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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Schiebedach auf.«
    Als es offen ist, stelle ich mich hin. Beinahe verliere ich das Gleichgewicht, als wir anfahren. Linden packt mich an der Hüfte, damit ich nicht falle. Mir macht das nichts aus, weil das Schiebedach für mich geöffnet worden ist. Ich lege die Arme aufs Auto. Der Schnee fällt mir ins Haar und scheint im Licht der Limousine zu schmelzen. Ich sehe die Bäume an uns vorüberziehen, den reparierten Minigolfplatz, den Orangenhain, Jennas Trampolin. Ich sehe, wie all diese Dinge kleiner werden, die in den letzten Monaten meine ganze Welt gewesen sind, während das Auto sich von ihnen entfernt. Sie scheinen sich von mir verabschieden zu wollen. Auf Wiedersehen, genieße deinen Abend. Ich lächele und schaue nach vorn, damit mir nicht entgeht, was als Nächstes kommt.
    Eine Zeit lang nichts als Bäume. So weit bin ich noch nie gekommen. Ich habe nicht einmal gewusst, dass eine Straße in diese Richtung führt. Wir fahren eine gefühlte Ewigkeit. Ich fange an, die Sterne zwischen den Bäumen zu beobachten und den Dreiviertelmond, der sich beeilt, mit mir Schritt zu halten.
    Dann kommen wir an das Tor mit der spitz zulaufenden Blüte, die aufbricht, als das Tor sich öffnet und uns durchlässt. Und dann haben wir das Anwesen verlassen. Es folgen noch mehr Bäume und plötzlich ist da eine Stadt. Helle Lichter und die Schemen von lachenden und sich unterhaltenden Menschen. Dieser Ort wirkt reicher
als der, aus dem ich komme, und das Geld hat diesen Leuten die Illusion von Zeit gegeben. Vielleicht hoffen sie auf ein Gegenmittel, das sie retten wird, oder vielleicht sind sie einfach nur glücklich, ein schönes Zuhause zu haben, in das sie zurückkehren können. Keine Spur von Verzweiflung und bettelnden Waisenkindern. Stattdessen sehe ich eine Frau in einem rosa Kleid, die sich vor Lachen krümmt. Sie steht vor einem Kino, das die Filmtitel auf einem riesigen Display ankündigt. Ich rieche Fast Food und frischen Beton und irgendwo aus der Ferne den üblen Gestank einer Abwasserleitung.
    Es ist ein Schock. Wie eine Landung auf dem Mars, aber auch wie eine Heimkehr.
    Wir fahren an einem Hafen vorbei und der ist nicht wie der in Manhattan. Ein Sandstrand führt ins Wasser, und es gibt viele Stege, an denen Segelboote für die Nacht festgemacht sind. Sie wiegen sich im Rhythmus des Meeres.
    Linden holt mich rein. Ich würde mir noch eine Lungenentzündung holen, meint er. Für einen kurzen Moment ist mir das egal, aber dann denke ich, wenn ich eine Lungenentzündung kriege, darf ich das Haus sicher nie wieder verlassen. Dass ich jetzt rausgekommen bin, ist schon ein Glück, wenn man bedenkt, wie sehr er sich um mich gesorgt hat, während meine gebrochenen Knochen heilten. Vaughn musste ihn erst davon überzeugen, dass ich stark bin wie ein Ochse – wie sein toter Sohn, dachte ich, als ich den Vergleich hörte –, ehe Linden es in Erwägung gezogen hat, mich heute Abend auszuführen.
    Ich mache es mir auf dem beheizten Sitz bequem und lasse Linden das Fenster schließen. Durch die getönte
Scheibe betrachte ich die Stadt. So schlecht ist das gar nicht. Linden schenkt mir Champagner ein und wir stoßen mit unseren Gläsern an. Ich habe früher schon einmal Alkohol getrunken, vor ein paar Jahren. Da war ich vom Dach gefallen, als Rowan und ich versucht hatten, eine undichte Stelle zu reparieren. Ich hatte mir die Schulter ausgekugelt und Rowan ließ mich aus einer staubigen Flasche Wodka aus dem Keller trinken, bevor er mir die Schulter wieder einrenkte. Damit der Schmerz leichter zu ertragen wäre.
    Aber dies hier ist anders, prickelnd und leicht. Es wärmt meinen Bauch. Der Wodka damals hat gebrannt.
    Ich lasse es zu, dass Linden den Arm um mich legt. Eine Erste Ehefrau würde das so machen. Eine Weile ist er stocksteif, dann scheint er sich ein wenig zu entspannen. Er nimmt eine meiner Locken – über und über eingesprayt, gefestigt und gestylt, damit sie den Abend überstehen – und wickelt sie um seinen Finger. Wie Rose ihr Haar wohl getragen hat, wenn er sie ausgeführt hat?
    Wir trinken den Rest unseres Champagners. Er nimmt mir das leere Glas aus der Hand und sagt, dass es auf der Messe noch mehr davon geben wird. Er erzählt mir, dass es eine Menge Toasts geben wird und Diener, die Weingläser auf Tabletts herumtragen. »Wenn es ihr zu viel wurde, hat Rose nur noch so getan, als würde sie daran nippen. Ich glaube, sie hat einen Diener gebeten, ihr fast leere Gläser zu servieren, um den Schein

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