Tradingpsychologie
vollkommen unlogisch zu sein scheint. Diese guten Absichten werden meist unbewusst ausgelöst. Die häufigste »gute Absicht« des Unbewussten ist Schutz vor Schmerz! Denn Schmerz ist für unser Gehirn gleichzusetzen mit Gefahr für Leib und Leben. Und somit eine Bedrohung, dass die Art nicht erhalten werden kann. Die Art zu erhalten ist für das menschliche Dasein oberstes Prinzip. Es steht über allem! Was war nun Peters »guter Grund«, immer wieder gegen den Trend zu handeln?
Ich ging mit ihm seine gesamten wichtigen Lebensereignisse durch. Ein Zusammenhang zu seinem Trading-Problem war hier nicht zu erkennen. Dann sprachen wir intensiv über seine Trading-Erlebnisse. Er erzählte von einem »Monster-Trade«. Geradezu über Nacht verlor er gleich zu Beginn seiner Trading-Laufbahn »unendlich viel Geld«, wie er mir sagte. Eigentlich hatte er sich geschworen nie mehr darüber zu reden.
Peter: Das habe ich irgendwann aus meinem Leben ausgeblendet, so schlimm war das für mich .
Erst als er sich ein Jahr später nach diesem Ereignis näher mit den Prinzipien der Markttechnik beschäftigte, erkannte er die ganzen Zusammenhänge seines Verhaltens.
Es waren damals deutliche Anzeichen für eine Trendumkehr im Markt zu erkennen, der übergeordnete Aufwärtstrend war bereits gebrochen worden. Trotzdem hielt Peter an seinen Longpositionen fest. Seine Verluste waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht sehr groß, aber Peter hatte nicht die Kraft, seine Trades mit Verlust glattzustellen, da sie sich bereits im Verlust befanden. Je länger er auf eine Besserung der Situation hoffte, desto mehr verloren seine Positionen an Wert.
Ich stellte ihm zu diesem Ereignis vertiefende Fragen. Seine Antworten dazu waren unter anderem: »Ich hatte mir damals geschworen, ich werde nie mehr der Letzte sein, der aus einer Bewegung aussteigt.« Oder: »Wäre ich doch bloß short gegangen, dann wäre es mir nach diesen Erfahrungen nicht so schlecht ergangen.« Peter hatte nämlich monatelang seelisch wie körperlich stark unter diesen immensen Verlusten gelitten. Also besorgte ich mir die Charts von der damaligen Marktsituation noch einmal und zeigte sie Peter. Ich fragte ihn daraufhin, was sie in ihm auslösen.
Peter: Ganz klar. Ich sehe jetzt wieder, was ich falsch gemacht habe. Ich hätte statt auf steigende Märkte auf fallende Märkte setzen müssen. Ich hätte gegen den Trend handeln müssen, dann hätte ich eine Menge Geld verdient!
Wir schauten dann auf die Charts seiner letzten Minus-Trades in seinem Tading-Journal. Ich sagte zu ihm: »Schaue konzentriert auf diese Charts.« Dann las ich ihm noch einmal seine Sätze vor, die er mir eben sagte: »Ich hatte mir damals geschworen, ich werde nie mehr der Letzte sein, der aus einer Bewegung aussteigt.« Und: »Hätte ich doch bloß gegen den Trend gehandelt, dann wäre es mir nach diesen Erfahrungen nicht so schlecht ergangen.«
Coach: Peter, siehst du, was du tust?
Peter hörte, wie ich seine Sätze wiederholte, er schaute nachdenklich auf die Charts. Dann atmete er tief ein, schüttelte verständnislos den Kopf und antwortete mit leichter Bitternis in der Stimme: Jetzt gehe ich short, ich gehe gegen den Trend. Aber jetzt ist es zu spät. Coach: Und was, Peter, ist wohl dein guter Grund, das zu tun?
Er wartete einen Moment auf seine Erkenntnis, dann sagte er:
Ich will alles wiedergutmachen, was ich damals falsch gemacht habe. Als würde ich diesen sogenannten Monster-Trade von damals nachholen und nun alles richtig machen wollen, indem ich short gehe. Ich will die Gewinne von damals nachholen. Es ist eigentlich immer derselbe Chartverlauf wie damals, als alles schiefging. Nur will ich heute das Richtige tun .
Coach: Ja, Peter, du tradest jetzt mit den Charts von heute, aber noch immer mit den gleichen Gefühlen von damals .
Peter unterlag sozusagen einem »Irrtum der Zeit«. Er wollte die Geschehnisse von damals wiedergutmachen. Er war davon überzeugt, dass er sich von seiner Schuld und seinen erlebten Schmerzen befreit, wenn er heute, natürlich unbewusst, bei seinen Trades das tut, was damals das Richtige gewesen wäre – gegen den Trend zu gehen. Peter wollte sein Fehlverhalten in Bezug auf seinen »Monster-Trade« in der Vergangenheit wiedergutmachen. Das war seine positive Absicht, wenn er heute gegen die vorherrschende Marktrichtung handelte. Es war vollkommen unlogisch, aber das interessierte Peters Unterbewusstsein nicht. Es wollte ihn nur vor erneuten Schmerzen
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