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totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition)

Titel: totgepflegt: Maggie Abendroth und der kurze Weg ins Grab (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minck
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Kreditkarte vor meinen Augen zerschnippelte, hatte ich das Gefühl, dabei zuzusehen, wie ein grausamer Mensch aus meiner Menschenwürde Konfetti machte. Seit ich die Bank verlassen hatte, prangte auf meiner Stirn ein Kainsmal. Nicht kreditwürdig! Die EC-Karte hatte mir der grausame Mann von der Bank nach langem Bitten und Betteln dann doch gelassen. Meine 18.000 Mark Dispokredit waren in ein Darlehen umgewandelt worden, was mich jeden Monat 200 Mark kosten würde. Inklusive Zinsen und Bankbearbeitungsgebühr würde ich die kleine Ewigkeit von neun Jahren daran abzahlen, vorausgesetzt, ich hatte einen Job und konnte bezahlen.
    Herr Sommer war mittlerweile bei den Designer-Särgen mit den Fantasienamen angekommen. Hatte ich es mir doch gedacht. Hauptsache Design. Die Preise für diese Designerstücke fand ich auch sehr fantasievoll. Nachdem ich aufmerksam die zahlreichen Nullen an einem Preisschild studiert hatte, hörte ich schon wieder nicht mehr richtig zu. Vielmehr sah ich mir dabei zu, wie ich aus reinem Selbstschutz an Schuhgeschäften vorbeispurtete, um nicht in Versuchung zu geraten, und an allen Buchläden vorbei rannte, die Nase zwei Millimeter über dem Bürgersteig. Wegen Schreibwarengeschäften mit exklusiven Auslagen von in Leder gebundenen Notizbüchern brachte ich es sogar fertig, die Straßenseite zu wechseln.
    Sehr verehrtes Publikum, schalten Sie auch morgen wieder ein zu einer neuen Folge von: »Maggie Abendroth – Auf der Flucht vor den schönen Dingen des Lebens«.
    Ich bäumte mich ein letztes Mal auf und unterbrach Sommers Vortrag über Mahagoni vs. Eiche: »Herr Sommer, da wäre noch eine Kleinigkeit. Ich rauche.«
    »Nicht so schlimm, Frau Abendroth. Ich verbiete keinem Kunden, hier zu rauchen. Wenn Sie es nicht übertreiben, bitte schön.«
    Dabei strahlte er mich an, als rechnete er sich schon aus, um wie viel früher Raucher, rein statistisch gesehen, sterben und somit ihre letzte Reise bei Pietät Sommer buchen könnten. Vielleicht sollte ich jetzt schon einen Mitarbeiterrabatt aushandeln.
    Mit letzter Überwindung trieb ich meinen Lohn in die schwindelnde Höhe von 3200 Mark brutto und versprach, am nächsten Montag, samt meiner Steuerkarte, um 8.00 Uhr anzutanzen.
    Herr Sommer, so schien es, freute sich einen Buckel über seine neue Mitarbeiterin und drückte mir zum Abschied stolz seine Firmenbroschüren und einen kleinen Stapel Fachpresse in die Hand: »Hier, eine kleine Auswahl der Fachorgane des Bestattungswesens und der Thanatologen. Da bekommen Sie mal einen Eindruck.«
    Völlig überrumpelt fand ich mich mit drei Kilo Bestatter-Vogue und Thanatologen-Amica unterm Arm vor der Tür wieder. Mir fiel jetzt erst auf, dass er im Schaufenster gar keinen Sarg ausgestellt hatte. Noch nicht mal eine Urne. Ein goldener Schriftzug auf der Schaufensterscheibe, als Hintergrund der unvermeidliche dunkelblaue Designervorhang mit goldenen Spratzern zur Auflockerung.
    Während ich noch sinnend vor der sparsamen Schaufensterdekoration stand, kam ein sehr blasser und sehr traurig aussehender Mann im dunkelgrauen Anzug heran, der mir kurz zunickte und dann seufzend durch die Tür schritt. Trauerfall, konstatierte ich professionell, von jetzt an mein täglicher Umgang.
    Von einer Telefonzelle aus rief ich das Arbeitsamt an, um meinem heiß geliebten Lach- und Sachverwalter von meinem exorbitanten Erfolg zu berichten.
    Er hatte keine Zeit, meinem Enthusiasmus zu folgen und wollte lieber ein korrektes Schreiben. »… oder ist Ihre Schreibblockade schon so weit fortgeschritten? Hahaha!«
    Selten so gelacht. Zur Strafe kriegst du von mir einen handgekritzelten Wisch auf grauem Recyclingpapier!
    Um nicht ständig an mein Martyrium erinnert zu werden, hatte ich meinen Laptop mitsamt der Transporttasche sofort unter dem Kleiderschrank geparkt. Ihn offen herumstehen zu lassen, hätte bedeutet, mir jeden Tag vorzuwerfen, dass ich ihn nicht verkauft hatte. Aber ihn zu verkaufen, hätte bedeutet, dass ich endgültig aufgegeben hatte, jemals wieder ans Schreiben auch nur zu denken. Den Hüter meiner kostbaren Gedanken mit einem profanen Brief ans Arbeitsamt zu besudeln, empfand ich als Majestätsbeleidigung.
    Um mein neues Leben zu feiern, eilte ich sofort zum Media Markt und erstand einen tragbaren Fernseher im Sonderangebot. Er war klein, handlich und bunt, und als ich am Abend frisch geduscht auf meinem Bett saß, um auf dem 28er Bildschirm Lawrence von Arabien in der vierhundertsten Wiederholung

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