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Traeume von Fluessen und Meeren

Traeume von Fluessen und Meeren

Titel: Traeume von Fluessen und Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Parks
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dachte er. Es war gut. Und er dachte, vielleicht war das hier genau das, was ihn befreien und ihm die Rückkehr in sein eigenes Leben gestatten würde. Vielleicht sogar die Rückkehr zu Elaine. Sharmistha zog ihn fest an sich. Sie wollte ihn. Dann spürte er kalte Finger an seinem Fuß.
    Sofort war John wie elektrisiert von einer schrecklichen, unangenehmen Wachheit. Eine Hand lag auf seinem Fuß. Sie strich über seinen Knöchel. Aber Sharmisthas Hände lagen beide auf seinen Schultern. Er strengte sich an, um den Kopf vom Kissen zu heben. Über die Schulter des Mädchens sah er Heinrichs hochgezogene buschige Augenbrauen und sein Lächeln. Augenblicklich wurde Johns Körper schlaff.
    »O Gott. Mach dir wegen ihm keine Sorgen«, flüsterte Sharmistha. Sie gab sich Mühe, ihre Stimme beruhigend klingen zu lassen. »Nicht anfassen!«, zischte sie Heinrich zu. »Scheiße.«
    John hatte die Augen geschlossen. Er lag flach auf dem Rücken.
    »Was ist los, Süßer?«, fragte Sharmistha. »Beachte ihn einfach nicht.«
    »Ich möchte nicht hier sein«, murmelte John.
    »Bitte.« Sie flüsterte, die Lippen an sein Ohr gepresst. »Bitte, Süßer.«
    Heinrich sagte ganz ruhig: »Tut mir leid, Shasha. Ich lasse euch junge Leute jetzt mal allein. Geh nicht, John. Genieß es. Sie ist betrunken.« Dann ging er aus dem Zimmer.
    Als John die Augen aufschlug, blickte er in Sharmisthas, die ihn anschauten. Er ließ zu, dass sie ihn küsste, aber eine eisigeNüchternheit hatte von seinem Körper Besitz ergriffen. »Ich kann das wirklich nicht«, sagte er. »Ich sollte nicht hier sein. Ich hätte ins Hotel zurückfahren sollen.«
    »O fuck«, seufzte Sharmistha. »Oder vielmehr«, sie lächelte, »no fuck.«
    Sie lagen ein paar Minuten lang nebeneinander. »Fuck fuck fuck fuck.« Sie schüttelte den Kopf.
    »Tut mir leid.«
    Sie lachte rau. »Muss es nicht. Warum sollte es dir leidtun?«
    »Ich wünschte nur …«
    »Was?«
    »Ach nichts«, sagte er.
    Sie strich ihm übers Haar. »Du erinnerst mich wirklich sehr an deinen Vater, wenn du redest. Weißt du das? Obwohl du ihm kein bisschen ähnlich siehst.«
    John lag auf dem Rücken, den Kopf auf den Händen. Unwillkürlich sagte er: »Glaubst du, Dad hat andere Frauen gehabt? Ich meine, er und meine Mutter haben die perfekte Ehe geführt, sie waren ein echtes Team .«
    »Das spielt doch keine Rolle, oder?«, fragte sie.
    »Ich bin sauer auf ihn«, sagte John.
    »Das sagtest du schon.«
    »Ich möchte ihn am liebsten schlagen. Richtig schlagen. Ich muss es geradezu tun.«
    Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Er ist tot. Wie willst du einen Toten schlagen?«
    »Mir ist einfach danach«, sagte John schlapp.
    Sie kicherte in sich hinein. »Wenn du es genau wissen willst, ich wäre zu gern mit Albert ins Bett gegangen. Ich habe ihn angebetet. Und er mochte mich. Wir haben ein paar Nachmittage zusammen verbracht; wir sind spazieren gegangen. Er hat wunderschöne Sachen zu mir gesagt, aber er hat nie etwas gemacht. Nicht mal ein Kuss.«
    »Also war er Mum treu?«
    Sharmistha seufzte. »Als ich ihm von Heinrichs und meinen Problemen erzählt habe, meinte er, das sei normal: dass Paare nicht miteinander schlafen.«
    John versuchte sich vorzustellen, wie sein Vater das sagte. Schließlich fragte er: »Aber warum würde eine Frau sich für einen Typen wie meinen Vater interessieren, der so viel älter ist? Du bist wunderschön, und Dad sah noch nicht mal gut aus.«
    »Du gefällst mir auch«, sagte sie. »Heinrich ist auch viel älter als ich, so gesehen.«
    John sagte nichts.
    »Albert war so wissend. Ich glaube, er hat mich total verstanden. Er brauchte gar nichts zu sagen. Und ohne einen je zu kritisieren. Er kannte einen einfach, und das spürte man. Es machte ihn ausgesprochen sexy. Ich dachte immer, was für ein Triumph es wäre, mit ihm zu schlafen. Eine ganz große Leistung irgendwie, ihn einzufangen. Aber ich bin nie auch nur annähernd so weit gekommen. Er hatte sehr starke Abwehrmechanismen. Oder Hemmungen.« Sie lachte säuerlich. »Das Einzige, was er je gesagt hat, war …«
    Sharmistha hielt inne.
    »Sag’s mir.« John setzte sich halb auf.
    »Na ja, als ich ihm erzählte, dass wir, Heinrich und ich, das getan hatten, was … also, was wir beinahe heute Abend mit dir gemacht hätten, du weißt, was ich meine, oder? Da sagte er, dass er Heinrich beneide, ihn darum beneide, mir dabei zusehen zu dürfen, wie ich mit einem anderen schlafe.«
    Gegen sieben Uhr, als die anderen noch

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