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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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fest.
    »Ehrlich gesagt, fällt mir dazu nur der Tanz der Vampire ein.«
    Herbert Hövekens Gesicht war ein einziges Fragezeichen.
    »Roman Polanski? Tanz der Vampire ? Das kennst du nicht?«
    Höveken schüttelte verwirrt den Kopf. Vampire?
    »Du meinst also, Vampire hätten meinen Sarg geklaut?« Er sah seine Nachbarin ungläubig an.
    Hilde lachte ihr unbeschreibliches Lachen und wischte sich eine kleine Träne aus dem Augenwinkel.
    »Nein, Herbert, nein, keine Vampire, aber vielleicht Leute, die von solchen Fantasygeschichten beeindruckt sind.«
    Höveken sah sie mit aufgerissenem Mund an.
    »Ich kannte da mal einen Jungen, das muss 1968 gewesen sein oder so«, fuhr Hilde Auffenberg fort. »Das war ein hübscher Kerl, und um die Frauen zu beeindrucken, griff er zu den verrücktesten Mitteln. Irgendwann strich er, um sich wichtigzumachen, sein Zimmer schwarz und erzählte allen von seiner Gruft. Als Bett hätte er am liebsten einen Sarg benutzt. Das Einzige, was ihn davon abgehalten hat, diese Idee in die Realität umzusetzen, war die Tatsache, dass in so einer Totenkiste nur eine Person Platz hatte. Die potenzielle Beischläferin hätte draußen bleiben müssen, und das war nicht im Sinne dieses kleinen Wichtigtuers.«
    Hilde Auffenbergs Gedanken bewegten sich öfter außerhalb der Höveken’schen Welt. Nach dem Abitur war sie nach Berlin gegangen und hatte sich maßgeblich an der Studentenbewegung beteiligt. Herbert Höveken hingegen war in das Bestattungsunternehmen seiner Eltern eingestiegen. Sein Vater hatte Hilde eine Revoluzzerin genannt und gesagt, es sei eine Schande, dass so eine an Paderborns Schulen unterrichten dürfe.
    Auch Herbert Höveken musste einräumen, dass Hilde für Paderborner Verhältnisse ein wenig ungewöhnlich war. Sie hatte damals von Filmen erzählt, die nie in der ostwestfälischen Kleinstadt gezeigt worden wären, sie interessierte sich für moderne Kunst und hängte Bilder auf, die zwar bunt waren, auf denen aber nichts zu erkennen war. Manche ihrer Sichtweisen auf die Welt waren Herbert Höveken bis heute suspekt. Aber an der Idee, dass vielleicht Vampiranhänger seinen Sarg geklaut hatten, mochte etwas dran sein. Erst neulich hatte er in der Zeitung von einem modernen Kultfilm über einen Vampir gelesen, den sich anscheinend sämtliche Teenager ansahen.
    »Na, ihr beiden Hübschen! Was steht ihr denn hier im Regen herum wie bestellt und nicht abgeholt?«
    Abrupt wurden die beiden aus ihren Gedanken gerissen. Willi Künnemeier stand vor ihnen, und Hilde Auffenberg begrüßte den Schützenbruder freundlich.
    »Stellen Sie sich vor, Herr Künnemeier, da hat doch jemand bei unserem Freund Herbert Höveken eingebrochen und sein nobelstes Sargmodell gestohlen.«
    »Was, einen Sarg? Das gibt es doch nicht! Wer macht denn so was?« Der Schützenoberst war zutiefst verwundert. Dann hellte sich sein Gesicht auf. »Weißt du was, Herbert? Den Dieb kriegen wir!«
    Der Bestattungsunternehmer sah Künnemeier mit einem amüsierten Lächeln an. Er konnte sich noch gut an die Verbrecherjagd erinnern, die Künnemeier und seine Schützenkorona seinerzeit veranstaltet hatten. Von Kneipe zu Kneipe waren sie gezogen, hatten sich Schnäpse ausgeben lassen und waren am Ende mehr besoffen als nüchtern gewesen. Doch zum guten Schluss hatten die Künnemeier’schen Schützen erheblich dazu beigetragen, einen Kriminalfall zu lösen. Seitdem wurden die Männer im Ükernviertel als Volkshelden gefeiert.
    Für Höveken war das Ganze ein Possenspiel gewesen, in dem Zufall und Glück den Schützen den Erfolg in die Hände gespielt hatte. Doch Künnemeier sah das völlig anders.
    »Du weißt ja, Herbert, Verbrecherjagd war schon immer meine Sache«, gab er mit stolzgeschwellter Brust zum Besten. »In letzter Zeit ist es hier im Ükernviertel ein bisschen ruhig geworden. Meine Schützenbrüder, die mir bei Spezialaufgaben zur Seite stehen, rosten langsam ein. Es wird Zeit, dass die mal wieder was zu tun kriegen. Da kommt uns das mit dem Sarg genau recht. Den Fall übernehmen wir! Deine Holzkiste kriegst du zurück, Herbert! Versprochen!«

25
    Hilde Auffenberg musste sich sputen. Um ein Haar hätte sie bei der Aufregung über den Einbruch bei Herbert Höveken ihre Verabredung vergessen. Um drei Uhr nachmittags wollte sie sich mit einer ehemaligen Kollegin im Café treffen.
    Während sie trotz Nieselregens durch das Paderquellgebiet lief, freute sie sich auf die Begegnung mit der rund zwanzig Jahre jüngeren Frau,

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