
    Pascal hatte diese Frage erwartet, also zog er rasch die Hausschlüssel aus der Tasche und hob sie hoch.
    »Vielen Dank, Jules«, sagte er. »Ich gehe jetzt, es ist ziemlich spät, und ihr wollt sicher zu Abend essen. Die Party war unglaublich, wirklich. Ihr Goths wisst wirklich, wie man richtig feiert. Und das Haus hier ist echt abgefahren, passt gut zu dir.«
    Jules lächelte zufrieden: »Ja, es war wirklich phänomenal! Ein hübsches Totengedenken.«
    Damit verabschiedeten sie sich.
    Jules hatte nicht bemerkt, welche Wirkung seine Worte auf Pascal gehabt hatten: Die Toten haben wohl nichts von deiner Party bemerkt, wollte er am liebsten antworten, ihre Welt ist weit fort, sie erwarten die Ewigkeit auf Inseln blassen Lichts inmitten der Dunkelheit. Sie können nicht kommen. Und das ist gut so.
    Sie können nicht kommen … Nur, dass sich im Moment ein böses Wesen in der Welt der Lebenden herumtreibt, das bereits sein erstes Opfer geholt hat: Delaveau. Zumindest war das Lafayettes Vermutung gewesen, als er das Wesen mit den gelben Augen als Vampir bezeichnet hatte. Es würde weitere Morde geben, wenn man ihn nicht aufhielt. Pascal ging das nicht aus dem Kopf.
    Genau das war früher einmal geschehen, wie ihm Lafayette berichtet hatte. Mit der Öffnung der Dunklen Pforte im neunzehnten Jahrhundert, um Mitternacht des 31. Oktober 1810, war ein anderes Monster in die Welt der Lebenden eingetreten, das zahlreiche Grausamkeiten verübt hatte, bis man es zur Strecke bringen konnte. Seine letzten Verbrechen waren so unvorstellbar grausam gewesen, dass sein Name in die Geschichte eingegangen war: Jack the Ripper. Dieses intelligente Wesen befriedigte seine niederen Instinkte und tötete achtzig Jahre lang. Doch der Mörder war irgendwann übermütig geworden, er schien sich mit jedem neuen Tod brüsten zu wollen, und das war es, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Einige Zauberer spürten ihn auf und töteten ihn. Damals hatte sich die Dunkle Pforte in der englischen Hauptstadt befunden, deren düstere viktorianische Architektur zusammen mit dem Nebel den perfekten Hintergrund für das »Werk« eines seelenlosen Mörders bildete.
    Pascal durchfuhr ein Schauer, als er begriff, weshalb dieser Mörder im Jahre 1888 spurlos verschwunden war. Die offizielle Version besagte, dass sich die verheerende Spur der Bluttaten, die sich durch das Londoner Viertel Whitechapel gezogen hatte, plötzlich verlor. Einfach so. Pascal begriff jetzt das Ende, das Jack the Ripper zur Legende gemacht hatte, und dass diejenigen, die ihn beseitigt hatten, sich wie der Mörder selbst im Verborgenen aufhielten …
    Pascal hielt den Atem an.
    Paris wusste nichts von der Gefahr, die sich zusammenbraute. Konnte man etwas tun, um den neuerlichen Vampir aufzuhalten?
    Pascal rechnete nach: Die Flucht des Barons della Bellanza hatte vor neunhundert Jahren stattgefunden, und die Pforte öffnete sich alle hundert Jahre. Also hätten in beinahe tausend Jahren außer ihm höchstens acht Personen von dem Geheimnis erfahren können – wobei es nur sechs gewesen waren, wie man ihm in der anderen Welt gesagt hatte. Sechs Wanderer, die den Zugang von sechs Untoten zur Welt der Lebenden ausgelöst hatten. Waren die anderen ebenfalls böse Geister gewesen? Er würde so bald wie möglich danach fragen, um abschätzen zu können, ob die Dunkle Pforte für die Lebenden ausschließlich eine Gefahr oder vielleicht auch eine Chance darstellte.
    Pascal befand sich auf dem Heimweg. Er lief durch Straßen, die er wie seine Westentasche kannte. Es war kalt und er bemerkte, dass er noch zu aufgewühlt war, um schlafen zu gehen. Der gerade erst beendete Besuch im Totenreich wirkte in ihm nach. Er beschloss, einen Spaziergang zu machen, bevor er nach Hause ging; das würde ihm guttun, er musste seine Gedanken ordnen, seine nächsten Schritte planen. Er

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