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Totentöchter - Die dritte Generation

Totentöchter - Die dritte Generation

Titel: Totentöchter - Die dritte Generation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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vielleicht doch echt ist. Ich spüre die kalten Fliesen, wobei es aussieht, als würden sich meine Hände in die Erde graben. Linden schmunzelt, als ich wieder an seine Seite zurückkehre.
    »Sie versuchen immer, eine Umgebung zu schaffen, in die man ein Haus bauen könnte«, sagt er. »Diese Messe ist besser als die letzte, an der ich teilgenommen habe – es sah damals eher aus wie in einer Wüste. Das hatte nur den Effekt, dass alle durstig wurden. Und das Jahr, in dem sie einen leeren Bürgersteig gezeigt haben, um den Bau
von Läden anzuregen, war schlichtweg deprimierend. Da sah es aus wie nach dem Weltuntergang.«
    Das Dessertbüfett ist wie eine Stadtansicht gestaltet. Es gibt einen Biosphärenkuppelkuchen, der schon angeschnitten ist. Und einen Swimmingpool aus wabbeliger Gelatine mit Schokoladenplätzchenbeton und einer Schokoladenfontäne. Zuckergussblumen wurden gerupft und verstümmelt, und es wirkt wie Dorothys Land Oz, nachdem jemand hineingebissen hat.
    Kaum sind wir ein paar Schritte gegangen, da reißt auch schon jemand meine Hand an sich und küsst sie. Mir stellen sich die Nackenhaare auf. Ich lächele strahlend.
    »Und wer ist dieses entzückende junge Ding?«, sagt ein Mann. Ihn überhaupt einen Mann zu nennen, kommt mir verkehrt vor, denn wahrscheinlich ist er jünger als ich. Dennoch trägt er einen Anzug, der mehr kosten wird als ein ganzer Monat Strom in der Villa.
    Stolz stellt Linden mich als seine Ehefrau vor. Mein Lächeln bleibt an Ort und Stelle, aber ich leere das ganze Glas Wein, das mir gereicht wird, und das nächste, weil ich finde, dass damit die Küsse und Begrüßungen leichter zu ertragen sind. Andere Frauen sind auch da, aber sie scheinen alle glücklich zu sein mit ihren Männern. Sie machen mir Komplimente für meine Armbänder, fragen, wie lange es gedauert hat, mir das Haar zu frisieren, und sie beschweren sich über die Unfähigkeit ihrer eigenen Aufwärter und Diener im Umgang mit Reißverschlüssen, Perlen oder was auch immer. Nach einer Weile wird alles zu einem eintönigen Rauschen, und ich nicke nur noch und lächele und trinke. Eine ist schwanger, und sie
macht eine große Sache daraus, einen Diener anzufahren, der ihr ein Glas Wein anbietet. Mich nennen sie Liebchen und Süße, und sie fragen mich, wann ich denn ein Baby bekommen werde. Ich sage: »Wir versuchen es.«
    Keine der Ehefrauen verliert ein Wort über die Wachleute an der Tür, die uns wahrscheinlich niederringen würden, sollten wir versuchen, ohne unsere Ehemänner zu gehen.
    Mir gefallen die Hologramme von den sich drehenden Häusern, doch als Linden sein Hologramm installiert, bin ich völlig fasziniert von seiner Zeichnung, die koloriert und zum Leben erweckt worden ist. Es ist keine von denen, die ich bereits gesehen habe. Vielmehr hat es den Anschein, als wären viele Zeichnungen darin zusammengefasst worden. Es ist ein viktorianisches Haus, an dessen Mauern Efeu emporrankt, den man zurückschneiden und wieder wachsen lassen kann. Drinnen bewegen sich schemenhaft Menschen, aber wenn das Fenster in den Blick kommt, treten die Leute zurück und man kann die Holzfußböden und sich bauschenden Gardinen sehen. Und ich meine, Roses Potpourri zu riechen. In einem der Schlafzimmer sind überall Vasen mit Lilien. Es gibt eine Bibliothek, in der ausschließlich Atlanten stehen, und ein Schachbrett mit einer unvollendeten Partie in der Mitte des Raumes.
    Die virtuelle Tour durch die Räume macht mich ganz schwindelig. Ich klammere mich an Lindens Arm und er stützt mich und drückt mir einen kleinen Kuss auf die Schläfe. Nachdem mich all diese Fremden befingert und geküsst haben, empfinde ich es als Erleichterung, dass er jetzt der Einzige ist, der mich berührt.

    »Wie findest du es?«, fragt er.
    »Wenn hier niemand leben will, dann sind sie alle verrückt«, sage ich.
    Wir lächeln uns an, heben gleichzeitig die Gläser und nehmen einen Schluck Wein.
    Am Ende des Abends ist mein Mund voller Alkohol und dickem Zuckerguss, der die Welt irgendwie süßer riechen lässt. Meine Locken sind nicht welk geworden, obwohl sich Schweiß in meinem Nacken sammelt. Ich bin in einem nebligen Rausch, lächele unentwegt, lache, lege meine Hände auf die Schultern fremder Männer und sage: »Oh, nicht doch!«, wenn sie mir ein ums andere Mal Komplimente wegen meiner Augen machen. Die Hälfte von ihnen fragt, ob sie echt sind, und ich sage: »Natürlich. Was denn sonst?«
    Ein Mann fragt: »Wo haben Sie nur so

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