Touched
heiseren, schlaftrunkenen Worte machten ihn hellhörig. Er drehte sich um und war im Nu bei mir. Die Farbe wich aus seinem Gesicht, als er die Schlinge und neue Blutergüsse entdeckte. Glücklicherweise verbargen meine Schlabberklamotten die Schnitte auf Armen und Rücken wie auch die schlimmeren Prellungen.
Sein Blick schweifte zu meiner Hüfte, und einen verrückten Augenblick lang fürchtete ich, die Verletzungen durch irgendetwas verraten zu haben. Dann sah er mir mit seinem melancholischen Blick wieder in die Augen, und zu meiner Verwirrung überkam mich ein völlig neues Gefühl: Ich hatte ihn vermisst.
»Wie schlimm ist es?«
Es schien ihn gar nicht zu überraschen, mich in diesem Zustand zu sehen. »Wie hast du davon erfahren?«
Ashers Miene verdüsterte sich. »In der Schule bist du Gesprächsthema Nummer eins. Ich habe versucht, Lucy anzurufen, aber sie wollte mit der Nummer deines Vaters nicht rausrücken. Sie sagte, du würdest dich melden, wenn du zurück bist. Du hättest umkommen können.«
Angesichts Lucys unerschütterlicher Ergebenheit musste ich lächeln und ich streckte ihm neckisch eine Hand entgegen. »Ich bin quicklebendig. Möchtest du mich kneifen, damit du siehst, dass du nicht träumst?«
Beide dachten wir an das letzte Mal, als er mich in seinem Auto berührt hatte. Er blickte mich finster an und trat einen Schritt zurück. »Remy, das ist nicht lustig! Als Gabriel erfuhr,dass du zurückfliegst, bin ich zum Flughafen gefahren, um dich abzuholen.«
Er war zu meiner Rettung geeilt, mein höchst eigener angeschlagener Ritter in der glänzenden Rüstung. Für einen Feind eine außergewöhnliche Reaktion. Ich atmete aus, und es entstand ein weißes Wölkchen.
»Wozu das denn, Asher? Und was willst du hier überhaupt? Als Stalker hätte ich dich nicht gerade eingeschätzt, und dass ich wieder hier bin, gesund und munter, hast du ja offensichtlich mitgekriegt.«
»Ich hab mir Sorgen gemacht.«
Ich ging um ihn herum und schob von einer der Steinbänke den Schnee weg, damit ich mich setzen konnte. Es war, als säße man auf blankem Eis, aber das Stehen war zu anstrengend für mich.
«Ach, wirklich? Nun, das ist … verwirrend. In einem Augenblick drohst du, mich anzugreifen, und im nächsten Augenblick sorgst du dich, dass jemand anderes es tut. Vielleicht solltest du aufhören, Spielchen mit mir zu spielen und den Mumm haben, den Job selbst zu erledigen. Dean verfolgt da zumindest eine Richtung.«
Ashers Körper spannte sich an und er riss den Kopf zu mir herum. Ich hatte es erwartet, hatte es provoziert, doch als ich sah, welchen Zorn ich in seinen Augen entfacht hatte, stockte mir der Atem.
»Wenn ich davon ausginge, dass du es wirklich so meinst, dann wäre ich stocksauer. Hör auf, mich so blöd anzumachen, und sag, was du im Sinn hast.«
»Du zuerst.«
»Schön.« Er stapfte noch ein Stück weiter weg und funkelte ein unschuldiges junges Bäumchen an, das sich durch die Last des Efeus, der an ihm hinaufwuchs, nach unten beugte.
»Es war meine Schuld.«
Beinahe hätte ich sein Flüstern gar nicht gehört.
»Was?«
»Es war meine Schuld«, wiederholte er lauter mit zusammengebissenenen Zähnen.
»Was redest du da?« Vielleicht hatte ich mir den Kopf stärker angestoßen als gedacht, denn seine Worte machten keinen Sinn.
Er drehte sich zu mir und ballte die Hände zu Fäusten. »Was ich mit dir gemacht habe, war als Warnung gedacht. Damit es dir leichter fällt, mir aus dem Weg zu gehen.« Sein bitteres Lachen erschreckte einen Vogel in einem Busch in der Nähe, und wir beobachteten, wie er auf den Zweig eines Baums flatterte. »Hat ja prima geklappt. Du hast mir nicht gesagt, dass du abreist. Wäre ich da gewesen, hätte ich dich beschützen können, aber ich habe dich ja nicht mal per Telefon erreichen können! Mein Bruder hat herausbekommen, dass du zurückkommst, als er deine Mutter wegen einer gefaketen Angelegenheit in Sachen Schule angerufen hat, verdammt noch mal!«
Ich stand auf und ging zu ihm. »Jetzt wart mal. Vergessen wir mal für eine Sekunde Gabriel und den Anruf und konzentrieren uns aufs Wesentliche. Du denkst, es ist deine Schuld, dass Dean auf mich losgegangen ist?«
Asher nickte, und ich wurde wütend. Ich stieß ihn mit meiner gesunden Hand in die Brust, und er fluchte. Noch während ich die Wärme genoss, die mit der Berührung einherging, schubste ich ihn erneut. Diesmal rührte er sich nicht vom Fleck, obwohl ich nicht zimperlich gewesen war. Er
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