Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)
nicht bezahlen. Außerdem, wann fährt schon mal einer mit seinem Taxi in die Pader? Das kommt nicht jeden Tag vor. Wir haben gestern Abend noch richtig gelacht über euch Experten. Das war großes Kabarett, was ihr da geboten habt, Jungs, und deshalb ist diese kleine Autokosmetik jetzt auch kostenlos. Ihr könnt ja demnächst im Thi-Brunnen noch mal einen ausgeben.«
Künnemeier nickte, und Winter war froh, dass der kleine Unfall so glimpflich ausgegangen war. Doch Künnemeier hatte schon wieder neue Pläne.
»Du, Johnny, bevor du die Karre wegbringst, lass uns eben nach Bad Lippspringe fahren. Wir sollten uns den Tatort noch mal ansehen. Vieleicht hat die Polizei ja was übersehen. Denen traue ich alles zu.«
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Das Ganze wurde immer unübersichtlicher. Was hatte die Frau, die bei der Explosion Im Lohfeld umgekommen war, mit Kloppenburgs Entführung zu tun? Gab es zwischen den beiden Begebenheiten überhaupt einen Zusammenhang? Und der Angriff auf den Türsteher der Oase , wie passte der ins Bild? Gab es im Hintergrund einen Krieg zwischen unterschiedlichen Gruppierungen des organisierten Verbrechens? War vielleicht die Gasexplosion der Auftakt zu einer Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Banden des Rotlichtmilieus? Und welche Rolle spielte dieser Hatzfeld, angeblich ein honoriger Bürger der Stadt? War er der Pate der Paderstadt oder nur ein reicher Mann, der versehentlich in ein für Schwiete unbekanntes Schussfeld geraten war?
Vor allem aber: Welche Motive standen dahinter? Den Tatbestand der Zuhälterei, den Karen Raabe ins Spiel gebracht hatte, wollte Schwiete zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht erst in seine Überlegungen mit aufnehmen.
Beim Gedanken an Karen Raabe bekam Schwiete feuchte Hände und einen trockenen Mund. Er musste dieses unselige Rendezvous heute Abend absagen.
»Der gute Hatzfeld ist ja ziemlich nervös«, meinte Kükenhöner grinsend. »So ganz sauber ist seine Weste bestimmt nicht.«
»Ich glaube auch, dass Hatzfeld irgendwas zu verbergen hat«, stimmte Schwiete ihm zu. »Wir müssen unbedingt mit Kloppenburgs Frau reden. Und wir müssen diese Irina Koslow finden. Zumindest müssen wir ihre Wohnung durchsuchen. Vielleicht entdecken wir da noch Hinweise.«
Kükenhöner nickte. Die Zusammenarbeit mit Schwiete funktionierte eigentlich ganz gut, wenn die dämliche Kollegin Klocke nicht dabei war, dachte er. Laut sagte er: »Sehe ich genauso, Horsti. Wilfrieds Frau sollten wir sofort besuchen. Die Wohnung von dieser Nutte kann ruhig warten, die nehmen wir uns am Montag vor. Es sei denn, es passiert noch was Gravierendes. Dann gehen wir da sofort rein. Von wegen Gefahr im Verzug.«
»Wer ist denn Wilfried?«, hakte Schwiete nach und fragte sich, warum Kükenhöner die Leute immer so abwerten musste. Warum benutzte er das Wort Nutte, statt von Frau Koslow zu sprechen? Versuchte er sich durch die Herabwürdigung anderer Personen zu einem besseren Menschen zu machen?
»Sag mal, du wirkst so unkonzentriert, so fahrig. Wilfried Kloppenburg natürlich«, konterte Kükenhöner. »Ich bin doch mit ihm in einer Klasse gewesen, darum Wilfried.«
Schwiete nickte. »Hatte ich kurz vergessen, Karl. Ja, da fahren wir jetzt hin. Ich muss nur eben noch ein privates Telefongespräch führen.«
Schwiete erwartete, dass Kükenhöner nun diskret den Raum verließ, doch weit gefehlt. Der Kollege setzte sich auf einen Stuhl und wartete.
Daher entschloss sich Schwiete, die Örtlichkeiten zu wechseln. »Ich bin gleich wieder da, Karl.«
Auf dem Flur drückte er auf seinem Handy die inzwischen einprogrammierte Nummer von Karen Raabe. Nach dem fünften Klingeln sprang der Anrufbeantworter an. Schwiete hinterließ keine Nachricht. Dann endlich fiel bei ihm der Groschen. Heute war ja Samstag. Da waren die wenigsten Büros besetzt. Er würde Karen Raabe bis heute Abend bestimmt nicht mehr erreichen. Die Schweißproduktion seiner Handflächen verdoppelte sich von einem Moment zum nächsten, während sich die Trockenheit in seinem Mund der einer Sandwüste näherte.
Er würde heute Abend wohl oder übel zu der Verabredung gehen müssen – ob er wollte oder nicht. Jemanden versetzen, das kam für ihn nicht in Frage. Warum bin ich nur so ein Prinzipienreiter?, schalt er sich selbst, doch er konnte einfach nicht aus seiner Haut.
Da kam ihm eine Idee. Vielleicht gab es ja bei dem Verein Theodora eine Notfallnummer? Doch noch bevor er das herausfinden konnte, stand Kükenhöner neben ihm.
»Horsti, Horsti,
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