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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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Doch sie wusste, dass das täuschte, denn sobald sie Beth Anns neugierigen Blicken nicht mehr ausgesetzt waren, zeigte sich schlagartig Ernüchterung auf seinem Gesicht.
    “Ist das alles wirklich nötig?”, fragte er sie leise, und in seiner Stimme schwang eine Spur Verzweiflung mit.
    Allie konnte sich sehr gut vorstellen, dass er nach jahrelanger Belagerung durch die Polizei einfach nur seine Ruhe haben wollte. Und dennoch: Ihr war es wichtig, sich optisch von seiner Unschuld zu überzeugen. Wenn sich herumsprach, was heute Abend hier passiert war, könnte es zu heftigen Reaktionen kommen – und immer schon hatte sie sich lieber auf die Seite der Außenseiter, Verlierer und Benachteiligten gestellt.
    Warum sie Clay in diese Kategorie einordnete, wusste sie selbst nicht. Vielleicht, weil sich die öffentliche Meinung längst gegen ihn verschworen hatte. Und weil er nichts dagegen unternommen hatte. Womit er sich wahrscheinlich selbst am meisten im Weg stand.
    “Wenn ich in meinem Bericht betone, dass Ihre Hände und Ihr Oberkörper keine Spuren einer körperlichen Auseinandersetzung aufweisen, wird der Staatsanwalt unter Umständen weniger Handlungsbedarf sehen.”
    “Es gab keine körperliche Auseinandersetzung. Alles, was ich getan habe, war, die Beziehung zu beenden.”
    Es war Clays Vergangenheit, die auf der Situation lastete. Aber Allie wollte ihm nicht erzählen, dass Beth Ann ihn beschuldigt hatte, den Mord an Reverend Barker gestanden zu haben. Das würde das Fass seiner Wut zum Überlaufen bringen. Warum sollte sie ihn, allein mit ihm auf engstem Raum, noch weiter provozieren? Sie würde Beth Anns Aussage lediglich zu den vielen anderen unbewiesenen Aussagen in den Akten legen – Aussagen, die Allie sich allesamt zu überprüfen vorgenommen hatte, gründlich und methodisch. “Es ist zu Ihrem eigenen Schutz, Mr. Montgomery.”
    Sie war nicht sicher, ob er ihr wirklich glaubte, aber tatsächlich zog er sich mit einem Nicken, das viel zu jungenhaft für einen so kräftigen Mann wirkte, das T-Shirt aus.
    Nie zuvor hatte Allie einen prächtigeren männlichen Oberkörper gesehen. Um Clays Hals hing ein goldenes Medaillon. Es lag genau in der Vertiefung zwischen den kräftigen Brustmuskeln, schien irgendeinem katholischen Heiligen gewidmet zu sein und überraschte sie, denn sie hätte ihn nicht für religiös gehalten.
    Ihre Augen trafen sich, und kurz fürchtete sie, er könnte die widerstrebende Bewunderung in ihrem Blick lesen.
    “Dafür, dass Sie Polizistin sind, scheinen Sie sich in manchen Situationen des Polizeialltags nicht besonders wohl zu fühlen”, murmelte er, und diesmal war der beißende Unterton aus seiner Stimme verschwunden.
    “Meine Stärke sind tote Menschen, nicht lebendige”, sagte sie.
    “Aber mit lebendigen hat man mehr Spaß.”
    Er flirtete schon wieder, aber sie wusste, dass er es nicht ernst meinte. Wahrscheinlich suchte er nur nach einer Möglichkeit, sich von der erniedrigenden Fleischbeschau abzulenken.
    “Mag sein”, gab sie zu, “aber sie sind auch um einiges bedrohlicher.”
    Seine aufgesetzte gute Laute war im Nu wieder verflogen. “Ich habe ihr nicht wehgetan.”
    “Ich spreche gar nicht von dieser Art von Bedrohung.” Sie berührte seinen Arm, um ihn umzudrehen, aber er rührte sich nicht vom Fleck.
    “Wenn ich sie geschlagen und sie sich gewehrt hätte, dann wären Spuren auf meinem Gesicht, meinem Hals und meiner Brust zu sehen”, sagte er.
    Aber Allie sah keine Spuren einer Auseinandersetzung. Dennoch machte sie seine Weigerung, ihr den Rücken zu zeigen, neugierig. “Es gibt einige Ausnahmen.” Sie zog erneut an seinem Arm.
    “Ich habe Ihnen genug gezeigt”, knurrte er. Aber sie bestand darauf, dass er sich umdrehte, und als er ihr endlich gehorchte, verstand sie seine Weigerung. Der Rücken war voller frischer Kratzspuren.
    “Ich nehme an, die haben Sie von heute Nacht?”, fragte sie.
    Er warf ihr einen trotzigen Blick über die Schulter zu. “Aber nicht von einem Streit.”
    Das stimmte. Die Höhe der Kratzspuren und die Richtung, in der sie verliefen, zeigten Allie deutlich, was Clay und Beth Ann miteinander gemacht hatten. Er hatte es ihr ja bereits in leuchtenden Farben geschildert.
    Erleichtert, dass die Inspektion beendet war, trat sie zur Seite.
    “Vielen Dank. Wenn Sie aufs Revier kommen, nachdem ich mit Beth Ann fertig bin, könnten wir ein paar Fotos machen, die den makellosen Zustand Ihres Körpers dokumentieren.” Sie errötete, als

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