Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
was schuldig. Sie wussten, dass das Skelett Ihnen ’ne Stange Geld einbringen würde. Warum es also nicht einfach nehmen?«
»Warum nicht.« Verächtlich.
»Dann waren die Knochen plötzlich verschwunden. Niete Nummer drei. Schon wieder verarscht.«
»Schnauze.«
»Sie fliegen extra nach Israel, um sie zurückzuholen. Sind aber nirgends zu finden. Niete Nummer vier. Wieder verarscht.«
»Verarscht? Ich glaube, das hier reicht auch.«
Purviance klopfte auf ihre Tasche. Ich hörte das hohle Klacken eines Plastikbehälters.
»Ganz schön mutig. Den Chef hatten Sie ja schon abgeknallt. Warum also nicht auch Blotnik?«
»Blotnik war ein Dieb.«
»Sparte die Scherereien eines Einbruchs.«
Ein Lächeln kroch über Purviances Gesicht. »Ich hatte keine Ahnung von diesen Knochen, bis Blotnik plapperte. Der alte Trottel hatte sie nicht mal zwei Stunden.«
»Wie hat er überhaupt von ihnen erfahren?«
»Irgendso ’ne alte Schachtel hat Knochenfragmente gefunden, als sie das Leichentuch untersuchte, in dem sie waren. Was soll’s?« Purviance klopfte noch einmal auf die Tasche. »Vielleicht ist das nur Müll. Könnte aber auch der Heilige Gral sein. Diesmal gehe ich kein Risiko ein.«
»Was haben Sie Blotnik angeboten? Glaubte er, Sie haben das Masada-Skelett?«
Wieder das kalte Lächeln. »Das war nur Betrug am Betrüger.«
Sie hatte Blotnik getötet, die Knochen aus dem Leichentuch an sich genommen und sich aus dem Staub gemacht. Was wollte sie nun wieder hier?
»Sie sind damit durchgekommen. Warum sind Sie zurückgekehrt?«
»Wir wissen doch beide, dass eine Reliquie ohne Papiere einen Dreck wert ist.«
Wir hörten es beide im selben Augenblick. Das leise Quietschen einer Gummisohle.
Purviances Abzugsfinger zuckte. Sie zögerte, wusste nicht recht, was sie tun sollte.
»Rein da!«, zischte sie.
Ich wich in den Wandschrank zurück, ohne den Blick von ihrer Waffe zu nehmen.
Die Tür wurde zugeworfen. Ein Riegel klickte. Hastige Schritte, dann Stille. Ich drückte mein Ohr an das Holz.
Ein Geräusch wie Brandung, übertönt vom Leiern eines Radiokommentators.
Still bleiben? Aufmerksamkeit erregen?
Was soll’s?
Ich hämmerte.
Ich schrie.
Sekunden später knallte die Bürotür gegen die Innenwand.
Mit rasendem Herzen wich ich in die Nische zurück.
Ein Lichtstreifen unter der Schranktür.
Gummisohlen.
Der Riegel wurde geöffnet.
Die Tür ging auf.
39
Noch nie in meinem Leben war ich so froh gewesen, jemanden zu sehen.
»Was tust du denn hier?« Jake klang mehr als schockiert.
»Hast du sie gesehen?«
»Wen?«
»Purviance.«
»Wer ist Purviance?«
»Egal.« Ich schob mich an ihm vorbei und packte ihn am Arm. »Wir müssen sie aufhalten.«
Ich zerrte. Wir rannten beide los.
»Sie hat nicht mehr als drei Minuten Vorsprung.«
Aus dem Büro hinaus. Den Gang entlang.
»Wer ist Purviance?«
»Die Dame mit deinen Knochen aus dem Leichentuch.«
Ich hielt mich am Geländer fest und nahm immer drei Stufen auf einmal. Jake blieb dicht hinter mir.
»Bist du mit dem Auto da?«, rief ich über die Schulter.
»Ich habe den Transporter des Ausgrabungsteams. Tempe …«
»Wo?« Ich atmete schwer.
»In der Auffahrt.«
Als wir zur Tür hinausstürzten, raste ein Auto an uns vorbei. Der Kopf der Fahrerin ragte kaum über das Lenkrad hinaus.
»Das ist sie«, keuchte ich.
Das Auto schoss zum Tor hinaus.
»Schnell!«
Wir rissen die Türen auf und sprangen hinein.
Jake drehte den Schlüssel und stieg aufs Gas. Der Motor jaulte im Leerlauf. Jake legte den ersten Gang ein und bugsierte den Transporter in einer Dreipunktkehre in Richtung Ausfahrt.
Als wir so weit waren, bog Purviance eben auf die Straße ein.
»Sie ist nach links auf die Sultan Suleiman gefahren.«
Jake trat das Pedal durch. Kies spritzte auf, und wir schossen aufs Tor zu.
»Was fährt sie?«
»Einen Citroën CV-3, glaube ich. Ich habe das Auto nur ganz kurz gesehen.«
Wir rasten hügelabwärts. Die Altstadt auf der anderen Seite versank im Dunst.
Jake trat nur kurz auf die Bremse und riss das Lenkrad nach links. Ich kippte nach rechts und knallte mit der Schulter gegen das Fenster.
Die Hecklichter des Citroën vor uns schwenkten wieder nach rechts.
Jake beschleunigte.
Ich griff hinter mich, zog den Sicherheitsgurt vor und schnallte mich an.
Jake bog auf die Derech Jericho ein.
Der Citroën vergrößerte den Vorsprung. Die Hecklichter waren jetzt nur noch verwaschene rote Flecken.
»Wohin fährt sie?«
»Im Augenblick
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