Träumst du noch oder küsst du schon?: Roman (German Edition)
Haut bohren, prickelt mein ganzer Körper vor Freude. Nicht mal in meinen kühnsten Träumen hätte ich zu hoffen gewagt, dass er überhaupt jemals wieder einen Gedanken an mich verschwendet hat. Ich dachte immer, er hätte mich längst vergessen. Dabei hat er,
während ich in London war und er mir nicht aus dem Kopf ging, in L. A. gesessen und an mich gedacht.
»Hör zu, ich weiß, wie blöd das jetzt klingt, aber …« Er verstummt. Zögert, schaut mich wieder an, sein Blick sucht meinen. »Glaubst du an Seelenverwandtschaft?«
Unsere Blicke treffen sich. Mein Herz klopft wie wild in meiner Brust. Mir wird schwindelig. Das ist alles zu viel. Der Raum verschwimmt vor meinen Augen. Und doch blitzt in diesem Moment etwas auf, das so klar ist, so eindeutig, so gewiss, dass ich keinen Zweifel mehr habe.
»Ja«, wispere ich. »Ja, das tue ich, Nate.«
Und dann passiert es.
Er beugt sich zu mir herüber, greift nach meiner Hand und schiebt seine Finger zwischen meine. Dann zieht er mich zu sich, sachte, langsam, ganz sanft. Ich schließe die Augen und sinke an seine Brust. Es ist alles noch wie damals. Er fühlt sich genauso an wie früher, riecht genauso, und als seine Lippen meine streifen, da ist es, als wäre die Zeit stehengeblieben und wir säßen wieder in der Gondel in Venedig …
Und er küsst auch noch genauso.
Neuntes Kapitel
Ein warmer Sonnenstrahl fällt durch die Lücken der Jalousien, kitzelt meine Lider und weckt mich aus tiefstem Schlummer. Schlaftrunken schlage ich die Augen auf und erwarte, eine bestickte indische Tagesdecke zu sehen, darauf verstreut herumliegende Klamotten, farblich nicht dazupassende dunkelrote Wände und jede Menge Krimskrams. Doch stattdessen bietet sich mir der Ausblick auf ein schneeweißes Zimmer. Eine arktische Szenerie aus reinweißen, frischen Laken, nackten Wänden und hektarweise unberührter Teppichlandschaft.
Für den Bruchteil einer Sekunde frage ich mich, wo um alles auf der Welt ich bin.
Und dann fällt mir alles wieder ein.
Es ist der Morgen danach, und ich bin in Nates Schlafzimmer. In Nates Bett. Mit Nate.
Kaum hat meine Erinnerung wieder eingesetzt, strecke ich auch schon die Hand nach der anderen Seite der fußballfeldgroßen Matratze aus. Aber da ist nichts. Augenblicklich werde ich stocksteif vor Schreck. Ein lähmendes Gefühl der Unsicherheit blubbert in mir auf, bis ich im Hintergrund ein leises Rauschen höre. Es kommt aus dem Badezimmer gleich nebenan. Klar. Nate duscht sicher gerade. Eingekuschelt in meinem warmen, weichen Kokon strecke ich mich behaglich aus und ringele mich dann wieder zu einem Fragezeichen zusammen, räkele mich genüsslich auf den frischen Bettlaken der dicken Matratze und aale mich in den federleichten Daunenkissen und den Erinnerungen an letzte Nacht … Es ist fast wie in einem superteuren Luxushotel.
Okay, genug vom Bett geschwärmt, Lucy. Wie war der Sex?
Ein herrlicher Schauer läuft mir den Rücken herunter und sendet kleine Schockwellen durch meinen ganzen Körper. Wie jemand mit einem wunderbaren Geheimnis möchte ich die Erinnerungen daran am liebsten fest an meine Brust drücken und sie nie mehr loslassen. Ich möchte sie wie in einem Schatzkästchen aufbewahren und sie immer und immer wieder hervorholen und staunend betrachten und genießen, sie im Geiste noch mal erleben, einen köstlichen Moment nach dem anderen.
Es war fantastisch und doch das Natürlichste der Welt; fast als seien wir nie getrennt gewesen. Alles schien ganz selbstverständlich zusammenzupassen. Wie zwei Puzzleteile, die sich endlich zusammenfügen. Daran erinnere ich mich am deutlichsten, denn ansonsten sind meine Erinnerungen eher unscharf. Verschwommen durch Leidenschaft und Alkohol, kann ich mich nur noch undeutlich daran erinnern, wie wir in sein Penthouse zurückkamen, uns im Flur küssten, uns gegenseitig die Kleider vom Leib rissen und dann ins Bett taumelten. Das Gefühl von Haut auf Haut, seinem Mund, seinen Fingern, seinem Körper …
Bei der Erinnerung daran erröte ich leicht, es kribbelt in meinem Bauch und überall am ganzen Körper, und meine Haut prickelt noch bei dem Gedanken daran, wie unsere Körper ineinander verschlungen waren, während immer mehr Bilder von letzter Nacht in mir hochsteigen und …
»Lucy?«
Nates Stimme reißt mich aus meinen Tagträumen, und als ich die Augen aufmache, sehe ich ihn am Fußende des Bettes stehen, nur mit einem Handtuch bekleidet. Von seinem muskulösen Körper perlen
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