Touchdown
fraglichen Zeitpunkt noch jetzt nachvollziehen ließen, auf ein paar Bierchen in einen Pub eingekehrt. Rick erinnerte sich vage, wie er gegen Mitternacht in seine Wohnung gestolpert war, aber von da an: nichts mehr.
Er lag auf dem Sofa, das zu klein war, als dass ein Mann seiner Größe darauf bequem hätte schlafen können, und während er dem mysteriösen Klingeln lauschte, versuchte er sich zu erinnern, wieso er sich für das Wohnzimmer und nicht für das Schlafzimmer entschieden hatte. Ihm fiel kein plausibler Grund ein.
»Ist ja gut!«, rief er in Richtung Tür, als das Klopfen begann. »Ich komme.« Er war barfuß, trug aber Jeans und ein T-Shirt. Lange betrachtete er seine braunen Zehen und dachte über das Schwirren in seinem Kopf nach. Ein neuerliches Kreischen der Klingel. »Ist ja gut!«, schrie er noch einmal. Schwankend ging er zur Tür und riss sie auf.
Ein freundliches »buongiorno!« von einem kleinen, stämmigen Mann mit gewaltigem grauem Schnauzbart und einem zerknitterten braunen Trenchcoat schallte ihm entgegen. Neben dem Schnauzbart stand ein junger Polizist in schicker Uniform, der grüßend nickte, aber nichts sagte.
»Guten Morgen«, sagte Rick mit allem Respekt, der ihm zur Verfügung stand. »Signor Dockery?«
»Ja.«
»Ich bin Polizei.« Irgendwo aus den Tiefen des Trenchcoats fischte er einen Ausweis, hielt ihn Rick kurz unter die Nase und schob ihn gleich wieder in sein Versteck zurück, mit einer beiläufigen Bewegung, deren Botschaft unzweifelhaft lautete: »Stell keine Fragen.« Es hätte ohne Weiteres auch ein Strafzettel oder eine Quittung von der Reinigung sein können.
»Signor Romo, Polizei Parma«, sagte er durch den Schnäuzer, der sich freilich kaum bewegte.
Rick sah Romo an, dann den Uniformierten, anschließend wieder Romo. »Okay«, brachte er heraus.
»Wir haben Beschwerden. Sie müssen mit uns kommen.«
Rick zog eine Grimasse und versuchte etwas zu sagen, aber eine heftige Übelkeit brandete durch seine Eingeweide, sodass er versucht war, schnell ins Bad zu springen. Das Gefühl ging vorbei. Seine Hände waren schweißnass, die Knie wackelig. »Beschwerden?«, fragte er ungläubig.
»Ja.« Romo nickte ernst, als habe er sich sein Urteil bereits gebildet und Rick sich eines Vergehens schuldig gemacht, das alle Beschwerden dieser Welt weit in den Schatten stellte. »Kommen Sie mit uns.«
»Äh, wohin?«
»Kommen Sie mit uns. Sofort.«
Beschwerden? Der Pub war gestern Abend praktisch leer gewesen, und Sam und er hatten, soweit er sich erinnern konnte, mit niemandem gesprochen außer dem Barkeeper. Beim Bier hatten sie über Football geredet und sonst nichts. Eine angenehme Unterhaltung, kein Geschimpfe, kein Streit mit den anderen Gästen. Der Spaziergang durch die Altstadt zu seiner Wohnung war vollkommen ohne Zwischenfälle verlaufen. Vielleicht hatte er nach dem Übermaß an Pasta und Wein zu laut geschnarcht, aber das konnte ja wohl keine Straftat sein. Oder doch?
»Wer hat sich beschwert?«, fragte Rick.
»Der Richter wird erklären. Wir müssen gehen. Bitte, Ihre Schuhe.«
»Bin ich verhaftet?«
»Nein, später vielleicht. Gehen wir. Der Richter wartet.« Um seinem Ansinnen noch mehr Nachdruck zu verleihen, drehte sich Romo um und rasselte in ernsthaftem Italienisch auf den jungen Polizisten ein, der es daraufhin fertigbrachte, seine Stirn in noch tiefere Falten zu legen und den Kopf schüttelte, als könne die Lage schlechterdings nicht schlimmer sein.
Sie hatten offensichtlich nicht die Absicht, ohne Signor Dockery wieder zu gehen. Die nächsten greifbaren Schuhe waren die kastanienbraunen dünnen, die er in der Küche aufspürte, und während er sie anzog und nach einer Jacke Ausschau hielt, sagte er sich, dass es sich hier um ein Missverständnis handeln müsse. Rasch putzte er sich die Zähne und versuchte sich den Geschmack von Knoblauch und abgestandenem Wein aus dem Hals zu gurgeln. Ein Blick in den kleinen Spiegel genügte, um den Eindruck, er habe sich etwas zuschulden kommen lassen, zur Gewissheit werden zu lassen. Rote geschwollene Augen, Dreitagebart, zerzaustes Haar. Er fuhr sich, ohne eine Wirkung zu erzielen, durch die Haare, dann sammelte er seine Brieftasche, etwas US-Bargeld, den Wohnungsschlüssel und sein Handy ein. Vielleicht sollte er Sam anrufen.
Romo und sein Assistent warteten geduldig im Hausflur, beide eine Zigarette, aber keine Handschellen in der Hand. Auch schien ihnen jedes echte Verlangen abzugehen, Verbrecher zu
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