Totes Zebra zugelaufen
hielt.
Er beugte sich aus dem Fenster und sprach sachlich, doch angenehm. »Gibt es noch einen anderen Weg zum Schwimmbecken?« fragte er.
Linda zögerte einen Moment. »Ja, aber wir benutzten ihn nicht oft. Er ist ziemlich holprig.«
»Das macht nichts. Wie müssen wir fahren?«
»Benutzen Sie bitte die andere Einfahrt. Soll ich es Ihnen zeigen?«
»Bitte.«
Vorn im Wagen saßen zwei Männer. Linda öffnete deshalb die hintere Tür und stieg ein. Sie beugte sich nach vorn und beschrieb dem Fahrer den Weg zur anderen Einfahrt, vorbei an dem ehemaligen Bauernhaus, über die schmale Schotterstraße, die sich am Rand des Wäldchens entlangzog. Der Wagen des Sheriffs schaukelte schwerfällig über knorrige Baumwurzeln und durch ausgetrocknete Schlaglöcher, bis sie nach etwa hundert Metern die Kläranlage erreichten, die der Reinhaltung des Wassers in dem wunderschön gelegenen Schwimmbecken diente.
Als Linda die Hand ausstreckte, um den Wagenschlag zu öffnen, stellte sie fest, daß die Innenseite der Tür keine Klinke hatte. Der Mann neben dem Fahrer ließ sie hinaus und folgte ihr, als sie zur Betonumrandung des Bassins vorausging. In der glatten Wasserfläche spiegelte sich das Blau des Himmels mit irreführend friedlicher Beschaulichkeit.
Auf dem Betonboden lag lang ausgestreckt George Nunn, Ge- sic t an Gesicht mit einem massiv gebauten Mann, auf dessen nackten Körper die Morgensonne niederbrannte. Georg hielt die Finger um die Lippen gepreßt und bemühte sich redlich, dem reglosen Mann Atem einzuhauchen. Forrest kniete neben seinem Sohn und wartete gespannt auf ein Lebenszeichen.
Nach einem raschen Blick packte der Deputy-Sheriff Linda an der Schulter und drehte sie um. »Gehen Sie jetzt lieber, Miss«, riet er.
»Tote sind mir nichts Neues«, versetzte sie rasch. »Falls er überhaupt wirklich tot ist.«
Sie wandte sich um und sah zwei Männer aus dem Krankenwagen steigen, der ihnen gefolgt war.
Der Ton des Deputy-Sheriffs wurde bestimmter. »Er ist nicht zugedeckt, Miss.«
Linda sah ihn an. »Ich bin kein Kind mehr«, gab sie zurück. »Vielleicht kenne ich ihn. Ich kenne jeden, der hierher kommt, und auch viele Mitglieder der anderen Vereinigungen.«
Während sie sprachen, drängte sich ein erstaunlich jung aussehender Mann an ihnen vorbei, in der Hand das wohlbekannte schwarze Arztköfferchen. Er kniete neben dem Mann auf dem Beton nieder. Nachdem er George verscheucht hatte, legte er sein Ohr auf die Brust des Mannes. Einen Moment später schob er ein Augenlid hoch und drückte dann sein Stethoskop auf die linke Brustseite. Er schüttelte den Kopf. »Tot«, verkündete er und stand auf. »Wahrscheinlich schon seit mehreren Stunden.« Sein Blick richtete sich auf George. »Sie haben vollkommen richtig gehandelt. Wenn Sie rechtzeitig zur Stelle gewesen wären, hätten Sie ihn vielleicht retten können.« Er drehte sich um. »Bringen Sie das junge Ding weg«, befahl er.
»Sie ist meine Tochter«, erklärte Forrest milde. »Der Tod ist ihr nicht unbekannt.«
Der junge Arzt öffnete den Mund zu einer Erwiderung, aber als ihm einfiel, wo er sich befand, klappte er ihn wieder zu.
»Dann decken wir ihn doch wenigstens zu«, schlug er schließlich vor.
Der Fahrer des Krankenwagens brachte eine Decke und breitete sie über den Toten.
Der Sheriff war ein älterer Mann. Um die Mitte herum war sein Körper so schwammig, daß er untersetzter wirkte, als er wirklich war. Er schien Anfang Fünfzig zu sein, doch als er seine Mütze abnahm, um sich die Stirn zu wischen, sah er fünf Jahre älter aus. Sein Haar war fast weiß, und am Scheitel, wo die Mütze gesessen hatte, war sein Kopf kahl. Als er den Schweiß abgewischt hatte, setzte er die Mütze wieder auf und zog ein kleines Notizbuch heraus.
»Was ist passiert?« fragte er gelassen.
»Ich kam vor ungefähr einer halben Stunde her«, antwortete George, »um die Kacheln zu waschen und die Kläranlage zu reinigen. Das tun wir jeden zweiten Tag. Als ich aus dem Wäldchen trat« — er hielt inne und wies mit der Hand auf die Baumgruppe —, »sah ich ihn im Becken treiben. Mit dem Rücken nach oben, das Gesicht im Wasser. Ich war überrascht, denn ich hatte keine Gäste kommen gehört, und im allgemeinen ist das Schwimmbecken so früh am Morgen noch leer. Als er nach ungefähr einer halben Minute den Kopf immer noch nicht aus dem Wasser hob, wurde mir klar, daß da was nicht stimmte. Ich rannte hinunter, sprang ins Becken, zog ihn heraus und legte ihn
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