Totenstadt
der für die gesamte Mullavey-Goldmine verantwortlich war und ihr im Verlauf der Jahre mehr Aufmerksamkeit gewidmet hatte als seinen eigenen Kindern.
Und sie alle wanden sich. Zufriedene Gesichter sahen anders aus.
Der Konferenzraum hatte eine niedrige Decke, war mit viel Holz ausgekleidet und sehr maskulin, das architektonische Äquivalent zur Krawatte. Das Schlachtfeld für Multimillionendollarentscheidungen und -ideen. Eloxierte Fenster blickten auf die Skyline von New Orleans mit den Wolkenkratzern voller Büros hinaus, und direkt davor saß Andrew Jackson Mullavey und hatte die Morgensonne im Rücken. Er thronte am Kopfende der in Hufeisenform aufgestellten Tische, und alle anderen waren links und rechts von ihm platziert, als sei die Sitzordnung nach der Rangfolge ihrer Wichtigkeit festgelegt worden.
Justin hockte am entgegengesetzten Ende. Von hier aus ging es nur nach oben.
Mullaveys erster Punkt der Geschäftsordnung dieses Tages war es gewesen, ihnen genau zu berichten, was zum gestrigen Anruf geführt hatte. Er war vor ihnen auf und ab gegangen, ein Mann von etwa fünfzig, der sich schnurgerade hielt, um seine durchschnittliche Größe zu korrigieren. Maßgeschneiderte Anzüge konnten seinen Wohlstandswanst gerade so eben verbergen, das Doppelkinn war hingegen nicht so leicht zu kaschieren. Der pinkfarbene Ring war beeindruckend, ohne dabei prunkhaft zu wirken.
»Ich entschuldige mich für diese Hetze, die Sie meinetwegen auf sich nehmen mussten«, hatte er gesagt, und man konnte ihn nicht dafür hassen, angesichts seiner Stimme voller sanfter Südstaatenvornehmheit. »Aber ich fühle mich ebenso gehetzt. Und der Grund dafür ist ein Mann namens Christophe Granvier. Schon von ihm gehört?«
Keiner von Segal/Goldberg hatte das.
»Das überrascht mich nicht«, war Mullavey fortgefahren. »Er fängt gerade erst an, im nationalen Lebensmittelhandel Fuß zu fassen. Christophe Granvier ist ein Farbiger, ein Immigrant aus Haiti, und er leitet hier ein Unternehmen namens Carrefour Imports. Er ist hauptsächlich Großhändler und importiert Frischware und Zucker aus der Karibik und aus Südamerika.«
Mullavey hatte seinen Kopf bekümmert geschüttelt und geseufzt. »Und nun will er sich mit mir anlegen. Was durchaus in Ordnung ist, da ich nichts gegen eine gute Auseinandersetzung habe. Doch ich bin ein Sohn New Orleans’, ich wurde hier geboren und bin hier aufgewachsen, und ich habe vor, zu gewinnen.
Sie wissen bereits, dass Folgers mir mit dieser Kaffeepadidee einigen Wind aus den Segeln genommen hat, und sie haben uns auf diesem Gebiet geschlagen. Aber damit kann ich leben, denn Folgers ist Folgers, und unsere Magnolienblüte ist als Premiuminstantkaffee positioniert. Wir werden noch immer die Ersten auf dem Premiummarkt sein, und das macht mich glücklich. Aber … vor zwei Tagen erfuhr ich, dass Christophe Granvier vorhat, Kaffeepads, die er Caribe nennt, auf den Markt zu bringen, und das genau zur selben Zeit wie wir.
Ich will meine Ware wenigstens sechs Wochen vor ihm in den Regalen stehen haben, und das heißt Anfang September. Ich bekam schon fast ein Blumenkohlohr von den ganzen Telefonaten, die ich geführt habe, aber es ist möglich. Unsere Fabrik wird mit der Produktion und der Verpackung fertig, und die Fahrer können sie ausliefern, die Großhändler können sie ins Programm aufnehmen und die Einzelhändler können sie verkaufen. Alles, was ich jetzt noch brauche, ist, dass Sie die Werbekampagne früher in Gang setzen.«
Sicher, hatte Justin gedacht. Und wie wäre es, wenn wir das Rote Meer teilen, wo wir schon mal dabei sind?
Der Mann hatte Nerven. Er hatte ihren Zeitplan ohnehin schon drastisch gestrafft. Normalerweise dauerten die Markttests für eine nationale Distribution etwa ein Jahr. Mullavey hatte sie auf acht Monate verkürzt und war gerade dabei, sie zu halbieren. Und außerdem wollte er noch eine komplett neue Werbekampagne nach den Markttests in Evansville, Indiana. Aber der Klient hatte immer recht: Das war die goldene Regel.
Es hatte eine Debatte über die passenden Medien gegeben, bei der Justin bloß Zuschauer gewesen war. Die Position der Agentur wurde von Allison Hunter aufrechterhalten, die von Leonard Greenwald Unterstützung bekam. Nationale Medienkampagnen waren keine Goldgrube für Leute, die auf den letzten Drücker ankamen. Die Deadlines der Magazine lagen häufig Monate im Voraus, und die Sendezeiten der Sender konnten beinahe ebenso früh schon vergeben sein.
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