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Traeume von Fluessen und Meeren

Traeume von Fluessen und Meeren

Titel: Traeume von Fluessen und Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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übertönen. Der Mann wollte trotzdem weiterreden, er legte eine Hand auf Johns Schulter, aber John gab auf und ging weg. Er setzte sich auf den Rasen und schaute den Tanzenden zu. Sie waren nicht mit sehr viel Begeisterung bei der Sache. Die Körper der Frauen waren anmutig, aber nicht aufregend. Er wollte zurück ins Hotel. Die Besucherin musste Ananya gewesen sein. Er hätte Mum besuchen sollen. Das hatte er sich vorgenommen. Dann gingen die Lichter an einem Swimmingpool an.
    Der Pool befand sich ein Stückchen hinter den Tischen, näher am Haus. John ging hinüber. Ein halbes Dutzend Leute waren schon im Wasser, das von oben und von unten beleuchtet wurde. Andere saßen am Rand, tranken und gossen den Badenden Getränke in den Mund. Hier konnte man sich unterhalten; die Musik war weiter weg. Plötzlich tauchte Sharmistha im Badeanzug neben ihm auf. »Spring rein!« Sie hatte eine angenehm melodische Stimme. Er habe kein Badezeug dabei, sagte er. »Na und«, gab sie lachend zurück. »Dann schwimm in Hosen. Oder ganz ohne! Wen kümmert’s?«
    Klein und zierlich stieg sie die Leiter hinunter und ließ sich mit Schwung in das erleuchtete Wasser gleiten. Ihr Haar hattesie zu einem Dutt hochgebunden. Ihr Badeanzug war eng und schwarz. Sie schwamm einmal quer durchs Becken, wendete und kam zurück. Ihre dunklen Augen blitzten einladend. »Na los! Komm schon!«
    Ein älterer Mann schubste eine angezogene Frau ins Wasser. Es gab einen kleinen Tumult. Jemand hatte ein Glas zerbrochen; zwei, drei Männer versuchten, die Scherben auf dem Grund des Pools zu finden. John zog Hose und Hemd aus und legte sie unter einen Busch. Seine Unterhose sah anständig genug aus, fand er. Kaum war er im Wasser, kam Sharmistha zu ihm. Sie spritzte ihn nass. Sie wirkte wahnsinnig verspielt. »Uuh, ich hatte zwei echt harte Monate«, sagte sie lachend. »Arbeit, Arbeit, nichts als Arbeit. Immer nur diese ekligen Spinnen und ihre hässlichen, klebrigen Netze. Aber wie geht es dir? Was macht die Forschung?«
    »Nichts Besonderes«, sagte er. Die Drinks hatten ihn kein bisschen locker gemacht.
    »Neulich warst du ganz begeistert davon.« Sie stand mit dem Rücken zum Rand des Beckens; ihr Kopf schaute gerade noch aus dem Wasser. Dann nahm sie seinen Arm und zog ihn zu sich heran, bis er neben ihr stand.
    »Und warum bist du nach Delhi zurückgekommen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Als er sich umdrehte und ihr ins Gesicht blickte, fand er sie unglaublich schön. Die Augen groß und sanft, die Lippen verheißungsvoll, die Wangenknochen klar und hoch. Sie strahlte kokett. Sie zog eine Augenbraue hoch, und ehe er sich’s versah, küsste er sie. Sie drehte sich, um sich an ihn zu pressen, und küsste ihn warm und innig zurück. John war bestürzt und wusste nicht mal, wer von ihnen beiden angefangen hatte. Jetzt rieb sie ihr Knie unter Wasser an seinen Beinen. Er küsste sie hart, während um sie herum die Musik dröhnte, Leute lachten und kreischten und jemand dicht bei ihnen hin und her schwamm.
    »Und was ist mit Heinrich?«, fragte er atemlos.
    »Das ist kein Problem, Süßer«, flüsterte sie. Sie küsste ihn erneut. John war erregt und ängstlich. Sie berührte ihn unter Wasser, und er legte eine Hand auf ihre Brust.
    »Ich brauche noch etwas zu trinken«, sagte sie unvermittelt und schwamm zur Leiter. John stieg aus dem Wasser, lief eilig zu seinen Kleidern, zog sein Telefon hervor und schaute darauf. Und tatsächlich, eine Nachricht war eingetroffen. Aber nicht von Elaine. »Ich gebe Ihre Hoteladresse jemandem, der Ihren Vater viel besser kannte als ich.« Das war von Ananya.
    »Vielleicht bist du nach Delhi gekommen, um mich wiederzusehen«, sagte Sharmistha lachend. Sie war mit zwei Gläsern zurückgekommen. »Das ist Wodka. Komm, ich stelle dich ein paar Leuten vor.«
    Sie saßen in der warmen Abendluft, ließen die Füße ins Wasser hängen und unterhielten sich mit einem Australier und seiner indischen Freundin. In Delhi könne er schreiben, weil das Leben hier so billig sei, erklärte der Australier sofort. Er war Anfang vierzig und Romanschriftsteller. »In Sydney hätte ich schon Schwierigkeiten, die Miete zusammenzukriegen«, sagte er. Seine Freundin rauchte und schwieg. John sah Heinrich im Dunkeln stehen, mit einem Teller in der Hand. Ich habe jedes Zeitgefühl verloren, dachte er.
    »Komm, wir schwimmen noch mal.« Sharmistha griff nach seiner Hand. Sie schien keine Scheu zu haben, den anderen zu zeigen, wie vertraut sie miteinander

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