Traeume aus 1001 Nacht Band 03
seines Gesichts wirklich lebte. Sie schenkte ihm ein letztes Lächeln, und dann wandte sie sich ab.
Irgendwie schaffte sie es bis in ihr Haus, ohne zu wei nen, doch kaum war sie dort, strömten ihr die Tränen über die Wangen. Kat war nicht da, und Sienna war froh darü ber, denn es gab ihr die Zeit, allein über das Schlimmste hinwegzukommen und sich zurückzuziehen wie ein ver letztes Tier.
Am dritten Tag fühlte sie sich ein wenig besser. Ihr Herz schmerzte, aber sie wusste, dass Hashim es hassen würde, wenn sie zu einer dieser Frauen wurde, die ihr Leben nicht mehr in den Griff bekamen, weil eine Liebesgeschichte unglücklich zu Ende gegangen war.
Sie badete, wusch ihr Haar und zog sich gerade einen alten, übergroßen Pullover an, der ihr bis zu den Knien reichte, als es an der Haustür klingelte. Vielleicht hatte Kat ihre Schlüssel vergessen.
Als sie die Tür öffnete, war sie vollkommen unvorbe reitet auf die Menge an Fotografen, die sich in Position brachte und sie mit ihrem Blitzlichtgewitter blendete. Ir gendjemand schob ihr ein Mikrofon unter die Nase.
„Miss Baker!“, rief eine fernsehtrainierte Stimme. „Sienna! Weiß der Scheich von Qudamah, dass sie einmal ein Nacktmodell waren?“
10. KAPITEL
Das Foto, das die Presse von Sienna auf ihrer Türschwelle gemacht hatte, war über Tage in den Zeitungen und Ma gazinen zu sehen – allerdings wurde es immer nur neben einem weiteren, wesentlich größeren Foto platziert, näm lich dem Oben-ohne-Bild von ihr am Strand.
Selbst die seriösen Blätter brachten die Geschichte. Sie rechtfertigten den Abdruck des Fotos damit, dass es veranschauliche, wie sehr sich die moralischen Werte im Mittleren Osten wandelten. Und eine leicht zensierte Ver sion davon wurde landesweit im Fernsehen als Zusatz zu einer andernfalls langweiligen Nachrichtensendung aus gestrahlt.
Sienna war in ihrem Haus gefangen, da sie nicht hi nausgehen konnte, ohne fürchten zu müssen, belästigt zu werden. So saß sie mit herabgelassenen Jalousien in der Küche, als Kat hereinkam und ihr mit einem vielsagenden Blick das Telefon reichte.
Sie hielt den Hörer ans Ohr. „Sienna?“
Sie biss sich auf die Lippe und schloss die Augen. Nur jetzt nicht weinen. Aber der Klang seiner vertrauten und geliebten Stimme war mehr, als sie ertragen konnte. „Ja, ich bin es.“
„Geht es dir gut?“
„Stell mir eine andere Frage. Was ist mit dir?“
Das ignorierte er. „Ist die Presse immer noch da?“
„Nun ja, es sind nicht mehr ganz so viele. Ich glaube, sie sind frustriert, weil ich mich geweigert habe, ein State ment abzugeben.“
„Gut. Wenn du sie mit Nahrung fütterst, wächst sich die Story weiter aus.“
„Oh, Hashim – wie in aller Welt haben sie davon Wind bekommen? Wie haben sie das mit uns überhaupt heraus gekriegt?“
Hashims Mund wurde zu einer schmalen Linie. Er heg te den Verdacht, dass jemand in Qudamah der ausländi schen Presse einen Wink gegeben hatte. In dem Machtspiel, das sein Leben bestimmte, war Sienna zu einer starken Waffe geworden, und er musste sie vor dem Sturz bewahren.
„Diese Dinge kommen einfach immer irgendwie he raus“, antwortete er langsam. „So ist das nun einmal in dieser Welt.“
Er klang beinahe erschöpft, so als hätte er eine Seite dieser Welt gesehen, die sie nicht kannte – und natürlich hatte er das tatsächlich. Sie konnte sich nicht ansatzweise vorstellen, was es hieß, ein Scheich zu sein, aber sie war sich ziemlich sicher, dass es sehr schwer sein musste, in dieser Position den Motiven der Menschen zu vertrauen. „Ja“, sagte sie ruhig. „Ich schätze, du hast recht.“
Das Schweigen zwischen ihnen schien unendlich. „Ich schicke ein paar Leute rüber, die nach dir schauen wer den, Sienna. Wenn ich selber komme, wird das die Story nur weiter anheizen. Gibt es einen Ort, wo du hingehen kannst?“
Ganz plötzlich wurde ihr klar, dass diese Unterhaltung rein praktischer Natur war. Er wollte nicht reden – nicht wirklich reden, und davon abgesehen, was gab es auch noch zu sagen? Es ging nur noch darum, den Schaden zu begrenzen.
„Meine Mutter möchte, dass ich zu ihr komme.“
„Dann geh zu ihr. Ich werde alles arrangieren.“
„Hashim – du scheinst nicht zu verstehen!“, sagte sie frustriert. „Ich habe laufende Verträge, die ich erfüllen muss. Und das Telefon steht nicht still, so viele neue An fragen bekomme ich – ich bin noch nie so begehrt gewesen. Ich glaube, es ist reine Neugier“, fügte sie
Weitere Kostenlose Bücher