Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre
Wasserfläche, so weit das Auge reichte.
»Hast du Sandsäcke?«, fragte meine Mutter.
»Du weißt genau, dass ich keine Sandsäcke habe. Warum sollte ich Sandsäcke haben?«
Ich rief Mr. Carlton-Hayes an, um ihm mitzuteilen, dass ich heute nicht zur Arbeit käme, und er sagte: »Ja, es war ziemlich aufregend, durch die Fluten zu fahren. Das Wasser reichte bis zu den Radkappen des Rover.« Den Rest des Tages bemühte ich mich, das Wasser am Übertreten unserer Türschwelle zu hindern.
Als die Überschwemmung sich leicht zurückgezogen hatte, setzte ich mich mit Gracie vor den Fernseher. Postbote Pat wurde befördert, er muss Greendale Village und seinen kleinen roten Lieferwagen zurücklassen, um eine Stelle im mittleren Management der Zentrale anzutreten. Irgendein Trottel bei der BBC hat gesagt: »Wir versetzen Pat, den Postboten, in ein dynamisches neues Umfeld. Daraus werden sich sehr spannende neue Handlungsfelder ergeben.« Selbst Postbote Pat wird also auf dem Altar des Fortschritts geopfert. Ohne seine Uniform und seinen roten Lieferwagen ist Pat nichts. GAR NICHTS!
Das ist doch nur ein plumper Versuch, den kommerziellen Bereich der BBC auszuschlachten. Ich vermute mal, dass es ein neues Sortiment an Postbote-Pat-Merchandisingprodukten geben wird. Muss ich Gracie bald einen Postman-Pat-Montego und einen Anzug mit dazugehöriger Aktentasche kaufen?
Mittwoch, 11. Juli
Freier Tag heute. Eigentlich hatte ich vorgehabt, meine CDs sorgfältig farbig zu kennzeichnen und ein paar Seiten meiner Serienmörderkomödie Der weiße Lieferwagen zu überarbeiten. Letzte Nacht lag ich wach und dachte darüber nach. Natürlich sind Pauline Quirke und Harry Enfield inzwischen ein bisschen zu alt, um den Serienmörder und seine Frau zu spielen, aber Russel Brand und Amy Winehouse gäben einen guten Ersatz ab.
Außerdem wollte ich anbieten, die Hälfte der Bügelwäsche zu übernehmen, aber etwas überkam mich, so dass ich den ganzen Tag nur fernsah. Um 16:00 riss ich mich von der Auktionssendung Flog It! los (ich wollte wirklich wissen, welchen Preis ein Eierbecherset von Clarice Cliff erzielen würde) und rannte in meinen Gummistiefeln durch die letzten Zentimeter Hochwasser zum Postamt, um eine Geburtstagskarte für meine Schwägerin Marigold und ein Päckchen für Daisy aufzugeben. Sie hatte ihre Louis-Vitton-Tasche über eBay an eine Frau in Nuneaton verkauft, um die Rechnung der Severn-Trent-Wasserwerke zu bezahlen, bevor sie uns den Hahn abdrehen. Die Inhaber des Postamts, Tony und Wendy Wellbeck, standen beide hinter dem Tresen und stritten sich über den Preis einer Luftpostbriefmarke nach Timbuktu. Ich unterzeichnete die Petition zur Rettung des Postamts und wartete. Als die beiden mich am Tresen bemerkten, lächelten sie höflich.
»Wer in Mangold Parva schreibt denn nach Timbuktu?«, fragte ich.
Wendy sah sich im Postamt um, dann senkte sie ihre Stimme und raunte durch den Mundwinkel: »Das darf ich nicht sagen – Postgeheimnis oder Datenschutz –, aber wenn Sie kurz vor die Tür springen und Richtung Gibbet Lane schauen …«
Ich ging nach draußen und sah die alte Mrs. Lewis-Masters in Zeitlupe mit ihrem Rollator den Hügel hinauflaufen. Timbuktu? Sie sah aus wie die Sorte Frau, die nur ab und zu an eine entfernte Verwandte in Sydenham Briefe über Strickmuster und die Widrigkeiten des Erledigens von Bankgeschäften mittels eines Callcenters in Kalkutta schrieb.
Während sie Daisys Päckchen wog, sagte Mrs. Wellbeck: »Alle vierzehn Tage schreibt sie einen Brief nach Timbuktu, außerdem an Weihnachten und Ostern eine Karte und Anfang Juli eine Geburtstagskarte.«
Das Postamt von Mangold Parva ist wie eine Illustration aus einem von Gracies Kinderbüchern, mal abgesehen davon, dass Mr. und Mrs. Wellbeck keine Eichhörnchen in Kleidung aus dem späten 19. Jahrhundert sind. Jeder Zentimeter im Inneren ist von Regalen gesäumt, in denen Dinge zum Verkauf stehen, obwohl ich glaube, dass die Wellbecks schon vor Jahren den Überblick über ihre Bestände verloren haben. Da findet man Bohnen in Dosen neben gepolsterten Briefumschlägen. Becher mit Bleistiften und Kulis teilen sich ein Regalbrett mit Hunde- und Katzenfutter. Grußkarten liegen wild durcheinander in Schuhschachteln: »Alles Gute zum ersten Geburtstag« im selben Karton wie »Herzliches Beileid zu Ihrem Verlust«.
Die Schreibwarenecke lockte mich mit ihren köstlichen spiralgebundenen Notizbüchern, deren Inneres jungfräulich weißes, schwarz
Weitere Kostenlose Bücher