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Totgeglaubt

Totgeglaubt

Titel: Totgeglaubt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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“Natürlich will ich Gerechtigkeit.”
    “Was machst du hier so früh? Es ist doch erst sieben!”
    Mit einer Körpergröße von nicht einmal einem Meter sechzig, dafür aber einem umso beeindruckenderen Brustumfang stand Clays Mutter in der Tür ihrer kleinen Doppelhaushälfte, die sie seit Kurzem umgestaltete. Mittlerweile war das Haus so vollgestopft mit neuen Teppichen, Möbeln, Tapeten und Accessoires, dass Clay sich Sorgen machte, auch Außenstehende könnten langsam ahnen, was er bereits wusste: dass Irene sich eine so teure Einrichtung unmöglich von ihrem Gehalt als Boutiquen-Verkäuferin leisten konnte. Zwar erzählte sie jedem, sie habe eine Gehaltserhöhung bekommen, aber einen so gewaltigen Gehaltssprung würde ihr nicht einmal der größte Idiot abkaufen.
    “In Anbetracht dessen”, sagte er, “dass ich jeden Morgen um vier aufstehe …” – und, fügte er in Gedanken hinzu, dass ich diese Nacht überhaupt nicht geschlafen habe –, “hält sich mein Mitleid mit dir in Grenzen.” Besonders, weil er wusste, dass sie gar nicht so böse darüber war, aus dem Bett geworfen worden zu sein. Sie konnte es nur absolut nicht leiden, überrascht zu werden, bevor sie ihr “Gesicht aufgesetzt” hatte, wie sie es nannte. Das galt auch für ihren Sohn. Er konnte an einer Hand abzählen, wie oft er seine Mutter ohne dick aufgetragene Wimperntusche und leuchtend roten Lippenstift gesehen hatte. “Lässt du mich jetzt rein oder nicht?”
    “Natürlich.” Sie zog den Gürtel ihres Morgenmantels fest, zupfte an ihrem dunklen Dutt herum. Normalerweise trug sie ihr Haar offen. “Was ist denn in dich gefahren? Ist etwas passiert?”
    Clay konnte kaum treten in dem vollgestopften Zimmer. Seit er vor einem Monat hier gewesen war, hatte sich seine Mutter eine neue Ledercouch, zwei Lampen, einen großen Flachbildfernseher und einen extravaganten Teewagen angeschafft.
    “Jetzt erzähl mir bitte, dass du aufgehört hast, ihn zu treffen”, sagte er, noch während sie die Tür schloss.
    “Ich weiß nicht, wovon du sprichst”, erwiderte seine Mutter, sah ihn dabei jedoch nicht an.
    Der Gardenienduft ihres Parfums schwebte in der Luft, als sie in die Küche eilte. Diese war ebenfalls renoviert worden und jetzt direkt vom Wohnzimmer aus zu erreichen. “Möchtest du einen Kaffee? Ich habe eine köstliche Bohne da.”
    Gourmetkaffee. Allies Vater schien sie wirklich auf Händen zu tragen. “Merkst du überhaupt, was du da tust?”, fragte er verblüfft, während er seiner Mutter in die Küche folgte. “Ist dir klar, was du riskierst?”
    “Hör auf!”, fiel Irene ihm ins Wort. “Ich lebe mein Leben, so wie jeder andere auch.”
    Ja, das tat sie – in permanenter Verleugnung. An sich war ihre Weigerung, sich einzugestehen, was mit Barker passiert war, nicht weiter bedenklich. Solange Clay in der Nähe war und sich um sie und seine Schwestern kümmerte, hatte er den Eindruck, dass alles in Ordnung war. Er wollte einfach nur, dass sie glücklich waren … und vergaßen. Deshalb blieb er auf der Farm. Deshalb wachte er sorgsam darüber, dass dort keine Beweise gefunden wurden. Denn nur so konnten sie das Leben führen, das er sich für sie wünschte. Aber wenn sich Irene weiterhin weigerte, auf ihn zu hören, dann könnten all seine Bemühungen umsonst gewesen sein. “Allie McCormick arbeitet daran, Barkers Verschwinden aufzuklären”, sagte er.
    Diese Ankündigung schien Irene nicht weiter zu beeindrucken. “Nicht offiziell.”
    “Das spielt keine Rolle. Sie gilt als Expertin für die Aufklärung weit zurückliegender Verbrechen. Und sie ist auf dem neuesten Stand in Sachen Kriminaltechnik und Spurensicherung.”
    “Ich weiß.” Irene kochte unbeirrt weiter Kaffee. “Sie ist eine exzellente Polizistin, genau wie ihr Vater.”
    Clays Kinnlade klappte herunter, als er den Stolz in der Stimme seiner Mutter hörte. “
Was?”
    “Grace hat mir alles über sie erzählt”, erklärte sie. “Aber keine Sorge. Allie hat gerade erst eine schmerzliche Scheidung hinter sich. Sie ist einsam und langweilt sich, da ist es doch klar, dass sie Lust hat, hier und da ein bisschen herumzustochern. Was sollte eine Topermittlerin wie sie in einem Kaff wie Stillwater sonst auch tun? Aber am Ende wird ihr auch diese Sache langweilig werden.”
    “Langweilig”, wiederholte er ungläubig.
    “Maddy stachelt sie an.”
    “Für Allie ist dieser Fall kein kleines Abenteuer, Mom. Wenn ich sie nicht völlig falsch einschätze, dann

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