Touched
Sie fühlten sich weicher an als gedacht. »Meinst du nicht einen Beschützer?«
Der Wald hörte zu atmen auf. Als Asher den Kopf hob, löste ich meine Hand und ließ ihn die Wahrheit in meinem Gesicht lesen. Er setzte sich auf seine Fersen zurück.
»Wie hast du es herausgefunden?«
»Meine Mutter. Ich habe gestern Abend ein paar Tracks entdeckt, die sie auf meinen iPod aufgenommen hat.«
»Was hat sie dir erzählt?«
»Genug, dass ich mir zusammenreimen kann, wer beziehungsweise was du bist. Oder sagen wir, jetzt habe ich auch einen Namen dazu. Dass du anders bist, war mir spätestens klar,als ich dich scannte, nachdem du dir die Hand verbrannt hattest.«
Seine Lippen verzogen sich zu einem halben Lächeln. »Du hast nie ein Wort gesagt. Ich hab gedacht, dir wär’s vielleicht nicht aufgefallen.«
»Das ist unwahrscheinlich. Theoretisch arbeitet ein normaler menschlicher Körper mit, sagen wir, 60-prozentiger Leistung. Deiner dagegen mit 210-prozentiger! Eindeutig nicht normal. Hast du außerdem wirklich geglaubt, ich merke nicht, wie schnell du dich bewegst, wenn wir allein sind? Oder wie stark du bist? Also bitte! Du hast Brandon und mich aus dem tiefen Becken gezogen, als würde jeder von uns schlappe zehn Pfund wiegen!«
»Mir war klar, dass ich in deiner Nähe besser aufpassen müsste, aber irgendwie konnte ich …«
Er richtete sich auf, entfernte sich ein paar Schritte und starrte in die Wildnis. Er schloss mich aus. Auf mentaler Ebene vergrößerte seine Mauer die Entfernung noch.
»Was sagt denn deine Familie dazu, dass jetzt eine Heilerin in der Stadt lebt?«
Er warf mir einen unergründlichen Blick zu. »Die hat Angst und ist stinksauer.«
»All das, hm?«
Asher riss den Kopf herum und sah mich ungläubig an. »Remy, wieso klingst du gar nicht ängstlich? Hat dir deine Mutter denn nicht erzählt, wie gefährlich wir dir werden können?«
Ich zog an meiner Schlinge, sodass der Arm bequemer darin lag, und erwiderte seinen Blick dann ruhig. »Ich bin jetzt seit ein paar Wochen in Blackwell Falls. Wenn sie es wollten, dann wären sie doch schon längst über mich hergefallen. Wieso haben sie Angst und sind sauer?«
Er steckte die Hände in die Taschen und schüttelte den Kopf. »Glaub das nicht. Vergiss nie, dass du in Gefahr schwebst, wenn sich Beschützer in deiner Nähe befinden!« Um ihn zu besänftigen, nickte ich, und er fuhr mit einem bitteren Lächeln fort. »Lottie fürchtet sich. Sie hat Angst davor, was passiert, wenn andere auf dich aufmerksam werden und glauben, wir hätten dich versteckt.«
Sie nannten seine Schwester Charlotte »Lottie«. So intensiv unsere Gespräche auch gewesen waren, viel wussten wir nicht voneinander. Er sagte es zwar nicht, aber mir war klar, dass sie sich um ihn sorgte, nicht um mich.
»Und was ist mit Gabriel?«, fragte ich neugierig. »Ist er dann der, der sauer ist?«
Sein Blick traf meinen und er runzelte die Stirn. »Das ist kompliziert.«
Er führte das nicht weiter aus. Scheinbar gab es da einen Konflikt, und ich fragte mich, was das sein konnte.
»Asher, meine Mutter hat da was gesagt.« Ich ging ein großes Risiko ein, wenn ich ihm davon erzählte, aber das spielte jetzt auch keine Rolle mehr. »Eine Theorie der Heiler.«
Ashers Stimme strotzte vor Herausforderung. »Sie glauben, sie haben die Lösung, wie man Beschützern Einhalt gebietet. Eine Heilerin mit der Fähigkeit, die Unsterblichkeit zu kurieren.«
Die Behauptung war ein Test, um zu sehen, was ich wusste, und ich zuckte mit keiner Wimper. »Und das wollt ihr? Wieder sterblich sein?«
Voller Sehnsucht starrte er in den Nebel. »Nahezu mehr als alles andere.«
Ich wunderte mich über das Nahezu. Was wollte er denn noch mehr, als wieder sterblich zu sein? »Wieso?«, fragte ich.
Auf der stillen Lichtung klang sein müdes Seufzen laut.»Ich habe überhaupt nicht unsterblich sein wollen! Was weißt du über den Krieg?«
Ich versuchte, mich an die Worte meiner Mutter zu erinnern. »Anna sagte, die Heilerinnen seien gierig gewesen und hätten den ganzen Profit für sich behalten wollen. Was die Beschützer zum Anlass für den Krieg nahmen. Am Ende haben sie die Heilerinnen allerdings umgebracht, um unsterblich zu werden. Nur dass der Schuss nach hinten losging, weil sie dabei ihre Empfindungen eingebüßt haben.« Was hatte Anna gesagt? Kannst du dir das vorstellen, ewig zu leben und niemals die Berührung eines anderen zu spüren?
Asher lehnte sich an eine nahe Eiche und starrte
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