Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
zu verbergen habe. Er hatte beteuert, dass es ihm wichtig sei, mit der Polizei zu kooperieren. Doch da war noch etwas anderes gewesen, was sie während des Gespräches eher intuitiv wahrgenommen hatte.
Der Mann hatte angespannt gewirkt, nervös, und er hatte die ganze Zeit den Blickkontakt vermieden. Linda Klocke war sich sicher: Da stimmte irgendetwas nicht. Doch was nützte ihr ein Gefühl, solange sie keinerlei Anhaltspunkte dafür hatte, dass in dem Bordell etwas vor sich ging, was für die Polizei von Interesse war?
Abhaken, dachte Linda Klocke, Intuition war in ihrem Job zwar durchaus nützlich, doch letztlich zählten nur die Fakten.
Was war also der nächste Schritt? Bei den Fluggesellschaften gab es doch Passagierlisten, überlegte sie. Vielleicht kam sie ja bei einem der Unternehmen, die Paderborn anflogen, weiter.
Sie griff zum Telefon. Bei der ersten Nachfrage bekam sie die Antwort: Der Name Irina Koslow befinde sich auf keiner Liste. Doch bei der zweiten Gesellschaft wurde sie fündig. Irina Koslow sei am Montagmorgen tatsächlich nach Mallorca geflogen, doch schon am Dienstag habe sie versucht, den Zeitpunkt des Rückflugs zu ändern. Da dies nicht möglich gewesen sei, weil es sich bei ihrer Buchung um einen Billigflug gehandelt habe, da habe sie kurzerhand ein neues Ticket gekauft. Das Flugzeug, mit dem sie zurück nach Paderborn geflogen war, sei gestern Abend gelandet.
Schon wieder so eine Ungereimtheit. Natürlich konnte es sein, dass dieser Rademacher von den veränderten Urlaubsplänen Irina Koslows nicht unterrichtet war. Wie auch immer, da war irgendetwas faul! Linda Klocke musste unbedingt noch einmal zu diesem Club Oase, und zwar sofort.
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Was für ein Tag!, dachte Patrick Rademacher. Erst am frühen Morgen dieser Schreck mit der zugemauerten Eingangstür. Wie gut, dass niemand mit einer Kamera dabei gewesen war, als er, zusammen mit dem Türsteher Mike, durchs Fenster geklettert war und sich von außen das Fiasko angeschaut hatte. Wie zwei Volldeppen mussten sie dagestanden haben. Es hatte eine ganze Weile gedauert, bis Rademachers Verstand sich langsam wieder in Bewegung setzte. Nachdem er durch das Fenster ins Haus zurückgeklettert war, hatte er den Chef angerufen und sich erst einmal eine herbe Klatsche eingehandelt, weil der ihm kein Wort geglaubt hatte. Irgendwann werden aber auch Chefs einmal einsichtig, und Rademacher hatte die Anweisung bekommen, sich einen Vorschlaghammer zu besorgen und zusammen mit Mike so schnell und so unauffällig wie möglich dieses verfluchte Mauerwerk wieder zu entfernen.
Rademacher ärgerte sich jetzt noch, wenn er daran dachte. Er war hier der Geschäftsführer und damit wohl kaum zuständig für körperliche Arbeiten. Mike hingegen war der Mann fürs Grobe. Der konnte zupacken. Ruckzuck hatte der mit dem schweren Vorschlaghammer die Mauer zertrümmert. Wahrscheinlich hat ihm das Ganze sogar Spaß gemacht. Für Rademacher war nur die niedrigste aller Tätigkeiten übrig geblieben: Er musste die zerborstenen Ytongsteine Teilchen für Teilchen aufheben, in einen großen Eimer packen und hinter dem Haus wieder auskippen. Nun hatte er Blasen an den Händen, der Rücken schmerzte, und sein Ego war im Keller. Bis sie alle Spuren des Maueranschlages beseitigt hatten, war es Nachmittag geworden.
Doch bei diesem Ärgernis war es nicht geblieben. Sie hatten längst nicht alles weggeräumt, da stand diese kleine Bullenschnepfe schon auf der Matte und erkundigte sich nach Irina. Gut, dass die sich erst mal nach Mallorca abgesetzt hatte. Die nächsten Wochen würde Irina besser einfach nicht erreichbar sein.
Komisch war nur, dass diese Frau Klocke gerade eben noch einmal aufgetaucht war. Sie war ums Haus geschlichen und hatte an der Eingangstür von Irinas Wohnung gerüttelt. Hatte sie ihm die Geschichte, die er ihr vorhin aufgetischt hatte, etwa nicht geglaubt? Als die Polizistin dann auch noch an der Eingangstür des Clubs geklingelt und gerüttelt hatte, war Rademacher auf Tauchstation gegangen.
Aber nun stand die übliche Alltagsroutine an: Getränke für die kleine Bar des Clubs besorgen, Altglas und Müll entsorgen, das Putzen beaufsichtigen, Verwaltungskram im Büro und so weiter. Kurz nach Mittag war auch noch der Chef vorbeigekommen und hatte einen Riesenwirbel gemacht. Er hatte wissen wollen, ob ihnen irgendetwas aufgefallen war. Da die Oase ja erst um rund fünf Uhr morgens ihre Tore schloss, konnte die Eingangstür nur in den frühen
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