Touched
telefonieren.
Bei seiner Rückkehr hatte ich meine Eier aufgegessen und spielte mit einem Stück Toastbrot herum. Er betrachtete meinen leeren Kaffeebecher und die Krümel auf meinem Teller, aber ich redete mich nicht heraus. Das Essen im Krankenhaus war grauenhaft gewesen.
»Du hast Laura angerufen?«
Wir waren so spät in Blackwell Falls angekommen, dass ich seine Frau und seine Tochter noch gar nicht kennengelernt hatte.
Er lächelte. »Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen macht. Wir dachten schon, du hättest dich wieder nach New York abgeseilt.«
»Oh.« Ich warf das Toastbrot auf meinen Teller und wischte mir die Finger an der Serviette ab.
»Remy?« Er sah mich besorgt an. »Im Krankenhaus hast du mich gefragt, wo ich die letzten acht Male war, als er dich so zurichtete. Erzählst du mir davon?«
Ich zerfetzte meine Serviette und schüttelte den Kopf. Über manche Dinge konnte ich nicht sprechen.
Frustriert zog Ben die Brauen zusammen. »Deine Mutter hat gestern Abend angerufen. Sie hat gefragt, ob mit dir alles okay sei.«
Er blickte mich prüfend an, inspizierte die Blutergüsse, die jenen gleichen mussten, die Annas Gesicht bedeckt hatten. Das war es, was ich am Heilen am wenigsten mochte: Man musste immer einen Preis dafür zahlen.
»Nun?«, fragte er.
»Nun, was?«
Er wurde ungeduldig und der gereizte Ton kehrte zurück. »Ist alles okay?«
Ich beobachtete, wie sich ein Gast am Getränkeautomat seinen Kaffeebecher nachfüllte, und wünschte, ich könnte das mit meinem leeren Becher auch tun.
Ben schlug mit beiden Händen auf den Tisch, sodass ich zusammenfuhr. »Rede mit mir, Remy, denn ich weiß nicht, was du brauchst!«
Natürlich wusste er das nicht. Er kannte mich ja nicht. Ich zuckte die Achseln. »Alles bestens. Mit ein paar blauen Flecken komme ich schon zurecht.« Um meine Absicht klarzumachen, setzte ich hinzu: »Ich kehre nicht nach New York zurück.«
Ohne zu zögern, nickte er. »Und für uns heißt das genau was …?«
Als ich vorrutschte, schnitt die Kante der Sitzbank in meine Oberschenkel. »Ich möchte für volljährig erklärt werden. In ein paar Monaten bin ich sowieso 18.«
Meine prompte Antwort überraschte ihn, und er lehnte sich zurück. »Und was brauchst du dann von mir?«
Da er keine Einwände zu haben schien, fuhr ich eilig fort: »Ich brauche einen Platz, wo ich bleiben kann, bis ich auf eigenen Füßen stehe. Natürlich zahle ich Miete.«
Ich klopfte mit den Fingern auf den Tisch, bis Ben sie festhielt. Nach dem Vorfall am Strand hatte ich sämtliche Schutzmaßnahmen getroffen. Keine blauen Funken. Warme braune Haut auf meiner. Ehe ich meine Hand wegriss, offenbarte die kurze Berührung, dass er einen unregelmäßigen Herzschlag hatte.
Er wartete darauf, dass ich aufsah. »Ohne Highschool-Diplom, was kriegst du da für einen Job? Wo willst du wohnen? Was ist mit dem College? Hast du dir das alles auch gut durch den Kopf gehen lassen?«
»Ja!«, zischte ich. »Ich bin doch nicht doof! Ich habe vor,den Highschool-Abschluss zu machen und für das College habe ich mir Geld zurückgelegt.« Viel war es nicht, aber das brauchte er ja nicht zu wissen.
»Das bisschen, was du in dem Videostore verdient hast? Das wird wohl kaum reichen.«
Woher wusste er das?
»Ich gehe nicht zurück«, wiederholte ich.
Mit einem aufmunternden Lächeln schob er mir seinen Kaffeebecher hin, als wüsste er, wie sehr ich nach einer zweiten Portion lechzte. »Natürlich nicht. Es gibt aber noch eine weitere Möglichkeit. Die, die wir schon in die Wege geleitet haben. Wohn bei mir.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich war nicht darauf gefasst, wie versucht ich war, darauf einzugehen, aber ich hatte auf die harte Tour gelernt, auf niemanden zu zählen.
»Denk doch mal nach«, sagte ich. »Du willst mich nicht. Ich würde dir in deinem perfekten Leben im Weg stehen. Hast du dir das alles auch gut durch den Kopf gehen lassen? Stell dir vor, du müsstest deinen Freunden von deinem 17-jährigen Fehler erzählen. Du hast es ja nicht mal über dich gebracht, mich Dana vorzustellen, die dich offensichtlich kennt.« Bitterkeit schlich sich in meine Stimme. »Und was ist mit deiner Frau und deiner Tochter? Meinst du, die würden sich freuen, wenn sie mich am Hals hätten?«
Er wirkte unbeeindruckt, deshalb tauschte ich Logik gegen Überredungskunst aus. »Hör mal, unterschreib einfach die Volljährigkeitserklärung und lass mich ziehen. Es wird so sein, als wäre ich nie hergekommen.« Mir
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