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Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre

Titel: Townsend, S: Tagebücher des Adrian Mole: Die schweren Jahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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haben?«
    Im Hintergrund konnte ich Lance zur Titelmelodie von Newsnight schluchzen hören.
    Montag, 16. Juli
    Ließ Mr. Carlton-Hayes allein im Laden und rief mir ein Taxi. Daisy, die früher nicht das geringste Interesse an Graham gezeigt hatte, bestand darauf, mich zu der Beerdigung zu begleiten, mit der Begründung: »Nie gehen wir miteinander aus.«
    Ich sagte: »Seit wann gilt es als Ausgehen, an einer Hundebeerdigung teilzunehmen?«
    Worauf sie meinte: »Es werden ein paar nette schwule Männer da sein, also müsste es lustig werden.«
    Sie war von Kopf bis Fuß in Schwarz und hatte sich sogar die Fingernägel mit Chanel Noir lackiert. Ich wies sie darauf hin, dass das ganze Schwarz überflüssig sei, da Nigel und Lance – die Haupttrauernden – zusammen nur zwei Prozent Sehkraft besäßen.
    Daisy meinte: »Ich trage Schwarz, weil ich um mein beschissenes Leben trauere!« Der Taxifahrer warf im Rückspiegel einen Blick auf Daisy. Ich sah ihm an, dass er Anstoß an meiner Frau nahm, und ich schämte mich selbst ein bisschen für sie.
    Aber sie klang verzweifelt.
    Um sie aufzuheitern, hielt ich ihre Hand und schlug vor, nach der Beerdigung bei Wayne Wong chinesisch essen zu gehen. Sie drückte meine Hand und lächelte. Es war wie ein heller Sonnenstrahl, der sich durch finstere Gewitterwolken bohrt.
    Um 9:30 kamen wir bei Nigel an. An der Haustür hing ein schwarzer Kranz. Mir war nicht klar gewesen, dass Grahams Bestattung so eine Riesensache würde.
    Nigel hatte Gäste eingeladen, und auf der Eckkommode im Wohnzimmer war eine Art Altar für Graham aufgebaut, einschließlich eines großen gerahmten Fotos, auf dem er mit heraushängender Zunge lächelte. Daneben lagen auf einem Samtkissen Halsband und Hundemarke des toten Tieres sowie ein mit Silberfarbe besprühter Hundekeks. Lance sieht mindestens zehn Jahre älter als Nigel aus und hat sich den Schädel rasiert, wenn auch nicht sonderlich gut, denn seine Kopfhaut ist von winzigen, halb verheilten Schnitten und frischeren Kerben übersät. Er trug einen dunklen Anzug und hat einen goldenen Ohrring im rechten Ohr, den er vermutlich für ziemlich verwegen hält.
    Eine Kerze brannte in einem schwarzen Leuchter. Mit erstickter Stimme sagte Nigel: »Diese Flamme werde ich niemals verlöschen lassen.«
    »Du solltest sie aber ausblasen, bevor ihr ins Bett geht«, wandte ich ein. »Seit Kerzen als Innendekoration wieder so schwer in Mode gekommen sind, ist die Zahl der Hausbrände sprunghaft angestiegen.«
    Der dahingeschiedene Graham lag in einem Aufbewahrungskarton von Habitat, umgeben von Duft-Potpourri. Sein Maul stand halb offen, wodurch seine Zähne sichtbar waren und er, sogar noch im Tod, den aggressiven Ausdruck hatte, der mich immer daran gehindert hatte, mich in seiner Gegenwart gänzlich wohlzufühlen.
    Während die Gäste die Island-Häppchen verspeisten und rosa Sekt schlürften, ging ich in den kleinen Garten und begann mit der mühsamen Aufgabe, ein Grab in feuchter Lehmerde auszuheben. Hin und wieder hielt ich inne, um mir die Stirn abzuwischen und mich zum Wohnzimmerfens ter umzublicken, hinter dem mir immer gerade einer von Nigels Freunden aufmunternd zuwinkte. Ich konnte Daisy sehen, umgeben von zahlreichen Bewunderern, redend und gelegentlich laut lachend. Aus der Ferne sah es aus, als hätte sie etwas abgenommen. Ihre Ähnlichkeit mit Nigella Lawson war bemerkenswert.
    Niemand bot seine Hilfe an. Wobei ich zugeben muss, dass, als es zu regnen anfing, ein schwuler Freund von Lance – der sich als »Ich bin Jason, ich bin verrückt, früher hatte ich grüne Haare« vorstellte – mir einen Schirm herausbrachte und dann schnell wieder ins Haus rannte, um nicht nass zu werden.
    Hat Jason oder irgendjemand sonst schon mal versucht, mit einer Hand ein Loch zu graben, während man mit der anderen einen Schirm hält?
    Ich hatte nicht vor, an der eigentlichen Bestattungszeremonie teilzunehmen. Meiner Ansicht nach war es stark überzogen, eine Elvis-CD mit »Old Shep« aufzulegen und die Aufbewahrungskiste samt Inhalt in einer Prozession zum Grab zu tragen.
    Als es an der Zeit war, die Kiste in das Loch zu senken, gab es eine furchtbar emotionale Szene. Nigels Trauer war erbarmungswürdig anzusehen und anzuhören. Irgendwann einmal stolperte er beinahe ins Grab. Zu meiner großen Verärgerung war die Kiste zu breit für das Loch, und ich musste den Spaten noch einmal holen und weitergraben. Ich bin ja nicht homophob, aber ein Hundegrab auszuheben,

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