Traeume doch einfach weiter
wiedergutmachen«, sagte Thaddeus als Jeremy Stone. Sie standen am
Fenster, und er beugte sich zu ihr, wobei die Nachmittagssonne seinem markanten
Profil noch mehr Kontur verlieh. Er griff nach ihrer Hand. »Ich bin es, der dir
etwas schuldig ist. Ich verdanke dir alles, Holly. Du hast mir gezeigt, wie
ich... ich sein kann.«
Vielleicht lag es
daran, dass er ein so talentierter Schauspieler war, womöglich hatte es auch
nur mit seinem unwiderstehlichen Aussehen zu tun, aber irgendwie gelang es
ihm, den idiotischen Dialog fast echt klingen zu lassen. Er stand so dicht
neben Serena, dass sie den leichten Hauch von Pfefferminz in seinem Atem
wahrnahm. War er wirklich so vollkommen?
Sieht so aus.
»Ich... ich...«,
stammelte Serena. »Ich weiß einfach nicht, was ich sagen soll.«
Auf der anderen
Seite des Raums räusperte sich Vanessa hinter ihrer Kamera.
»Sag nichts«,
sagte Thaddeus-als-Jeremy sanft. »Bleib einfach nur so stehen und lass mich
dich ansehen.«
Serena rührte
sich nicht. Sie konnte gar nicht anders, als jedes Wort zu glauben, das
Thaddeus sagte.
»Okay, ich
unterbreche euch an der Stelle«, rief Ken. »Holly, Schätzchen, denk dran. Du
bist nicht Serena. Du bist Holly.«
»Okay«, flüsterte
Serena. Sie fühlte sich nicht wie Holly Golightly. Sie fühlte sich wie sie
selbst, und sie fühlte sich, als stünde sie neben dem vollkommenen Traummann.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, sich Männern gegenüber natürlich zu
verhalten und sich nicht zu verstellen. Es fiel ihr schwer, jetzt zu
schauspielern... noch dazu angesichts eines so umwerfenden Mannes.
»Und lass das
alberne Gewedel mit den Händen«, plärrte Ken wie ein großes Baby. »Das sieht
aus, als würdest du Fliegen verscheuchen.«
»Tut mir leid.«
Durch das offene Fenster hörte Serena das Rauschen des Verkehrs unter ihnen.
Sie wünschte, sie wäre dort draußen und würde mit Thaddeus an den Schaufenstern
der Mercer Street in Soho entlangschlendern oder ein paar Blocks weiter auf der
Dachterrasse des Sushi Samba sitzen und sich von ihm mit Hoso-Maki füttern
lassen. Thaddeus beugte sich zum Fenster hinaus und holte tief Luft. Konnte er
etwa Gedanken lesen?
»Hör einfach Thad
zu«, sagte Ken, dessen Zeigefinger immer noch in seiner Nase steckte. »Aber er
ist nicht mehr Thad, stimmt's? Nein, er ist Jeremy. Das hörst du doch, oder?
Seine Schüchternheit? Seine Nervosität? Er hat wahnsinnige Angst vor dir,
verstehst du? Er hat Angst und ist zugleich bezaubert. Dieses Gefühl musst du
an die Zuschauer weitergeben, okay? Sorg dafür, dass wir uns alle in dich
verlieben.«
Als wäre das
jemals ein Problem für Serena gewesen.
»Okay, nächster
Versuch!« Ken klatschte in die Hände und schaffte es irgendwie, sich dabei
gleichzeitig eine Zigarette anzuzünden, obwohl seine erste zu Asche verbrannt
war, ohne dass er einmal daran gezogen hatte.
Thaddeus war
sofort wieder voll konzentriert und nahm seine Position ein.
»Liebling, du
hilfst mir jedes Mal aus der Klemme. Wie soll ich das nur jemals
wiedergutmachen?«, sagte sie, diesmal mit festerer Stimme.
»Du musst es
nicht wiedergutmachen. Ich bin es, der dir etwas schuldig ist. Ich verdanke dir
alles, Holly. Du hast mir gezeigt, wie ich... ich sein kann.«
»Du musst
unbedingt zu meiner...« Sie konnte sich einfach nicht mehr erinnern, wie der
Satz weiterging. Sie brauchte ihr Textbuch.
»Party!«, kreischte
Ken ungeduldig. »Zu meiner Party! Hast du deinen
Text nicht gelesen, Holly?«
»Doch«, murmelte
Serena trotzig und widerstand der Versuchung, den Stapel Drehbücher auf dem
Boden mit einem gezielten Fußtritt aus dem Fenster zu befördern.
»Okay, dann lassen
wir die Szene aus und spulen ein bisschen vor.« Ken rieb sich die Stirn, die
merkwürdig entzündet aussah. »Probieren wir es mit der Szene am Morgen. Die
hat wenig Dialog. Den hast du dir doch hoffentlich gemerkt, Holly?«
»Klar.« Serena
hatte das Gefühl, jetzt schon alles falsch gemacht zu haben, obwohl sie doch
bloß ein paar Sätze gesagt hatte. Bekam man als Schauspielerin denn keine
Zeit, sich ein bisschen warmzuspielen?
»Okay, Thaddeus,
du fängst an.« Ken wedelte mit der glühenden Zigarette.
»Holly«, sagte
Thaddeus aus dem Gedächtnis - sein Textbuch lag immer noch auf der Couch. »Ich
wusste, dass ich dich hier finden würde.«
»Wirst du immer
wissen, wo du mich finden kannst?« Aus dem Augenwinkel sah Serena, wie Ken den
Kopf schüttelte, und ließ ihr Skript fallen. Dann riss sie
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