Traeume aus 1001 Nacht Band 03
um den Eindringling zu vertreiben. Es lag nun einmal in seinem Temperament, dass er keinen anderen Mann neben sich duldete. Doch das war natürlich unmöglich, da er sich Tausende von Kilometern ent fernt aufhielt. Außerdem wollte er auf keinen Fall, dass Jenna sich womöglich einbildete, er könnte eifersüchtig sein. Deshalb gab er sich ein arrogantes Aussehen und lächelte leicht. Außerdem konnte er doch sicher sein, dass Jenna jungfräulich war wie der frische Schnee, der zuweilen auf den höchsten Gipfeln seines Staates lag.
Bei besonders gutem Wetter konnte er diese Berge so gar von seinem Palast aus sehen. Der Kontrast von Wüs tensand, Palmen, Kamelen und den weiter entfernten wei ßen Gipfeln hatte schon etwas Besonderes. Rashid konnte dann stundenlang am Fenster stehen und sich an dem An blick erfreuen. Dann hatte er nichts mehr an sich von dem Herrscher, dann war er einfach ein sensibler junger Mann.
Jetzt aber ging es um Jenna. Sie war doch immer sein ge wesen. Und daran durfte sich nie etwas ändern. Niemals.
„Würdest du mir vielleicht erklären, was diese Situation zu bedeuten hat?“, fuhr er kühl fort. „Mir jedenfalls gefällt es überhaupt nicht, dass du einen Mann zu Besuch hast.“
War es nicht die Höhe, dass er ihr solche Vorwürfe machte? Sie war ihm doch keine Rechenschaft über ihr Leben schuldig und konnte tun und lassen, was ihr ge fiel. Wenn sich ein anderer Mann erlaubt hätte, so mit ihr umzuspringen, hätte sie den Hörer einfach auf die Gabel geknallt und keinen weiteren Gedanken mehr daran ver schwendet. Das Problem war nur, dass Scheich Rashid von Quador ein ganz besonderer Mann war.
Jenna musste an die Hoffnungen denken, die sie früher gehegt hatte. Immer wieder hatte sie davon geträumt, wie es wohl wäre, seine Braut und damit Herrscherin über das Land zu werden. Als sie später aber die Wahrheit über ihn erkannt hatte, musste sie feststellen, dass sich das, was ihr einst wie ein Paradies vorgekommen war, sicherlich schnell als Albtraum herausgestellt hätte. Deshalb war sie ja auch nach Amerika gegangen. Das Leben in New York hatte ihr gezeigt, dass es noch etwas anderes gab als nur die Träume, die sie als Teenager gehegt hatte. Mit der Zeit hatte Jenna sich zu einem anderen Menschen entwickelt. Sie war selbstbewusst und modern geworden, und das musste auch Rashid einsehen, ob es ihm nun gefiel oder nicht!
„Willst du mir nicht endlich sagen, warum du anrufst?“, fragte sie seufzend.
„Ich denke, es war ein Fehler, dir zu erlauben, deine Stu dien in den Vereinigten Staaten fortzusetzen.“
„Das sehe ich ganz und gar nicht so.“
„Ich glaube kaum, dass dir eine eigene Meinung zu steht“, entgegnete er scharf. „Schließlich solltest du nicht vergessen, dass du mit einem Scheich sprichst.“
Jenna zuckte zusammen. Rashid hatte ja nicht Unrecht. Natürlich wurde von allen Untertanen in seinem Reich er wartet, dass sie dem Herrscher Respekt würdigten. Und das galt ebenso für seine zukünftige Braut. So leicht aber woll te sie nicht aufgeben. Am liebsten hätte sie ihm gleich auf der Stelle klargemacht, was sie von seinem Verhalten dach te, doch wieder sagte sie sich, dass Vorsicht angebracht sei.
„Vielleicht fällt dir das ein wenig spät ein“, erwiderte sie so ruhig es eben ging.„Außerdem hat es mir mein Vater erlaubt.“
„Stimmt. Aber du hast ihn um den kleinen Finger gewi ckelt. Schließlich hat er sogar zugestimmt, dass du arbei ten gehst. Ich frage mich bis heute, wie dir das gelungen ist.“ Rashid seufzte leicht auf. Obwohl er alle Macht in den Händen hielt, fiel es ihm gar nicht so leicht, mit Jenna fertig zu werden. „Du bist schon immer sehr überzeugend gewesen, wenn du dir einmal etwas in den Kopf gesetzt hast“, erklärte er endlich.
„Stimmt. Aber das gehört doch der Vergangenheit an, Rashid“, betonte sie energisch. „Und jetzt solltest du mir endlich sagen, was mir die Ehre deines Anrufes verschafft. Schließlich ist es doch eine echte Überraschung, wir haben uns ja schon eine ganze Zeit lang nicht mehr gesehen.“
Jenna durchquerte das Wohnzimmer und ließ sich in ei nen Sessel fallen. Sie schlug die Beine übereinander, strich den Bademantel glatt und fragte sich, was Rashid wohl antworten würde.
Der Scheich aber schien es nicht sonderlich eilig zu ha ben. Er ging in einem der Gemächer seines Palastes, der direkt aus einem Märchen zu stammen schien, auf und ab und fragte: „Wo ist eigentlich deine Schwester?
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