Traeume aus 1001 Nacht Band 03
Respekt einflößender Mann.
Vor fünf Jahren war sie von ihm vollkommen einge schüchtert gewesen, doch seitdem hatte sich vieles verän dert. Zum einen war sie erwachsen geworden, aber noch wichtiger war, dass Hashim ihr Selbstvertrauen und Be stätigung als Frau gegeben hatte – und das konnte ihr nie mand mehr nehmen.
Abdul-Aziz’ Augen verengten sich, als er sie sah, und sofort war Sienna sich bewusst, dass sie nicht schlimmer aussehen konnte – alte Kleider, kein Make-up, mit Ku chenteig beschmiert und ein kleines Mädchen an ihrem Rockzipfel, das laut fragte: „Wer ist der böse Mann?“
„Es ist jemand, den ich kenne“, flüsterte sie und schaute zu ihrer Mutter herüber. „Macht es dir etwas aus, wenn du den Kuchen mit Cara backst und ich meinen Besuch ins Wohnzimmer führe?“
Cara protestierte ein bisschen, und ihre Mutter wirkte enttäuscht, denn natürlich wollte sie hören, was der „böse Mann“ zu sagen hatte. Sienna blieb seltsam gelassen, als sie Abdul-Aziz durch den Flur ins Wohnzimmer führte. Das Schlimmste war ja bereits geschehen – sie hatte Hashim verloren. Alles andere konnte ihr nichts mehr anhaben.
„Möchten Sie eine Tasse Tee, Mr. Aziz?“, fragte sie höf lich. „Ich weiß nicht so recht, wie ich Sie anreden soll.“
„Sie können mich Abdul nennen“, brummte er. „Und nein, ich möchte keinen Tee. Vielen Dank“, fügte er hinzu, so als habe er sich selbst ermahnt, höflich zu sein.
„Was kann ich für Sie tun?“ Sienna sah ihn fragend an.
„Das Mädchen.“ Er deutete mit dem Kopf in Richtung Tür. „Ist das Ihr Kind?“
„Nein“, antwortete sie ruhig. „Sie ist die Tochter meiner Schulfreundin.“
Jetzt starrte er auf die Kette mit dem goldenen Adler, die sie am Hals trug und niemals abnahm.
„Und mein Scheich hat Ihnen das gegeben?“, wollte er wissen und deutete auf die Kette.
„Ich schätze, darauf kennen Sie die Antwort bereits. Ja, das hat er.“
Abdul nahm eine beinahe drohende Haltung ein und verkündete energisch: „Sie müssen auf ihn verzichten! Sofort und unwiderruflich!“
Sienna starrte ihn an. „Wie bitte?“
„Haben Sie es nicht gehört?“
„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.“
„Er hat es Ihnen nicht gesagt?“
Das tat weh. „Nein.“
„Scheich Hashim plant, im Staatsfernsehen eine An sprache zu halten!“
„Was für eine Ansprache?“
Abdul-Aziz’ Mund verhärtete sich. „Er weigert sich, es mir zu sagen … der starrsinnige Junge … aber in meinem Herzen weiß ich, worum es geht.“
„Tatsächlich? Können Sie Gedanken lesen?“
„Er wird sich öffentlich zu seiner Liebe zu Ihnen beken nen!“, fauchte er.
Siennas Lachen war echt, doch es war voller Traurig keit. „Sie könnten nie Ihr Geld als Wahrsager verdienen, Abdul“, meinte sie. „Zwischen mir und Hashim ist es vor bei – er liebt mich nicht.“
„Nicht?“ Sein misstrauischer Blick hellte sich auf, und Erleichterung erschien auf seinem Gesicht. „Sind Sie si cher?“
„Ja.“
„Was hat er dann vor?“, überlegte Abdul-Aziz.
„Finden Sie nicht, das sollten Sie ihn lieber selbst fra gen?“
„Das habe ich. Er verrät mir nichts.“
„Dann ist es äußerst illoyal von Ihnen, hinter seinem Rücken zu spionieren und zu versuchen, Dinge herauszu bekommen, die er offensichtlich für sich behalten will.“
Er starrte sie an. „Ihre Loyalität gegenüber dem Scheich ist bewundernswert, aber ich bin es nicht gewohnt, dass man so mit mir spricht, Miss Baker. Schon gar nicht eine Frau.“
„Wie kommt es, dass ich nicht überrascht bin?“, mur melte Sienna.
„Werden Sie versuchen, ihn aufzuhalten?“, hakte er nach.
„Daran würde ich nicht einmal im Traum denken“, er klärte sie ruhig. „Und selbst wenn ich es wollte, so könnte ich es nicht. Er ist ein Mann, der selbst für sein Schick sal verantwortlich ist.“ Sie sah ihm ins Gesicht. „Wie wir alle.“
Ein seltsames, berechnendes Funkeln trat in Abdul-Aziz’ kalte Augen. „Ja, in der Tat, das sind wir“, entgegne te er. „Sie sind eine starke Frau, Miss Baker.“
War sie das? Im Moment fühlte sie eine Mischung aus Stärke und Schwäche, doch die Stärke kam aus ihrer un gebrochenen Liebe zu Hashim. In gewisser Weise war es mit der Schwäche jedoch dasselbe. „Vielen Dank, Abdul.“
Für einen Moment schlich sich ein weicherer Ausdruck in seine Augen, oder bildete sie sich das nur ein? „Haben Sie eine Nachricht für ihn?“, fragte Abdul.
Sagen Sie ihm,
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