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Totenstadt

Totenstadt

Titel: Totenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Hodge
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wenn man bedachte, dass ihnen der Tag in der Feuchtigkeit wie ein Egel die Stärke ausgesaugt hatte. Finch bemühte sich, neben dem Kotflügel des Chevys wieder auf die Beine zu kommen, und er musste den Überlebensinstinkt des Mannes einfach bewundern. Das Bayou gewährte einem nicht einfach so Schutz. Es stellte einen mit seinem dunklen Wasser, dem Schlamm und Morast auf die Probe, dazu kamen noch der urzeitliche Wald, die Alligatoren, die schnappenden Schildkröten und Schlangen, so dick wie ein Handgelenk.
    Und das waren nur die angenehmen Seiten, wie man hier so schön zu sagen pflegte.
    Dorcilus planschte durch eine Grube voller Matsch und Brackwasser. Seine Beine wirbelten Schlamm in die Höhe und sein Hemd saugte sich voll Wasser. Finch sah aus der Ferne zu, er hörte, wie sich seine Stimme voller Panik überschlug und unnatürlich, undeutlich und guttural klang. Irre und überwältigende Furcht. Aufgrund des Schlamms war er bedeutend langsamer geworden und gab nun ein fast statisches Ziel ab.
    Einer der Gewehrträger kniete sich mit einem Bein hin und riss das Gewehr hoch. Zielte. Ein Schuss.
    Es klang irgendwie nicht richtig, nicht nach einer Kugel, wie sie Finch schon mal gehört hatte. Er sah, wie sich Dorcy durchbog und versteifte, als er in die Hüfte getroffen wurde, dann wusste er, was los war.
    Ein Pfeil? Ein Betäubungspfeil? Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
    Finch hielt sich so stark an seinem Kotflügel fest, dass sich seine Knöchel weiß färbten, während die beiden Vollstrecker an ihm vorbeigingen, als sei er gar nicht da. Dorcilus lag flach auf dem Boden und weinte, seine Bewegungen wurden von Minute zu Minute schwächer. Verzweiflung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, und seine Schreie klangen nach Verlust und Verdammnis.
    Das verlief ganz und gar nicht so wie erwartet. Er hatte gedacht, es macht bumm, und sie würden den Kerl mit einem schnellen Schuss erledigen. Seine Leiche entweder ins Wasser werfen oder zurück in den Hubschrauber tragen, um jemandem zu beweisen, dass Dorcy in der Tat Geschichte war. Aber das? Als Aal in einigen Metern Entfernung anhielt, war sich Finch nicht sicher, in welche Richtung er am wenigsten gern sehen wollte.
    »Gute Arbeit«, sagte Aal. Seine Augen waren völlig leidenschaftslos und sein Gesicht ganz gelassen. Glattes weißes Fleisch, weißblonde Haare, Augen wie Saphire. Die gemeißelten Wangen- und Kieferknochen wirkten fast aristokratisch. Er war recht attraktiv auf seine ganz eigene Weise, aber auch sehr … schaurig. Finch dachte, dass er keine Frau auch nur anfassen wollte, die mit Aal ins Bett ging, wie gut sie auch aussehen mochte. Dieser Kerl würde zu viel von sich an ihr zurücklassen.
    »Danke, Mr Fletcher.«
    »Sie haben da etwas Schlamm an der Wange.«
    Finch fühlte sich wie ein Grundschüler, als er sich mit dem Ärmel die Wange abwischte.
    Dorcilus wurde aus dem Graben gehoben, wobei ihn das Wasser mit einem Schmatzen freigab, dann trugen sie ihn zurück, ein Mann hielt seine Füße fest, der zweite seine Schultern. Er konnte gerade noch zucken, und seine Stimme war nun nichts weiter als ein mitleiderregendes Stöhnen; seine Augen starrten in ein Reich, das jenseits von Finchs Vorstellungskraft lag.
    Die Männer trugen Dorcilus etwas weiter in die Barackenstadt Bayou Rouge hinein und legten ihn dann vorsichtig in den Sarg, der auf zwei Sägeböcken stand. Finch war zuvor daran vorbeigegangen, als der junge Handwerker ihn glatt gehobelt hatte, und er hatte nicht die leiseste Ahnung gehabt, wozu er dienen sollte. Dorcys Hemd wurde ihm vom Leib gerissen, dann zog man ihm die schlammbedeckten Schuhe aus und schnitt die verschmutzte Hose mit einem Messer herunter. Alles landete auf einem feuchten Haufen unter dem Sarg.
    Dann wurde es wirklich abgefahren. Finch wollte abhauen, konnte es aber nicht, und so blieb ihm keine andere Wahl, als sich am Kotflügel festzuhalten und zu warten.
    Aal wandte Dorcilus’ lebendigem Leichnam seine volle Aufmerksamkeit zu. Aus einer Tasche holte er eine Art Rassel hervor, ein primitiv aussehendes zeremonielles Ding, in das farbenfrohe Perlen und einige gebleichte Knochen verwebt worden waren, die aussahen wie kleine Wirbelknochen. Aal schüttelte sie über dem nackten Körper und erzeugte so kunstvolle Muster; darunter verfiel Dorcilus in einige letzte Zuckungen, bevor die völlige Lähmung einsetzte. Aber seine Augen blieben weit geöffnet, sein Blick war voller Panik und so eindringlich, dass kein Zweifel

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