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Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)

Titel: Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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wirkt.
    »Alter, scharfe Hütte«, bemerkt Mikey mit seinem Wagen hinter mir und pfeift leise durch die Zähne. »Hier wohnen doch bestimmt irgendwelche Promis, oder?«
    »Ich bedauere, aber diesbezüglich kann ich leider keinerlei Informationen preisgeben«, antwortet der Portier steif.
    Mikey guckt mich vielsagend an und murmelt tonlos: »Madonna.«
    Ich kann mir ein breites Grinsen nicht verkneifen und muss mir auf die Zunge beißen, um nicht laut loszukichern.
    Gleich vor uns sehe ich den Aufzug, dessen Türen sich gerade schließen. »Oh, prima, das schaffen wir noch«, rufe ich und zeige auf die Tür. »Tolles Timing.« Ich will schon losspurten und den Fahrstuhl aufhalten, doch der Portier bremst mich.
    »Das Penthouse verfügt über einen eigenen Privataufzug.«
    »Tatsächlich?«
    Wir biegen um die Ecke, wo ein weiterer Lift schon auf uns wartet.
    Himmel noch eins. Also, das war ja alles schon sehr nobel, aber das hier ist feudal .
    Vielleicht hat Mikey ja recht. Vielleicht wohnt Madonna ja tatsächlich hier.
    Ganz kribbelig vor Aufregung steige ich in den Fahrstuhl. Der ist ziemlich eng, und wir müssen uns ganz schön hineinquetschen, damit alle reinpassen. Dann drückt der Portier mit feierlich erhobenem, weiß behandschuhtem Zeigefinger auf den Knopf, und los geht die Fahrt, höher und immer höher hinauf. Mir rutscht der Magen in die Kniekehlen, so schnell sausen wir nach oben. Herrje, das geht aber wirklich ganz schön hoch hinaus, was? Ich habe schon Druck auf den Ohren wie beim Start im Flugzeug.
    Unauffällig versuche ich zu schlucken, um meine Ohren wieder frei zu bekommen. Funktioniert nicht. Ich weiß, vielleicht mal mit Gähnen versuchen … Hinter vorgehaltener Hand reiße ich ein paarmal den Mund auf wie ein Nilpferd, doch es tut sich nichts. Meine Ohren sind immer noch total blockiert. So schlimm, dass ich kaum etwas höre.
    Aus den Augenwinkeln sehe ich den Portier, der mich erwartungsvoll anschaut. Er guckt, als hätte er gerade eine Frage gestellt und warte nun auf eine Antwort. Mist. Krampfhaft bemüht, ganz natürlich zu wirken, schenke ich ihm ein, wie ich
hoffe, selbstbewusst strahlendes Lächeln, als wüsste ich ganz genau, was ich tue, und nicht, als könne ich keinen Pieps mehr hören, weil meine Ohren komplett zu sind.
    Also ehrlich, man könnte glatt meinen, ich würde sonst nie Aufzug fahren.
    Tust du ja auch nicht , meldet sich ein leises Stimmchen in meinem Kopf. Du hasst diese Dinger wie die Pest.
    Meine Knie werden weich. Bei dem ganzen Trubel habe ich das bisher erfolgreich verdrängt, aber jetzt beschleicht mich wieder dieses altbekannte Angstgefühl, eine Mischung aus Klaustrophobie und Höhenangst. Trotzdem, alles halb so schlimm. Ich bin keine Phobikerin oder so. Nein, ich laufe eben einfach lieber.
    Und zwar seit damals, als du auf der Kunsthochschule im Aufzug stecken geblieben bist und die Feuerwehr dich rausholen musste.
    Eine leichte Panikattacke will mich überfallen, die ich einfach ignoriere. Alles ist gut. Bestens. Das damals war ein klappriger alter Fahrstuhl im Studentenwohnheim an der Uni in Manchester. Das hier ist New York. Hier wurden die Wolkenkratzer erfunden. Hier fährt jeder mit dem Lift, dauernd und überall.
    Lift ist auch bloß ein anderes Wort für Aufzug, und du hast Angst vor Aufzügen. Nachts hörst du in deinen schlimmsten Alpträumen die Kabel reißen und stürzt mit der Kabine in die Tiefe und den sicheren Tod.
    Ich zwinge mich, langsam zu atmen, und starre stur geradeaus. Das ist doch lächerlich. Ich wette, würde man einem New Yorker erzählen, dass man Angst vor Fahrstühlen hat, würde der einen glatt für verrückt halten.
    Um mich etwas zu beruhigen, schaue ich zu Mikey rüber, doch der stiert angestrengt auf seine Schuhspitzen und murmelt etwas in seinen nicht vorhandenen Bart. Dann bemerke ich das goldene Kreuz, dass er um den Hals trägt. Und das er mit eisernem Griff umklammert.
    Dreck.
    Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut. Das ist …
    Unvermittelt bleibt der Aufzug stehen, und die Türen springen auf.
    Wow.
    Meine Angst verraucht auf der Stelle angesichts des atemberaubenden Panoramas, das sich mir bietet. Vor mir liegt der Central Park in all seiner Pracht. Baumkronen und Grün, so weit das Auge reicht, ein dichter grüner Teppich. Weiter und immer weiter zieht er sich hin, gerade so, als hätte jemand ein dickes Stück englischer Landschaft mitten nach Manhattan verpflanzt.
    »Heiliges Kanonenrohr.«
    Wir betreten die

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