Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
machen.
Kloppenburg zerrte an seinen Handschellen und war drauf und dran, mitsamt dem Stuhl umzustürzen. Dann rief er: »Hört mal, ihr Schlauberger! Ich muss pinkeln. Lasst mich mal raus!«
Nun blieb Rademacher nichts anderes übrig, als Mike aufzuwecken. Der drehte sich unwirsch zur Seite, kam dabei aber auf sein nicht mehr ganz vorhandenes Ohr zu liegen und schrie kurz vor Schmerz auf, ehe er sich aufrecht hinsetzte und Rademacher mit leerem Blick anstarrte. Der machte ihm klar, dass sie zusammen den Gefangenen bewachen mussten, während der seine Notdurft verrichtete. Mike brummte mürrisch, stand aber auf. Er zog wortlos eine kleine Pistole unter seiner dicken Steppjacke hervor und richtete sie mit der linken Hand auf Kloppenburg.
»Mach ihn los!«, befahl er Rademacher, der sich heftig erschrocken hatte, als die Pistole auftauchte. Fünf Minuten später waren sie wieder in der Hütte, und Kloppenburg wurde erneut an die Handschellen gekettet. Es gab Kaffee und für jeden ein Stück Brot und Salami. Fast hätte man annehmen können, es handele sich hier um ein fröhliches Männertrio auf einem Wanderausflug. Wären da nicht die Handschellen gewesen. Und die Pistole, mit der Mike dem Gefangenen nun vor dem Gesicht herumwedelte.
Rademacher verspürte große Lust, Kloppenburg selbst zu quälen, ließ aber Mike den Vorrang. Der nahm laut schlürfend einen großen Schluck Kaffee. Bislang hatte er kaum ein Wort gesprochen. Ohne Vorwarnung schrieb er plötzlich den Gefangenen an: »Warum? Warum hast du mich überfallen?«
Dabei trat er Kloppenburg mit voller Kraft vor das Schienbein. Der kippte mitsamt seinem Stuhl hintenüber und schlug laut polternd auf dem Holzfußboden auf. Dann lag er auf dem Rücken, hilflos wie eine umgedrehte Schildkröte. Rademacher nutzte die Gelegenheit und ließ genüsslich etwas heißen Kaffee auf Kloppenburgs Kopf rinnen. Doch Mike schubste ihn rüde zur Seite.
»Der gehört mir. Es geht um mein Ohr. Los, pack mal mit an!«
Zusammen stellten sie den Stuhl mit Kloppenburg wieder auf die Füße. Mike stellte weitere Fragen, wollte endlich herausbekommen, warum er überfallen worden war.
»Weil ich dich damals zusammengeschlagen habe? Als du im Club wilde Sau gespielt hast? War es deshalb?«
Nun schrie Kloppenburg, dessen Nerven nun offenbar völlig versagten: »Ihr seid doch beide durchgeknallt. Vollkommen irre. Ich habe niemanden überfallen. Wovon redet ihr denn?«
Nun schlug ihm Rademacher mit der flachen Hand ins Gesicht. Wieder schob Mike ihn angeekelt zur Seite. Rademacher ließ sich dadurch aber nicht davon abhalten, die nächste Frage zu stellen.
»Du hast also nicht diesen Herrn hier von hinten überfallen? Hast ihm nicht die Schulter zertrümmert? Hast ihm nicht das Ohr beschnitten und es in meinem Auto deponiert? Zusammen mit einem Zettel, auf dem wir alle bedroht werden? Rede, du Drecksack!«
Rademacher steigerte sich in einen unkontrollierten Wutanfall hinein. Er spuckte Gift und Galle und wäre nun nicht mehr zu stoppen gewesen, hätte ihn nicht Mikes Anwesenheit ausgebremst.
Kloppenburg verdrehte verzweifelt die Augen. »Nein, habe ich nicht. Okay, dass mit der Eingangstür eures Puffs, das war ich beziehungsweise das habe ich veranlasst. Aber sonst nichts. Kapiert das endlich!«
Rademacher keifte wieder los: »Aber der Chef ist sich ganz sicher, dass du es warst. Er glaubt auch, dass du eine Gefahr für ihn darstellst. Deshalb will er, dass wir dich aus dem Verkehr ziehen. Verstehst du? Offenbar weißt du zu viel über ihn.«
Kloppenburg lachte ein dürres, trostloses Lachen. »Und ob ich viel über ihn weiß. Darauf könnt ihr euch verlassen. Wenn ich auspacke, kann er seinen Immobilienladen dichtmachen. Und seinen widerlichen Puff gleich mit.«
Plötzlich hielt ihm Mike die Pistole direkt vor die Stirn.
»Siehst du? Und das müssen wir verhindern. Kapiert?«
45
»Wer bitte ist am Apparat? Herr Hatzfeld?«, fragte Schwiete sicherheitshalber noch einmal nach.
»Ganz genau, hier ist Hatzfeld! Wir hatten noch nicht das Vergnügen, Herr Hauptkommissar. Bisher bin ich nur Ihrer reizenden Kollegin Frau Klocke begegnet. Vor einer Minute hat mich mein Freund, der Staatsanwalt Becker, angerufen. Zu meiner großen Verwunderung hat er mir mitgeteilt, dass nach mir gefahndet wird. Da muss es sich um ein Missverständnis handeln, Herr Schwiete, das ich gerne aufklären möchte. Wie machen wir es am besten?«
Schwiete war immer noch sprachlos. Donnerwetter, dachte
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