Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
die Entfernung bis zum Tor und sprang darüber, um genau an der Stelle zu landen, an der gerade noch der Untote gestanden hatte. Der Vampir nutzte seine übernatürliche Geschwindigkeit, um sich blitzschnell außer Reichweite zu bringen. Sein Zischen, eine abscheuliche, giftige Mischung aus Wut und Niedertracht, schallte durch die Nacht. Grüner und schwarzer Dunst, der einen fauligen Geruch mitbrachte, umwaberte die noch solide Gestalt des Untoten, aber dann lösten der Dunst und der Vampir sich in Tausende von Wassertröpfchen auf, die vom Wind davongetragen wurden und sich zu einer Wolke der Schlechtigkeit verdichteten.
Die Jäger drangen in den dichten Nebel vor. Falcon murmelte leise vor sich hin. Mit den Händen formte er ein kompliziertes Muster. Sofort erfüllte sich die Luft mit seltsamen phosphoreszierenden, milchig weißen Schwaden, und die Spur des Untoten war jetzt leicht zu erkennen, da dunkle Flecken das schimmernde Weiß verunzierten. Falcon erhob sich in die Wolken, was in der schweren, giftverpesteten Luft kein leichtes Unterfangen war. Die Flecken, winzige dunkle Stellen, die sich in alle Richtungen zu verbreiten schienen, wuchsen und verlängerten sich, um wie dunkle Kometen über den schwarzen Nachthimmel zu schießen.
Der Vampir konnte sich nur in eine Richtung fortbewegen, doch die Flecken zerstreuten sich nach nah und fern, nach Osten und Süden, Norden und Westen, auf das Dorf zu, über den Wald und an den Bergrücken entlang. Sie schossen senkrecht in die Höhe, blähten sich auf zu einem unförmigen Turm und fielen als dunkler, säurehaltiger Regen auf die Erde.
Die Ratten und Insekten auf dem Boden traten den Rückzug an, die Dornenwände schwankten und fielen um, und die Schlingpflanzen zogen sich unter die Erde zurück. An einer Ecke des Tors stand eine große Ratte und starrte ein paar Momente lang bösartig zum Haus hinüber. Dann fletschte das Biest die Zähne und spuckte auf das Tor, bevor es herumfuhr und davonflitzte. Das Schmiedeeisen zischte und rauchte, als der Speichel das Metall zerfraß und ein kleines schwarzes Loch hineinbrannte.
Mikhail sandte einen Aufruf an alle Karpatianer in der Gegend, auf die Dorfbewohner achtzugeben und dem Vampir den Weg zu dieser potenziellen Nahrungsquelle abzuschneiden. Mit der ganzen Umgebung in Alarmbereitschaft hoffte er, den Unterschlupf des Vampirs schnell zu finden. Er gab den anderen beiden Jägern ein Zeichen, mit ihm zum Haus zurückzukehren. Es wäre eine vergebliche Mühe, den Vampir ohne klar erkennbare Spur zu verfolgen. Viel besser war, wenn sie sich neu formierten und einen Angriffsplan entwickelten.
»Dieser Untote muss wirklich ein sehr alter sein«, sagte Jacques, als sie auf der Veranda der Residenz des Prinzen wieder ihre menschliche Gestalt annahmen. »Er ist weitaus mächtiger als alle anderen, denen ich bisher begegnet bin.«
»Dein Vater hat viele Krieger in fremde Länder ausgesandt. Einige leben noch, andere haben sich für den Freitod in der Morgendämmerung entschieden, und wieder andere sind zu Vampiren geworden«, sagte Falcon. »Und es besteht kein Zweifel, dass dieser in all den Jahren viel gelernt hat. Andererseits hatte er fünfzehn Jahre, um Sara zu finden, und sie ist ihm immer wieder entkommen. Ein Mensch, ein halbes Kind vor Jahren noch. Er kann und wird also besiegt werden.« Falcon blickte zum Tor hinüber. »Er hat sein giftiges Zeichen hinterlassen, ich habe es gesehen, als wir hereinkamen. Und danke, Jacques, dass du Sara so schnell gefunden und in Sicherheit gebracht hast. Ich stehe tief in deiner Schuld.«
»Wir haben noch viel voneinander zu lernen und die unschöne Aufgabe, das Böse zu vernichten«, sagte Mikhail. »Aber vorher sollte Sara in der Lage sein, sich in die Erde zu begeben. Im Moment ist sie in einem der unterirdischen Zimmer, doch zu ihrem eigenen Schutz wäre es das Beste, dass du sie sofort verwandelst.«
Falcon erwiderte den Blick des Prinzen. »Und weißt du, ob das gefahrlos vonstatten gehen kann? Zu meiner Zeit wurde so etwas von niemand anderem als den Untoten versucht. Die Ergebnisse waren erschreckend.«
Mikhail nickte. »Wenn sie deine wahre Seelengefährtin ist, muss sie übernatürliche Fähigkeiten haben. Dann kann sie gefahrlos verwandelt werden, auch wenn es nicht ganz schmerzlos für sie ist. Du wirst jedoch instinktiv wissen, was du für sie tun musst. Und du wirst sie auch mit Blut versorgen müssen. Da du keine Zeit hast, auf Jagd zu gehen, wirst du das
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