Touchdown
an. Sam übersetzte leise, aber zügig. »Das sind Tortellini in Fleischbrühe, ein berühmtes Gericht aus der Gegend. Die kleinen runden Pastataschen sind mit geschmortem Rindfleisch, Prosciutto und Parmigiano gefüllt; die Füllung variiert von Stadt zu Stadt, aber Parma besitzt selbstverständlich das beste Rezept. Die Pasta hat Carlo heute Nachmittag selbst gemacht. Der Legende nach hat der Erfinder der Tortellini sie dem Bauchnabel einer schönen nackten Frau nachempfunden. Es gibt hier sehr viele solcher Legenden, die Essen, Wein und Sex miteinander verbinden. Die Brühe besteht aus Rindfleisch, Knoblauch, Butter und noch diesem und jenem.« Ricks Nase hing wenige Zentimeter über seiner Schüssel und sog die kräftigen Düfte ein.
Carlo machte eine Verbeugung, dann schien er so etwas wie eine Warnung auszusprechen. Sam referierte: »Er sagt, dies seien nur kleine Portionen, aber es käme gleich noch mehr vom ersten Gang.«
Die ersten Tortellini seines Lebens trieben Rick beinahe die Tränen in die Augen. Die in der Brühe schwimmende Pasta samt Füllung brachte seine Sinne dermaßen in Aufruhr, dass er hervorstieß: »Das ist das Beste, was ich je gegessen habe.« Lächelnd zog Carlo sich in Richtung Küche zurück.
Rick spülte den ersten Tortellino mit Lambnisco hinunter, dann nahm er den in der tiefen Schüssel schwimmenden Rest in Angriff. Kleine Portionen? Paolo und Giorgio waren verstummt und gaben sich ganz ihren Tortellini hin. Nur Sam übte ein wenig Zurückhaltung.
Nino platzierte ein junges Paar an einen Tisch in der Nähe, dann kam er mit einer frischen Flasche herbeigerauscht, einem fabelhaften trockenen Rotwein, Sangiovese von einem Weingut aus der Nähe Bolognas, das er jeden Monat einmal persönlich besuchte, um die Reifung der Trauben zu überwachen. »Der nächste Gang wird sein ein bisschen schwerer«, sagte er. »Also muss der Wein sein ein bisschen stärker.« Er entkorkte die Flasche mit Stil, schnüffelte, verdrehte anerkennend die Augen und begann dann einzuschenken. »Das wird ein Genuss«, sagte er, während er die fünf Gläser füllte, wobei er sich selbst ein klein wenig großzügiger bediente. Ein weiterer Trinkspruch, weitere Verwünschungen an die Adresse der Lions Bergamo, dann durfte probiert werden.
Rick war von Haus aus eigentlich Biertrinker. Dieses kopfüber Eintauchen in die Welt des italienischen Weins war verwirrend, aber sehr schmackhaft.
Einer der Kellner sammelte die Überreste der Tortellini ein, während ein anderer neue Teller aufdeckte. Carlo kam, zwei Kellner im Schlepptau, aus der Küche marschiert und regelte den Verkehr.
»Jetzt kommt meine Lieblingsspeise«, begann Carlo auf Englisch, wechselte dann aber in eine vertrautere Sprache über. »Das ist eine gefüllte Pastatasche«, erläuterte Sam, während sie die vor ihnen liegende Delikatesse bestaunten. »Kalb- und Schweinefleisch, Hühnerleber, Wurst, Ricottakäse und Spinat, das alles geschichtet in frische Pasta.«
Alle außer Rick sagten »grazie«, Carlo machte eine weitere Verbeugung und verschwand wieder. Das Restaurant hatte sich inzwischen gefüllt, ein gewisser Lärmpegel entstand. Wenn Rick sich auch keinen Bissen entgehen ließ, war er doch gleichzeitig neugierig auf die Leute ringsum. Es schienen Einheimische zu sein, die sich in einem Lokal in ihrer Nachbarschaft an einem typischen Essen erfreuten. Zu Hause in Amerika würde ein derartiges Angebot zu Menschenaufläufen führen. Hier nahm man es für selbstverständlich hin. »Habt ihr hier viele Touristen?«, fragte Rick.
»Nicht besonders«, sagte Sam. »Die Amerikaner fahren alle nach Florenz, Venedig und Rom. Im Sommer kommen auch mal ein paar Leute hierher. Hauptsächlich Europäer.«
»Was gibtʹs in Parma zu sehen?«, fragte Rick. Der entsprechende Abschnitt in seinem Reiseführer war eher nichtssagend gewesen.
»Die Panthers!«, sagte Paolo lachend.
Auch Sam lachte, nahm danach einen Schluck Wein und überlegte kurz. »Es ist eine reizende kleine Stadt mit hunderttausend Einwohnern. Großartiges Essen und Trinken, großartige Menschen, die hart arbeiten und gut leben. Aber nichts Spektakuläres, das die Aufmerksamkeit auf sich lenken würde. Und das ist auch gut so. Meinst du nicht, Paolo?«
»Ja, wir wollen nicht, dass Parma sich verändert.«
Rick kaute auf seinem Bissen und versuchte das Kalbfleisch herauszuschmecken, aber es war unmöglich. Die verschiedenen Fleischsorten, der Käse und der Spinat verschmolzen zu einem
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