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Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Traeumen Roboter von elektrischen Schafen?

Titel: Traeumen Roboter von elektrischen Schafen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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werde lange hier unten zubringen müssen, sagte er sich. Genau wie früher. Es dauert immer sehr lange, weil sich hier nichts verändert. Einmal ist der Punkt erreicht, wo sogar die Verwesung aussetzt. “Mercer”, rief er laut. “Wo bist du jetzt! Das hier ist die dunkle Gruft der Unterwelt. Ich bin wieder hier unten, aber diesmal bist du nicht bei mir.” Etwas kroch über seinen Fuß. Er kniete nieder und suchte danach - und fand es auch, weil es sich so langsam bewegte. Es war die verstümmelte Spinne, die sich ruckartig auf ihren noch verbliebenen Beinen vorwärtsschob. Er hob das Tier auf und setzte es auf seine Handfläche. Die Umkehr hat eingesetzt, dachte er, die Spinne lebt wieder; Mercer muß in der Nähe sein.
    Der Wind frischte auf. Er ließ die übrigen Knochen knacken und zerflattern, aber Isidore spürte Mercers Nähe. Komm her, sagte er. Kriech über meinen Fuß oder versuch, mich auf andere Weise zu erreichen, ja? Mercer, komm her, dachte er. Laut rief er: “Mercer!” Der alte Mann stand vor ihm und sah ihn gütig an.
    “Ist der Himmel gemalt?” fragte Isidore. “Sind das wirklich Pinselstriche, die
man in der Vergrößerung sieht?”
“Ja”, antwortete Mercer.
“Ich sehe sie aber nicht.”
    “Du siehst zu nahe”, sagte Mercer. “Man muß Weit von den Dingen entfernt stehen, wie die Androiden. Die haben eine günstigere Perspektive.” “Bezeichnen sie dich deshalb als Schwindel?”
    “Ich bin nur ein Schwindel”, sagte Mercer. “Sie sind echt. Was sie erforscht haben, ist die Wahrheit. Von ihrem Standpunkt aus bin ich nichts weiter als ein alter, pensionierter Schauspieler namens AI Jarry. Alles was sie entdeckt haben, ist wahr. Es stimmt auch, daß sie mich in meinem Haus interviewten. Ich habe ihnen ausführlich alle ihre Fragen beantwortet.”
    “Auch die Sache mit dem Whisky?”
    Mercer lächelte. “Auch das stimmt. Sie haben ganze Arbeit geleistet, und von ihrem Standpunkt aus war Buster Freundlichs Enthüllung überzeugend. Es wird ihnen schwerfallen zu begreifen, warum nichts sich verändert hat. Warum du noch da bist und warum ich noch hier bin.”
    Mercer deutete mit einer weitausholenden Handbewegung auf den kahlen Hügel, die vertraute Umgebung. “Ich habe dich jetzt gerade aus der Unterwelt hochgehoben, und ich werde dich weiter heben, bis du das Interesse verlierst und aufhören willst. Aber du mußt aufhören, nach mir zu forschen, weil ich nie aufhören werde, nach dir zu suchen.”
    “Das mit dem Whisky hat mir nicht gefallen”, sagte Isidore. “Das ist erniedrigend.”
    “Das liegt nur daran, daß du im Gegensatz zu mir ein Mensch mit hohen moralischen Grundsätzen bist. Ich richte nicht - nicht einmal mich selbst.” Mercer hielt ihm die geschlossene Hand hin. “Bevor ich es vergesse, ich habe hier etwas für dich.” Er öffnete die Finger. Auf seiner Handfläche saß die verstümmelte Spinne, die jetzt alle ihre Beine wieder hatte. “Danke.” Isidore nahm die Spinne entgegen. Er wollte noch etwas sagen. Da schlug die Alarmglocke an.
    Roy Baty fauchte: “Ein Blade Runner ist im Haus! Schnell die Lichter aus. Zieht ihn rasch von dem Gefühlskasten weg. Er muß gleich die Tür aufmachen. Na los - holt ihn schon!”

    19

    John Isidore blickte auf seine Hände herab, sie umklammerten die beiden Griffe des Gefühlskastens. Während er noch dastand, erlosch das Licht in seinem Wohnzimmer. Er sah, wie drüben in der Küche Pris auf die Tischlampe zustürzte. “Hör zu, J. R.”, flüsterte ihm Irmgard rauh ins Ohr. Sie hielt ihn an der Schulter gepackt und bohrte ihm erregt ihre Fingernägel in die Haut. “Du mußt an die Tür gehen”, flüsterte sie, “sobald es klopft. Du mußt ihm deinen Ausweis zeigen und sagen, daß außer dir keiner hier ist. Und du mußt den Durchsuchungsbefehl verlangen.”
    Pris stand an seiner anderen Seite und wisperte: “Laß ihn nicht herein, J. R. Sag irgend etwas, tu irgend etwas, nur halt ihn auf. Weißt du, was ein Blade Runner tun würde, wenn man ihn hier reinließe? Ist dir klar, was er mit uns machen würde?”
    Isidore löste sich von den beiden weiblichen Androiden und tastete sich zur Tür. Als seine Finger die Klinke gefunden hatten, hielt er inne und lauschte. “Hörst du was?” fragte Roy Baty und beugte sich vor. Isidore spürte den Angstgeruch. Isidore öffnete die Tür und strengte seine Augen in dem ungewissen Licht an. Trotz des vielen Staubs war die Luft hier draußen klar. Er hielt immer noch die

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