Tränen aus Gold
das heißt, falls Ihr soviel Geduld habt, bis ich meinem Neffen beigebracht habe, was Ihr wollt. Er richtet sich bei der Arbeit nach meinen Handzeichen.«
»Einverstanden«, sagte Quentin kurz entschlossen, um sodann argwöhnisch hinzuzufügen: »Aber wenn du gelogen hast und er gar nicht kochen kann, dann bekommt ihr alle einen Tritt, ehe es dunkelt. Meine Leute sind nicht zum Scherzen aufgelegt!«
»Ihr stellt die Lebensmittel, und der gute Deat kocht«, gab der Alte zuversichtlich zurück.
»Und wie heißt du?« fragte nun Quentin.
»Die meisten nennen mich Sherb. Und mein Enkelsohn heißt Justin.«
Quentin deutete mit einer Kopfbewegung auf den Turm. »Dort wird euch einer meiner Leute die Küche zeigen. Viel ist es nicht, was wir haben, aber es muß reichen.«
»Ach was, Deat braucht nicht viel. Ihr werdet schon sehen.«
Quentin sah ihnen nach und erkundete dann das Gelände rund um die Ruine, um sich zu vergewissern, daß das Trio nicht zu einer größeren Gruppe von Herumtreibern gehörte, die irgendwo im Wald lauerten. Als er nichts Verdächtiges entdecken konnte, ritt er zurück und war angenehm überrascht, als er die köstlichen Düfte roch, die bereits das alte Gemäuer durchzogen. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen, als er den Turm betrat und die zwei beim Kochen und Tischdecken antraf. Der Blinde hockte vor dem Feuer, wärmte sich und trank aus einem Krug.
»Wollt Ihr etwas Grog, Euer Lordschaft?« fragte Sherb. »Wir brachten ihn mit.«
Quentin, der einen Humpen in Empfang nahm, genoß das herrliche Aroma einen Augenblick lang, ehe er einen Schluck probierte. Dankend nickte er dem Koch zu, als dieser ihm einen Pfannkuchen reichte, der über dem Feuer in heißem Fett herausgebacken worden war. Er staunte nicht schlecht, als er merkte, wie gut er schmeckte; zugleich wurde er gewahr, wie ausgehungert er gewesen war.
»Köstlich«, schwärmte Quentin. Es war das erste Mal seit Tagen, daß etwas seine Zustimmung fand.
Der Alte kicherte. »Ich dachte, wir sollten eine Kostprobe liefern, ehe wir den Lohn für Deat aushandeln.«
»Nenne einen Betrag, und wenn er nicht unverschämt ist, dann werde ich ihn bezahlen«, versprach Quentin. Einen guten Koch mußte man bei Laune halten… zumindest für die kurze Zeit, die er noch hier zu bleiben gedachte… »Ihr drei könnt hier unten in der Küche schlafen«, wies er sie an. Sein Blick fiel auf eine längliche Kiste, die die Neuankömmlinge neben den Herd gestellt hatten. »Was ist da drinnen?«
»Ach… ja, das sind Deats Messer«, antwortete Sherb mit rauer Stimme. Er ging hin, hob den Deckel und ließ die oberste Lage sehen. Auf einem flachen Tablett lagen, exakt in verschiedene Fächer eingepasst, eine Reihe von langen Messern mit breiten Klingen. »Deat braucht sie fürs Fleisch.«
Quentin, der sich die Finger genüßlich ableckte, sah keinen Grund, die Bestecktruhe näher zu untersuchen. Ein Koch brauchte Messer, ganz klar. »Unten befinden sich ein paar Gäste, die es sehr zu schätzen wüssten, wenn sie etwas Anständiges zu essen bekämen. Ich werde dich hinunterbegleiten, wenn das Essen fertig ist.« Um unbequemen Fragen zuvorzukommen, erklärte er beiläufig: »Es handelt sich um Gefangene der Krone, die hier festgehalten werden, bis die Beauftragten der Königin sie holen. Niemand betritt oder verläßt die Zelle, falls nicht ich die Tür aufschließe.«
»Was geht's mich an, wen Ihr einsperrt?« meinte Sherb gleichmütig. »Ich bin nur da, weil ich meinen guten Neffen für Euch als Koch in die Arbeit einweisen möchte.«
»Gut, dann verstehen wir uns.«
»Quentin!« Der Klageruf kam aus einer kleinen, oberhalb gelegenen Kammer, die Quentin eigentlich für sich selbst vorgesehen hatte. »Wo bist du, mein Sohn? Ich bin hungrig!«
Der Gerufene sandte einen flehenden Blick zum Himmel und wies dann Sherb barsch an: »Sag deinem Neffen, er möge soviel kochen, daß diesen Jammerlappen das Maul gestopft wird! Sie sind oben in meiner Kammer. Der Himmel stehe dir bei, wenn du dich nicht sputest.«
Als Sherb bald darauf mit einem Tablett eintraf, griffen Cassandra und ihre Söhne so begierig zu, daß der Anblick dieser gierigen Sippschaft ihn an Wölfe erinnerte, die sich über ihre Beute hermachen.
Die Gefangenen im Verlies verhielten sich gelassener. Elise hatte neben ihrem Vater auf der Liegestatt geschlafen, als sie von Schritten geweckt wurde. Sie blinzelte, als der Schlüssel im Schloß kreischte und die Tür aufschwang, um einem
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