Touchdown fürs Glück (German Edition)
sie wie er zuvor. Als beide schwiegen, dachte er schlagartig an die Zeit zurück, als sie sich bis spät in die Nacht über alles unterhalten hatten. Autofahrten waren nie langweilig gewesen – jedenfalls nicht mit Liv.
„Ähm ... wie läuft die Arbeit?“
„Gut“, erwiderte sie einsilbig.
„Woran arbeitest du momentan?“
„An dem Bau eines neuen Museums.“
„Aha“, er suchte nach weiteren Fragen, die er ihr stellen konnte. Warum war sie bloß so verschlossen? Früher hatten ihm manchmal die Ohren wehgetan, weil sie ohne Punkt und Komma geredet hatte. Es war ihm sogar anfangs schwergefallen, ihren hastigen Worten und den verwinkelten Gedankengängen zu folgen, während sie nichts für sich hatte behalten können.
„Was wird es für ein Museum?“
„Ein Museum für experimentelle Kunst. “
„Aha ... was muss ich mir darunter vorstellen ? “, fragte er unsicher . Kunst war nicht sein Ding – er war Footballer.
„ Lichtinstallationen, Live-Kunst, akustische Darbietungen“, sie machte eine vage Handbewegung.
„Mhh.“ Innerlich schnitt er eine Grimasse. Früher hätte er sich mit ihr darüber lustig gemacht, aber ihr Gesicht drückte pure Ernsthaftigkeit aus, weshalb er nicht den Fehler beging , über Lichtinstallationen zu spotten. Woher sollte er auch wissen, ob ihr diese experimentelle Kunst gefiel?
Da ihm die Fragen ausgingen, breitete sich wieder Schweigen aus, das unangenehm zwischen ihnen stand. Liv schien es ähnlich zu gehen, weil sie ungelenk nach ihrem Handy griff und gespielt konzentriert in den nächsten Minuten damit beschäftigt war, bevor sie es wieder weglegte.
„Ähm ... falls du etwas trinken willst, ich habe Wasser und Gatorade im Kofferraum.“
Sie schüttelte den Kopf, „danke, aber ich brauche nichts.“
Julian langte zögernd nach dem Radio, „möchtest du Musik hören?“
Wieder schüttelte sie den Kopf. Er seufzte leise auf und zog seine Hand wieder zurück.
„Liv ...“
„Alles ist okay“, sie sah geradeaus, „ich muss nur an Granny denken.“
„Oh.“
Er konnte sehen, dass sie schluckte.
„Sie hätte mir sagen können, dass sie krank ist.“
Was sollte er darauf bloß antworten? „Ich denke, dass sie dich schonen wollte.“
„Ich weiß.“
Nach einer Weile sprach er sie wieder an.
„Darf ich dich etwas fragen, Liv?“ Seine Stimme klang ruhig und ernst, weshalb sich ihr Magen zu verknoten schien.
„Was denn?“ Sie legte den Kopf an ihr Knie und sah ihn unsicher an.
Julian schluckte kurz, „damals ... was hast du nach unserer Trennung gemacht?“
Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Hände im Schoß, „ich habe an der Tulane in New Orleans meinen Bachelor gemacht und habe dann in Harvard graduiert. Sofort nach dem Studium kam ich nach New York , weil man mir noch in Harvard ein en Job anbot.“
Er schüttelte kurz den Kopf, „das meinte ich nicht.“
„Ich weiß.“
Seufzend blickte er geradeaus, bevor er dumpf erklärte, „du hast gesagt, du würdest dich melden.“
„Ich weiß.“
„Hast du absichtlich gelogen?“ Er sah auf ihren Scheitel. „Du wolltest dich melden, wenn du soweit warst.“
„Vielleicht war ich einfach nie soweit“, antwortete Liv nach längerem Zögern.
Julian gab es auf, ihr weitere Fragen zu stellen, und fuhr schweigend weiter.
Sie war schon lange nicht mehr Liv gewesen. Olivia stand an der Kasse einer Raststätte und beobachtete heimlich Julian, der seinen Land Rover auftankt e. Sie waren noch immer auf dem Highway 87 und hatten noch fast drei Stunden Fahrt vor sich. Da die nächsten Tankstellen jedoch weit verstreut lag en, waren sie an diese größere Raststätte gefahren, um zu tanken, Kaffee zu kaufen und auf die Toilette zu gehen.
Er nannte sie Liv, überlegte Olivia verzagt, während sie in der Schlange weiter nach vorne rückte. Als O livia fühlte sie sich erwachsen – fast schon wie ein völlig anderer Mensch. Liv war sie nicht mehr und dann doch immer noch.
Heute fühlte sie sich beinahe wie früher. Liv war unsicher, jung und von Julians Liebe und Zuneigung abhängig gewesen. Bereits im ersten Monat an der Washington State hatte sie ihn kennengelernt. Auf dem Mädcheninternat, das sie besucht hatte, gab es keine männlichen Mitschüler, aber Olivia hatte sich für zu intelligent gehalten , um auf einen Blender hereinzufallen. Nur war Julian kein Blender gewesen. Er war ein witziger, hübscher und unglaublich netter Junge gewesen, der wie sie im ersten Jahr
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