Touchdown
überführen. Romo hatte zu viele Krimis gesehen, jede seiner Bewegungen wirkte gelangweilt und einstudiert. Er nickte Richtung Treppe und sagte: »Ich gehe hinterher.«
Er ließ die Zigarette in einen Fluraschenbecher fallen, dann stopfte er beide Hände tief in die Taschen seines Trenchcoats. Der Polizist in Uniform führte den Übeltäter ab, und Romo, als Nachhut, sicherte von hinten. Drei Treppen hinunter, raus auf den Gehsteig. Es war fast neun Uhr, ein heller Frühlingstag.
Ein weiterer Polizist wartete neben einer eindrucksvollen Fiat-Limousine, ausgestattet mit einer ganzen Batterie von Lichtern und der Aufschrift »Polizia« in Orange auf sämtlichen Kotflügeln. Der Freund und Helfer war mit einer Zigarette beschäftigt und begutachtete die Rückseiten zweier Damen, die eben an ihm vorüberschritten. Er bedachte Rick mit einem zutiefst gleichgültigen Blick, bevor er den nächsten Zug aus seiner Zigarette nahm.
»Gehen wir zu Fuß«, sagte Romo. »Ist nicht weit. Sie brauchen Frischluft, glaube ich.« In der Tat, dachte Rick. Er beschloss, sich kooperativ zu verhalten, den Leuten seinen guten Willen zu zeigen und ihnen beim Auffinden der Wahrheit, worin auch immer sie bestehen mochte, behilflich zu sein. Romo wandte den Kopf die Straße hinunter und ging neben Rick her, dem ersten Polizisten folgend. »Kann ich mal telefonieren?«, fragte Rick.
»Natürlich. Anwalt?«
»Nein.«
Sams Telefon schaltete direkt auf Anrufbeantworter. Rick erwog Arnie, aber das würde wenig nützen. Arnie war in letzter Zeit telefonisch schwer zu erreichen. Und so marschierten sie also die Strada Farini entlang, vorbei an den kleinen Läden, deren Fenster und Türen offen standen, vorbei an den Straßencafes, wo die Leute fast regungslos hinter ihren Zeitungen und den kleinen Espressos saßen. Ricks Kopf wurde langsam klarer, der Magen hatte sich beruhigt. Einer von diesen kleinen starken Kaffees wäre jetzt vielleicht nicht das Schlechteste gewesen.
Romo zündete sich eine neue Zigarette an, blies eine kleine Rauchwolke aus und sagte dann: »Gefällt Ihnen Parma?«
»Ich glaub nicht.«
»Nein?«
»Nein. Dies ist mein erster ganzer Tag hier, und ich bin schon verhaftet für etwas, das ich gar nicht getan habe. Da fällt es schwer, die Stadt zu mögen.«
»Ist keine Verhaftung«, sagte Romo, während er einen bedenklich schwankenden Gang an den Tag legte, so als würden beide Knie jeden Moment nachgeben wollen. Bei jedem dritten oder vierten Schritt stieß seine Schulter gegen Ricks rechten Arm. »Wie würden Sie es denn nennen?«, fragte Rick.
»Unser System hier ist anders. Keine Verhaftung.«
Ach so, das erklärt natürlich alles. Rick biss sich auf die Zunge und nahm es hin. Widerspruch und Streit würden zu nichts führen. Er hatte nichts Unrechtes getan, deshalb würde sich die Angelegenheit bald klären. Schließlich befand man sich hier nicht in irgendeiner Diktatur der Dritten Welt, wo man die Leute willkürlich verhaftete, um sie monatelang zu foltern. Das hier war Italien, ein Teil von Europa, dem Herzen der westlichen Zivilisation. Die Oper, der Vatikan, die Renaissance, da Vinci, Armani, Lamborghini. Stand alles im Reiseführer. Rick hatte schon Schlimmeres erlebt. Er war bisher ein einziges Mal festgenommen worden, im Frühling seines ersten Jahrs am College, als er unversehens zum willigen Mitläufer einer betrunkenen Horde wurde, die entschlossen war, die außerhalb des Campus stattfindende Feier einer Studentenvereinigung zu sprengen. Schlägereien und Knochenbrüche waren die Folge, die Polizei rückte in beträchtlicher Zahl an. Mehrere der Hooligans wurden ruhiggestellt, in Handschellen gelegt, von den Cops herumgestoßen und schließlich in einen Polizeitransporter gepfercht, wo man ihnen zur Sicherheit noch ein paarmal den Gummiknüppel in den Leib rammte. Im Gefängnis schliefen sie auf dem kalten Betonboden der Ausnüchterungszelle. Vier der Festgenommenen waren Mitglieder des Footballteams der Hawkeyes, und ihr Abenteuer mit der Staatsgewalt wurde von mehreren Zeitungen ganz groß rausgebracht.
Zusätzlich zur Demütigung wurde Rick für dreißig Tage suspendiert, musste eine Geldstrafe von vierhundert Dollar bezahlen und eine gepfefferte Strafpredigt seines Vaters über sich ergehen lassen. Von seinem Coach erhielt er außerdem das Versprechen, dass jede weitere Unregelmäßigkeit, wie unbedeutend auch immer, ihn das Stipendium kosten und ihn entweder ins Gefängnis oder aufs Junior College
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