Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
ist viel zu groß, sieht aus wie ein abgehalfterter Hugh Grant und wirkt vulgär protzig mit seinen Sportwagen und maßgeschneiderten Tweedsakkos. Pandora würde Hackfleisch aus ihm machen.
Nach nicht enden wollenden zehn Minuten hörte ich das Aufheulen von Fairfax-Lycetts Auto, und meine Familie kam zurück, um ihren Nachtisch zu essen.
Meine Mutter stocherte in ihrem matschigen Pfirsichplunder und stellte fest: »Das Essen in diesem Laden hat auch nachgelassen.«
»Alles hat nachgelassen, seit New Labour an der Macht ist«, sagte mein Vater. »Weißt du, wem jetzt unser Wasser gehört? Den scheiß Franzosen! Und man kann sich nicht mal mehr im stillen Kämmerlein in der Nase bohren, weil überall eine verfluchte Überwachungskamera hängt und aufpasst, wo man seine Popel hinwirft. In Glasgow versuchen irgendwelche Spinner, den Flughafen in die Luft zu jagen, und bald steht uns allen das Hochwasser bis unter die Arme. Was denn noch?«
Tony Wellbeck vom Postamt sagte: »Maul- und Klauenseuche, George. Drüben in Hardton ist sie schon, keine zwei Kilometer von Mangold entfernt.«
Liebes Tagebuch, wenn jemand in den Pub spaziert wäre und gesagt hätte: »Da draußen ist eine Heuschreckenplage«, ich hätte nicht mal die Augenbraue hochgezogen.
Ist unsere Welt vielleicht wirklich am Ende?
Später wollte ich mich mit Daisy aussprechen, aber dann sah ich, dass sie die Essays undReportagenvon Christopher Hitchens las, und entschied mich einmal mehr dagegen.
Montag, 2. Juli
Mr. Carlton-Hayes rief an, um zu sagen, dass er »nicht arbeitsfähig« sei. Ich mag es nicht, wenn er nicht im Laden ist. Nicht dass er dieser Tage besonders viel macht, aber ich fühle mich wohler, wenn er da ist.
Er hat eine echte Liebe zu Büchern, was dem Geschäft Abbruch tut. Neulich kam eine Frau mittleren Alters mit John-Lennon-Brille und überdimensionalen Brüsten herein und versuchte, eine Zweitausgabe von Die Mühle am Floss für 150 £ zu kaufen. Sie stellte sich als Dr. Pearce vor und erklärte, sie suche nach einem Geschenk für den Leiter des Englischinstituts an der De-Montfort-Universität, der in den Ruhestand gehe. Mr. Carlton-Hayes schloss die Vitrine auf, in der die antiquarischen Bücher aufbewahrt werden, und holte die zweibändige Ausgabe heraus. Er gab der Frau einen Band und beobachtete, wie sie ihn durchblätterte, dann nahm er ihn ihr wieder weg und stellte beide Bücher zurück ins Regal. Als Dr. Pearce – mit leeren Händen und verdutzt – wieder gegangen war, meinte Mr. Carlton-Hayes: »Ich fand, dass sie zu grob damit umgegangen ist«, als wäre das Buch ein Hund aus dem Tierheim.
Kein Wunder, dass sein Steuerberater ihm rät, das Ladenlokal an die Supermarktkette Tesco zu verkaufen. Als er mir das erzählte, verzog sich sein Gesicht kurz vor Zorn, was sehr selten vorkommt; er breitete die Arme vor den Regalen und Bücherstapeln aus und fragte: »Aber wo sollen die dann hin?«, als wären es vertriebene Menschen.
Ich nutzte Mr. Carlton-Hayes’ Abwesenheit, um bei der De-Montfort-Universität anzurufen und eine Nachricht für Dr. Pearce zu hinterlassen, dass Die Mühle am Floss nun doch zum Verkauf stehe. Dr. Pearce kam wenige Minuten vor Ladenschluss herein. Wir sprachen über George Eliot, und sie schien sich zu freuen, in mir einen gleichgesinnten Eliot-Fan zu finden. Ehe ich auf die Uhr sah, war es schon 18:30. Sie wartete, während ich absperrte, dann liefen wir zusammen die High Street entlang, ich mein Fahrrad schiebend, sie einen Schirm über uns haltend. Am Parkplatz des Holiday Inn verwickelte sie mich eine weitere halbe Stunde ins Gespräch.
Als Daisy wissen wollte, warum ich so spät nach Hause kam, erzählte ich ihr, meine Fahrradkette sei abgesprungen. Frag mich nicht warum.
Donnerstag, 5. Juli
Mr. C-H zurück
Ich erhielt eine Eilnachrichten-SMS auf meinem Handy, als wir gerade unsere Sandwiches im Hinterzimmer des Ladens aßen. Fünfundzwanzig Tote und dreiunddreißig Verletzte bei der Explosion einer Karaoke-Bar in Tianshifu in China.
»Schrecklich, nicht wahr?«, sagte ich zu Mr. Carlton-Hayes.
»Ja, wirklich«, stimmte er seufzend zu. »Karaoke in China, Konfuzius würde weinen.«
Freitag, 6. Juli
Vom Telefon geweckt. Es war meine Mutter. »Hast du schon mal einen Blick nach draußen geworfen?«, kreischte sie.
Mit dem Telefon in der Hand ging ich zum Fenster und zog die Vorhänge beiseite. Das Feld hinter dem Haus war verschwunden, und an seiner Stelle schimmerte eine
Weitere Kostenlose Bücher