Traeume Aus 1001 Nacht Band 04
noch bei Lampenlicht. Jana stopfte, und Omar besserte das Seil aus, mit dem sie den Kühlkorb hochziehen mussten. Dieses Beisammensein in den Abendstunden war weitaus gefährlicher als zu jeder anderen Tageszeit, aber es ließ sich nicht vermeiden. Sie hatten nur einen begrenzten Vorrat an Petroleum und konnten es sich nicht leisten, verschwenderisch damit umzugehen.
Omar hielt in seiner Arbeit inne. Er hatte gewusst, dass die Frage kommen musste, aber er wollte sie eigentlich nicht beantworten. „Vom Palast?“
„Ja, wir haben doch die Nachricht mit den Leuchtsignalen abgeschickt, gleich am ersten Abend. Wieso dauert es so lange?“
Er seufzte schwer. „Es liegt an der Nachricht.“
Bei seinem abweisenden Ton schaute sie von ihrer Arbeit auf. „Wie meinen Sie das?“
Er warf das Seil beiseite und straffte sich. „Sie erinnern sich noch, dass ich Ihnen drei Leuchtsignale gegeben habe?“
„Ja, und eines davon hat versagt. Aber zwei sind weithin sichtbar aufgestiegen. Er muss sie bemerkt haben!“
„Das hat er bestimmt. Zwei Leuchtsignale jedoch bedeuten: ‚Alles in Ordnung. Unternimm nichts, bevor du nicht wieder von mir hörst.‘“
„Du lieber Himmel!“ Jana seufzte und bemühte sich, die Nachricht zu verarbeiten. Schließlich wollte sie wissen: „Und was hätten drei bedeutet?“
„Drei bedeuten ‚Notfall‘. Hätte Ashraf Durran drei Leuchtsignale gesehen, wäre er längst mit einem Hubschrauber oder mit Lastwagen und genügend Soldaten hergekommen, um Jalal von weiteren Schritten abzuhalten.“
„Um Himmels willen!“, stieß sie entsetzt hervor. „Und was passiert jetzt? Warten wir einfach hier oder was soll passieren?“
„Ich habe gleich am nächsten Morgen durch Baba Musa einen Boten schicken lassen. Aber er muss auf einem Maulesel reiten und einen kilometerweiten Streifen Wüste durchqueren, ehe er zum Palast gelangt.“
„Warum haben Sie mir das nicht gesagt? Ich hätte mit dem Land Rover fahren können und wäre in einem Tag da gewesen!“, beschwerte sie sich verärgert.
„Jana, es ist nicht genug Benzin im Tank, um sicher damit bis zur nächsten Tankstelle zu gelangen. Das wissen Sie auch!“
„Ich hätte es aber versucht.“
„Genau aus dem Grund habe ich Ihnen nichts gesagt. Sie sind impulsiv und eigensinnig. Wären Sie tatsächlich so dumm gewesen und hätten eine solch gefährliche Fahrt unternommen, hätte ich nicht die Kraft gehabt, Sie davon abzuhalten“, erwiderte Omar.
„Sie hätten mich lieber fahren lassen sollen. Aber glauben Sie nicht, dass er selbst mit dem Maulesel inzwischen am Palast sein müsste?“
„Das lässt sich schwer sagen. Es ist sehr heiß. Das Bergvolk ist den beschwerlichen Weg durch die Wüste nicht gewohnt. Auch haben sie wenig Verständnis für unsere Ansichten über Zeit und Dringlichkeit.“
„Ich kann doch jederzeit fahren.“
„Nein“, bestimmte Omar tonlos. „Es ist zu gefährlich. Jalal weiß, dass wir hier sind. Er wird jedes Fahrzeug auf der Strecke beobachten lassen.“
Verzweifelt entgegnete sie: „Ursprünglich hatte ich vor, bei Nacht zu fahren … so hätte ich Jalals Gebiet schon vor Sonnenaufgang sicher hinter mir gehabt. Ich kann immer noch fahren. Heute Abend noch.“ Sie warf die Shorts beiseite. „In ein paar Stunden kann ich schon losfahren.“
„Seien Sie nicht albern. Halten Sie ihn für so dumm, dass er die Scheinwerfer nicht erkennt?“
„Es ist fast Vollmond“,widersprach sie ihm. Plötzlich, da sie erkannte, dass eine Flucht möglich war, hatte sie das Gefühl, sie müsse sich unbedingt auf den Weg machen. Wenn sie bliebe, würde sie sich nur noch mehr in Omar verlieben, und das wäre fast so, als würde sie Selbstmord begehen. „Ich könnte ohne Licht fahren. Die Straße hebt sich so deutlich von der Wüste ab, dass es durchaus möglich wäre.“
Er war nahe daran, seine Geduld zu verlieren. Sollte ihm das passieren, wäre es fatal. Er wandte sich ab und griff nach dem ausgefransten Seil. „Das Thema ist beendet“, erklärte er energisch.
Jana sprang auf. „Was soll werden, wenn Ihr Bote es nicht schafft? Wenn der Maulesel stirbt und er zu Fuß weitergehen muss? Wie sollen wir uns gegen Jalal verteidigen, falls er in die Berge kommt? Ich bin bereit, das Risiko einzugehen. Es ist meine eigene Entscheidung. Ich will fahren.“
Omar stand ebenfalls auf. Er überragte sie um mindestens einen Kopf. „Setzen Sie sich und schweigen Sie“, verlangte er im Befehlston. Dabei atmete er tief
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