Totgesagt
Vater bei diversen Gelegenheiten benutzt hatte. Ein kalter Hauch kroch über ihren Rücken. Angesichts des Apparats war ihr, als stünde ihr Vater ganz nah. Nur sagte das Ding nichts über sein Verschwinden aus.
“Ist das alles?”, würgte sie mühsam hervor. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt.
Der Chief klaubte ein Überbrückungskabel, einige Dosen Motoröl und eine klatschnasse Decke hervor. Alltägliche Dinge, wie sie in Kofferräumen zuhauf herumlagen.
Gleich kommt etwas, das endlich Licht ins Dunkel bringt
… Madeline betete dermaßen flehentlich, dass sie es gar nicht fassen konnte, als Toby schließlich brummte: “Das war’s.”
“Was?”, entfuhr es ihr. “Überhaupt keine Hinweise darauf, was mit ihm geschehen sein könnte?”
Pontiff zuckte verlegen die Achseln. “Fehlanzeige, leider.”
Erstarrt und wie angewurzelt stand sie da. Clay wischte ihr mit dem Daumen die Tränen fort. “Sorry, Maddy.”
Sorry?
Sorry nützte ihr überhaupt nichts, hatte sie sich doch einiges mehr erwartet. Das sollte alles gewesen sein? Wenn, dann war sie wieder am Anfang. Dort, wo sie vor dem Fund des Wracks gestanden hatte, wo sie die ganze Zeit schon stand: Vor einem Rätsel, das ihr keine Ruhe ließ und sich womöglich nie würde entschlüsseln lassen.
“Da …” Vor Kälte klapperten ihr die Zähne. “Da muss doch noch mehr drin sein”, stammelte sie. “Schaut doch noch mal nach, ja? Ihr lasst den Wagen doch sicher erst trocken werden, oder? Ihr nehmt den doch Zoll für Zoll unter die Lupe, nicht wahr?”
Chief Pontiff bestätigte das zwar nickend, doch sonderlich optimistisch wirkte er dabei nicht.
“Darf Allie dir helfen?” Ihre Schwägerin hatte bei der Kripo in Chicago gearbeitet und dort in ungeklärten Kriminalfällen ermittelt. Sie würde bestimmt einen Hinweis finden!
Mit finsterer Miene guckte Pontiff hinüber zu den beiden Vincelli-Brüdern. “Du weißt doch, dass das nicht geht!”, sagte er widerwillig.
“Lass dir doch nicht von den beiden Typen da drüben vorschreiben, was du zu tun und zu lassen hast”, bat Madeline. “Allie ist die kompetenteste Person weit und breit!”
“Und gleichzeitig die Ehefrau des Täters!”, rief Joe Vincelli dazwischen.
Die Kerbe in seinem Kinn war etwas zu tief, um ihn attraktiver wirken zu lassen. Vielleicht lag es auch an den eng zusammenstehenden Augen, dass er so einen verschlagenen Eindruck machte. Gut ein Meter fünfundachtzig groß, war er fast so athletisch wie Clay, doch keineswegs gut aussehend, jedenfalls in ihren Augen. “Lass das gefälligst!”, rief sie.
“Mensch, Maddy, was soll das? Hör dich doch mal an! Wenn du wissen willst, was mit deinem Vater ist, dann frag den Kerl da vorn!”
Dabei deutete er auf Clay, wurde allerdings schlagartig kleinlaut, als der ihn mit einem stählernen Blick buchstäblich festnagelte. Clay konnte keiner so schnell Paroli bieten, da bildete Joe keine Ausnahme. Verdrossen schlurfte er zu seinem Bruder zurück. “Sag du’s ihnen, Roger.”
Roger sah noch unansehnlicher aus. Zwar hatte er einigermaßen gerade Zähne, doch dafür war er hager, gute zehn Zentimeter kleiner und litt bereits deutlich unter Haarausfall. Obgleich der Ältere der beiden, neigte er stets dazu Joe vorzuschicken. “Genauso isses”, bestätigte er nun, allerdings nicht sehr forsch; so als wolle er sich lieber nicht mit Clay anlegen.
Chief Pontiff ließ das Duo einfach links liegen. Madeline wusste, dass ihm die in der Vergangenheit geäußerten Verdächtigungen und Vorwürfe nicht neu waren. Er gehörte bereits der Polizei an, als Clays damalige Zukünftige von Chicago hierher umzog und den Mordfall Barker wieder aufzurollen begann. Er war auch zugegen, als Allies Vater, der als sein Vorgänger im Amt fungierte, Clay im vorigen Sommer unter Mordverdacht verhaften ließ. Und schließlich war er ebenfalls dabei gewesen, als man den Verdächtigen wieder laufen ließ, weil eine Verwicklung in den Fall nicht nachzuweisen war. Damals nicht, und in den Jahren zuvor ebenfalls nicht.
“Das Fahrzeug liegt jetzt schon ein halbes Leben lang im Wasser”, stellte Pontiff an Madeline gewandt fest. “Schau es dir doch an! Sogar die Karosserie rostet schon durch. Ich sag’s nur ungern, aber der Cadillac, der wird uns auch keinen Aufschluss bringen. Darauf solltest du dich vorsichtshalber einstellen.”
“Nein!” Um nicht so zu zittern, schlang sie die Arme um ihren Oberkörper. “Vielleicht findet sich doch etwas … ein Zahn,
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