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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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wieder auf, und Finch bewegte sich nicht mehr. Er sah ein wenig mitgenommener aus als zuvor. Der Schwanz des Alligators zog eine sorglose Schneise durch das Wasser, während er Finch zwischen seinen Kiefern hielt; Aal wusste, dass er ihn nicht sofort fressen würde. Er würde ihn irgendwo unter Wasser verstauen, vielleicht zwischen einigen versunkenen Baumstämmen. Das Sumpfwasser würde den Leichnam aufschwemmen und ihn vor der Mahlzeit noch ein wenig weicher machen. Die Natur sorgte schon dafür, dass das Fleisch zarter wurde.
    Umso besser eigentlich; das war ja richtiges Glück. Überhaupt keine Leiche war einer Leiche, die vor sich hinmoderte, absolut vorzuziehen.
    Aal steckte die Pistole wieder ins Holster und holte dann eine kleine Reiseflasche Maalox aus einer Innentasche seiner Jacke. Er schnitt eine Grimasse, während er die Kappe abnahm, dann trank er einige große Schlucke. Es war irgendwie gipsartig, aber es ging ihm gleich viel besser. Die Säurefabrik da unten war in hellem Aufruhr. Er ging den Weg nach Bayou Rouge zurück und trank vorsichtshalber noch etwas mehr davon.
    Natürlich gab es da noch Finchs Kleidung zu bedenken. Aber das hatte alles nach Baumwolle ausgesehen, und die würde ebenfalls verrotten.

2
A LTLASTEN
     
    Ideen waren wie Kinder. Manchmal sah man sich gezwungen, sie auf die Welt loszulassen, um zu sehen, welche sich als Genies und welche sich als Dummköpfe entpuppten. Justin Gray hatte das schon gehört – schon sehr oft –, aber es war ihm seit Jahren nicht mehr so deutlich vor Augen geführt worden.
    Todd Whitleys Präsentation lief gerade mal zwei Minuten, und es war für jeden im Raum schmerzhaft offensichtlich, dass er ein Schwachkopf war. Wäre er ein Komödiant gewesen, hätte ihn sein Publikum schon längst mit irgendetwas beworfen.
    Justin hatte das Gefühl, dass vor lauter Pein auch seine Statur schrumpfte. Besser er als ich, drang trotz allem aus seinem Unterbewusstsein hervor, das Überlebensmantra in der Geschäftswelt.
    Zu Todds Gunsten sollte erwähnt werden, dass diese Präsentation vor der Führungsriege von Mullavey Foods, Inc. eigentlich erst in etwas mehr als einem Monat, nämlich Ende August, stattfinden sollte. Aber nach einem dringenden Telefonanruf von Andrew Jackson Mullavey gestern Vormittag hatten sich alle fünf – Gesandte der Werbeagentur Segal/Goldberg – an diesem Morgen nach einer Nacht mit viel zu wenig Schlaf in einen Pendlerflug von Tampa nach New Orleans gesetzt. Todd hielt sich nach einer nächtlichen Sitzung der Kreativabteilung nur noch dank Koffein und Adrenalin auf den Beinen, und eine kühle Dusche hatte die Erfrischung des Nachtschlafs ersetzen müssen. Das Einzige, was Justins Kopf den Richtblock und somit das Debakel des heutigen Morgens erspart hatte, war seine unausweichliche Verpflichtung einem anderen Kunden gegenüber.
    Für diesen Auftrag war er bloß der Juniorcopywriter. Todd hatte bei diesem Projekt die Leitung inne.
    So weit, so gut. In Wahrheit fand er dort, wo seine heimtückische Kleinlichkeit zu Hause war, ein perverses Vergnügen daran, Todds Angstschweiß dabei zuzusehen, wie er seiner Dusche entgegenwirkte. Er mochte ihn nicht, das hatte er nie, und – sein aufgeschlossener Geist sollte verdammt sein – das würde er auch nie. Justin war stolz darauf, alles zu meiden, was in war. Er hatte sich sogar die vielfach überschätzten Filme Batman und Dick Tracy erst angesehen, als sie im Kabelfernsehen liefen. Todd andererseits gab sein Alter ärgerlicherweise mit Mitte dreißig an und wies andauernd auf seine Phil-Collins-Frisur hin, womit er sein Gesicht wahren wollte, wenn bei den vierteljährlich angefertigten Firmenfotos im Zeitraffer deutlich wurde, dass sich seine Stirn immer weiter vergrößerte. Justin hatte über den firmeninternen Nachrichtendienst erfahren, dass es Todds herausragendste Tat gewesen sei, mit einer Klage wegen einer Markenrechtsverletzung zu drohen, falls die Agentur mit den von einem Videospiel inspirierten Charakteren, die er erfunden hatte, weitermachen würde – den Teenage Mutant Ninja Dosenschildkröten.
    Als Todd immer mehr einem verdammten Mann ähnelte, der auf der Falltür des Galgens stand, begannen die anderen vier Mitarbeiter, sich wie ein einziger Organismus zu winden. Das waren Justin, ebenfalls aus dem Kreativteam, Nan Blair, die Grafikerin, die zusammen mit Todd die Nachtschicht eingelegt hatte, Allison Hunter aus der Medienabteilung und Leonard Greenwald, der Kundenbetreuer,

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