Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Wassertropfen, und ich schaue zu, wie sie über Brust und Waschbrettbauch laufen und sich den Weg zu seinem Nabel bahnen.
Selbst völlig verkatert lässt mich dieser Anblick nicht kalt, und mein Körper springt gleich darauf an. Ich muss mich sehr beherrschen, mich nicht auf ihn zu stürzen, ihn unter die Laken zu zerren und ihn auf der Stelle zu vernaschen. Wobei, vielleicht sollte ich das einfach machen.
Mein Gott, was ist denn bloß in mich gefahren? Wann habe ich mich denn in eine sexhungrige Nymphomanin verwandelt?
Irgendwann letzte Nacht , piepst die kleine Stimme in meinem Kopf. Der Sex mit Nate war immer schon fantastisch, und letzte Nacht war der lebende Beweis, dass sich daran nichts geändert hat. Allein beim Gedanken daran spüre ich ein prickelndes Ziehen im Bauch. Also, jetzt immer schön cool bleiben, Lucy, immer schön cool bleiben.
Leichter gesagt als getan, wenn man splitterfasernackt in einem fremden Bett liegt.
»Wie fühlst du dich?« Nate kommt rübergetappt, setzt sich zu mir aufs Bett, streicht mir sanft die Haare aus dem Gesicht und lächelt mich mit hundert kleinen Lachfältchen im Gesicht an.
Geil. Glücklich. Verliebt.
Als dieser Gedanke mir durchs Hirn schießt, schrillen plötzlich sämtliche Alarmglocken. Ganz ruhig. Nicht so schnell. Das war bloß eine Nacht, schon vergessen? Er könnte kalte Füße bekommen. Er könnte es sich wieder anders überlegt haben. Er könnte schon denken, dass das Ganze ein großer Fehler war.
»Ein bisschen verkatert«, entgegne ich und versuche, ganz beiläufig zu klingen, während meine Haut unter der Berührung seiner Fingerspitzen kribbelt. »Und du?«
»Ziemlich gut.« Er nickt, und unsere Blicke treffen sich. »Verdammt gut.«
Eine kleine Pause entsteht, wir sehen uns an, und in dem
Moment weiß ich, dass alles, was er gestern Abend gesagt hat, noch immer genau so gilt. Es hat sich nichts verändert. Er empfindet noch dasselbe. Eine Woge der Euphorie erfasst mich, unter der sämtliche eilig aufgestellten Verteidigungsmauern ins Wanken geraten.
»Geht mir genauso«, entgegne ich leise.
Ein breites Grinsen huscht über sein Gesicht. Er wirkt hochzufrieden und ein bisschen erleichtert. Erst da geht mir auf, dass er wahrscheinlich genauso nervös war wie ich, wenn nicht sogar noch mehr. Schließlich hat er mir gestern Abend sein Herz ausgeschüttet, gestanden, dass es der größte Fehler seines Lebens gewesen sei, mich gehen zu lassen, mich gefragt, ob ich an Seelenverwandtschaft glaube.
In meinem Magen flattert ein Schmetterling.
»Also, kann ich dir irgendwas bringen? Hast du Hunger?«
»Mmm.« Ich gähne leicht. »Wie spät ist es denn?«
»Sechs.«
Mein ganzer Körper zuckt zusammen, als hätte man mich gerade unter eine eiskalte Dusche gezerrt. »Sechs?« , jaule ich entsetzt auf.
»Genau genommen sogar schon fast zehn nach«, korrigiert Nate mich, dem offensichtlich der schockierte Unterton in meiner Stimme entgangen ist.
Ich? Wach? Um sechs Uhr morgens? Normalerweise bin ich vor halb neun zu nichts zu gebrauchen. Am Wochenende nicht vor Mittag. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal um sechs Uhr morgens wach war.
Wobei, doch, Moment, kann ich wohl. Damals war ich dreiundzwanzig und habe in den Clubs auf Ibiza die Nächte durchgetanzt. Der einzige Unterschied war, dass ich da noch wach war.
»Wie wär’s, ich mache uns einen frisch gepressten Saft?«
»Oh … ähm … ja, gerne. Klingt köstlich.« Ich lächele. Also
gut, dann ist es eben ein bisschen früh für mich – ich unterdrücke ein neuerliches Gähnen –, aber jetzt bin ich wach, und welchen besseren Grund könnte es geben, das auch zu bleiben, als einen halbnackten Nate?
»Okay, kommt sofort.« Und damit steht er vom Bett auf, greift nach der kleinen Brille mit dem Metallrahmen, die auf dem Nachttischchen neben dem Bett liegt, und setzt sie auf.
Mensch, er trägt jetzt eine Brille, schießt es mir durch den Kopf. Und dann fallen mir die Kontaktlinsenbehälter im Badezimmer wieder ein. Die damit auch erklärt wären, denke ich, bemüht, mich an den Anblick des neuen, seriös wirkenden Nate zu gewöhnen.
»Ich kann dir sagen, frischer geht’s nicht. Ich habe einen Entsafter in der Küche.« Lächelnd beugt er sich zu mir herunter und gibt mir einen Kuss.
Himmel, er ist trotzdem noch zum Anbeißen süß, Brille hin oder her, denke ich, als ich seine weichen Lippen auf meinem Mund spüre.
»Ich stehe auf und helfe dir«, murmele
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