Tränen der Lilie - Hüter der Gezeiten (Bianca Balcaen: Geisterkrieger-Serie) (German Edition)
Saal auf und ab während er die
Sitzreihen
musterte.
Dabei blieb sein Blick auf einem jungen Studenten
hängen. Seit zwei
Tagen wies Jeremias Gesicht einen unnatürlichen Rotton auf und
jetzt bemerkte
Thomas auch, dass sich die Haut anspannte und an einigen Stellen
zu pellen
anfing. Leise vor sich hin schmunzelnd ging er wieder zu seinem
Rednerpult
zurück. Die Natur hatte ihm soeben ganz unverhofft ein
aussagekräftiges
Beispiel geliefert, dachte er bei sich. »Meine lieben
Studentinnen und
Studenten, dieses Öl wirkt übrigens auch absolut magisch gegen
einen
Sonnenbrand«, seine Augen suchten wieder Jeremias Gesicht und
alle folgten
unwillkürlich seinen Blicken.»Vielleicht hat der eine oder
andere unter ihnen in
den letzten Tagen etwas zu lange am Strand gelegen, weil er die
Freundin mit
einer George Cloony Bräune beeindrucken wollte? Leider ist es
danebengegangen
und jetzt sind sie so rot wie ein Lopster? Dann probieren sie es
aus, meine
Damen und Herren. Reiben sie sich mit diesem natürlichen Öl ein
und ich
versichere ihnen die Entzündung wird sich binnen weniger Stunden
lindern.
Danach werden Sie abends wieder frisch wie ein Adonis für ihre
Angebetete sein .«
Erheiterndes Gelächter ertönte im Hörsaal. Alle
Studenten, ohne
Ausnahme, vergötterten Professor Mallone. Er verstand es wie
kein anderer
Lehrer seine Schüler zu fördern. Aber auch hart zu fordern und
ihren Ehrgeiz
jeden Tag aufs Neue mit seinen interessanten und geheimnisvollen
Vorträgen
anzustacheln.
»Meine Damen und Herren, damit ist der Unterricht für
heute beendet.
Morgen erwarte ich von ihnen ein Referat über die Teonanacatl
Pilze und die
Peyote Kakteen. Schreiben sie es mit einer umfassenden
Zusammenfassung der
verschiedenen und komplexen Wirkungsweisen.
Und wenn es sich machen lässt, dann bitte mehr als nur
einen
Vierzeiler. Auf Wiedersehen.«
Er nahm seine Aktentasche und verließ den Raum.
Professor Thomas
Mallone unterrichtete nun schon seit mehr als elf Jahren
indianische Kultur an
der Santa Barbara Universität, in Montana. Auch nach so vielen
Jahren verspürte
er jeden Tag wieder die Begeisterung für seinen Beruf.
Mit vollem Elan versuchte er jeden Tag wieder sein
gesammeltes Wissen an
seine Studenten weiterzugeben und sie so für die Welt der Natur
zu begeistern.
Seine 49 Jahre sah man ihm nicht an, als er den langen
Arkadengang
Richtung Auto ging. Als er in den Wagen stieg, dachte er
wehmütig daran dass
seine einzige Tochter Amy ihn nächste Woche schon für eine lange
Zeit verlassen
würde.
Wahrscheinlich war sie jetzt schon am packen. Er
wendete den Wagen und
fuhr vom Universitätsparkplatz Richtung Stadt. Dort wollte er
noch schnell zum
Blumenladen Ecke Madison fahren. Denn nur da verkauften sie
immer die schönsten
und meerblauen Lilien. Die Lieblingsblumen seiner Tochter. Die
Vorliebe für
diese besondere Sorte Blumen hatte sie von ihrer Mutter geerbt.
Thomas konzentrierte sich auf den dichten
Feierabendverkehr, fädelte
sich langsam auf dem Highway ein und stand dann wie immer im
allabendlichen
Verkehrsstau fest. Es ging jetzt nur noch schrittweise voran.
Müde blickte er
aus dem Fenster.
Amys Umzug schien ihm doch mehr zuzusetzen, als er sich
insgeheim
eingestehen wollte. Nach seiner Frau, verließ ihn nun auch noch
seine Tochter.
Eine unendliche Traurigkeit überkam ihn und langsam begannen
seine Gedanken
abzuschweifen und noch einmal zurückzuwandern, zu der Zeit in
seinem Leben in
der noch alles vollkommen war. Leise seufzte er auf.
Auch heute noch, acht Jahre nach dem qualvollen
Krebstod seiner
geliebten Frau, vermisste er sie noch immer Tag für Tag. Alleine
ihr Name klang
noch immer wie Musik in seinen Ohren. Tadita, was in ihrer
Sprache „eine die
rennt“ bedeutete, war eine Indianerin vom Stamm der Hopi
gewesen. Als er sie
vor über vierundzwanzig Jahren kennenlernte, hatte er sich
sofort Hals über
Kopf in sie verliebt. Sie waren beide Studenten an derselben
Universität in
Montana gewesen und Tadita hatte damals, erst wenige Wochen
vorher, ihre Eltern
bei einem Verkehrsunfall verloren. Überaus verloren und traurig
sah er sie
jeden Tag im Hörsaal sitzen.
Nachdem er sie danach lange umworben hatte schenkte sie
ihm
schließlich all ihre Liebe aus vollen Herzen.
Als zwei Jahre später
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